Infografik

Erde, Weser, Beck‘s: Wie in Bremen bald geheizt werden soll

Wie die Weser bald eine Wärmequelle für Bremen sein könnte

Bild: dpa | Caro | Bastian

Bremen wird für die Wärmewende vermessen. Bohrlöcher und Bojen liefern die Daten, wo Erdwärme- oder Flusswärmepumpen entstehen könnten. Diese Projekte sind schon geplant.

Aller Anfang ist schwer. Das gilt auch für Bremens Wärmewende. "Wallanlagen ging nicht, Skaterbahn ging auch nicht", zählt Projektleiter Philipp Scheuermann Wärmepumpen-Standorte auf, für die die SWB Services Abfuhren kassierte. "Dann kam der Bolzplatz", sagt Scheuermann und lacht. "Bei dem kann man schon von der B75 sehen, dass da seit Jahren niemand mehr drauf gespielt hat."

Hier will die SWB nun künftig Flusswärme in alternative Wärmeenergie für die vordere Neustadt umwandeln. Eine Großwärmepumpe mit rund zehn Megawatt thermischer Leistung ist geplant. Einige hundert Meter weiter soll auf dem Gelände des Martinshofs eine weitere Pumpe mit rund vier Megawatt Leistung entstehen. Zum Vergleich: Eine handelsübliche Wärmepumpe für einen sanierten Altbau hat rund zwölf Kilowatt Leistung, also nicht einmal ein Tausendstel der zwei geplanten SWB-Anlagen an der Kleinen Weser.

Beck’s heizt mit

Ein Drittel der vorderen Neustadt will die SWB künftig mit Nahwärme dieser Art versorgen. Dabei soll nicht nur der Fluss angezapft werden, sondern auch die Abwärme von Betrieben wie dem Kaffeeröster Azul und dem Beck’s-Bierbrauer Inbev. Sie stehen in Summe für weitere sieben Megawatt Leistung. Doch das ist nicht genug, warnt Werner Hölscher, Geschäftsleiter der für Planung und Bau des Nahwärmenetzes verantwortlichen SWB Services.

Wenn wir in der Geschwindigkeit weitermachen, wie wir das erste Projekt gemacht haben, dann wird die kommunale Wärmeplanung erst 2150 umgesetzt.

Werner Hölscher, Geschäftsleiter des SWB Services

"Das, was wir vor uns haben, eine Wärmewende zu realisieren mit einer vorgelagerten Stromwende, das bedarf verschiedener Projekte“, sagt Hölscher. Um die Energie- und Wärmewende bis 2035 zu schaffen, wie es die Pläne der SWB vorsehen, prüfen Hölscher und sein Team längst zahlreiche andere Standorte und Technologien in Bremen (siehe Grafik).

Geplante und im Bau befindliche Wärmewende-Projekte in Bremen

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Dabei steht der Bremer Energieversorger nicht allein da. Denn auch andere Initiativen arbeiten bereits an der Zukunft der Bremer Klimaneutralität.

Von der Neustadt zur Überseeinsel

Zu sehen ist das Kellogg-Gelände.
Die Überseeinsel soll auch mit Hilfe von Flusswärme CO2-neutral werden. Bild: Radio Bremen

Flussabwärts auf der Überseeinsel sind die Planer sogar schon einen Schritt weiter. Auf dem ehemaligen Kellogg-Gelände soll ebenfalls Umweltwärme aus Weserwasser dazu beitragen, das neue Quartier CO2-neutral zu versorgen. Um Flauten und Engpässe auszugleichen, sollen im Sommer Eisspeicher und im Winter Wärmespeicher dienen.

Dort ebenfalls eingeplant ist die Nutzung der Abwärme einer Kältemaschine. Sie wird für den Betrieb einer geplanten Eislaufbahn genutzt, die in den Wintermonaten im Zentrum des neuen Quartiers betrieben werden soll. Darüber hinaus planen die Betreiber Geothermie und Luftwärmepumpen ein. Schon Ende 2024 soll die Wärmepumpenheizzentrale in Betrieb gehen.

Vom Zaungespräch zur Bürgerinitiative

Doch auch die Bremerinnen und Bremer haben längst selbst begonnen, die Wärmewende anzupacken. Rund 30 Nachbarschaftsinitiativen haben sich in Findorff, Klein Mexiko in der östlichen Vorstadt sowie in der Humboldtstraße im Viertel zusammengetan, um nach Erdwärme zu bohren.

"Oft beginnen solche Initiativen durch ein Zaungespräch von Nachbarn, die sich darüber unterhalten, dass ihre Heizung bald ausgetauscht werden muss", sagt Henrik Unrath, Projektmanager bei Energiekonsens, einer gemeinnützigen Beratungsstelle, die viele dieser Projekte begleitet. Die Leute wollten ihre Heizung dann oft ungern durch Einzellösungen ersetzen, sagt Unrath. Aus dieser Motivlage seien die ersten Vereine und Genossenschaften entstanden, in denen sich dann durchaus mal mehr als 100 Interessierte aus derselben Nachbarschaft auf Informationsveranstaltungen wiederfänden.

"Erdwärme dich" plant bundesweites Pilotprojekt

Am weitesten sind die Pläne in der Bremer Humboldtstraße, wo die Genossenschaft "Erdwärme dich" rund 30 Häuser mit Erdwärme versorgen will.

Vorreiter Bremen: Humboldtstraße könnte mit Erdwärme versorgt werden

Bild: Radio Bremen

Die Idee sei nicht in der Humboldtstraße geboren, sondern stamme aus Wien, sagt Unrath. "So etwas wie in der Humboldtstraße im Bestand zu machen, das ist in Deutschland aber ein Pilotprojekt", sagt der Energieberater.

Wir betiteln das manchmal als Wärmewende von unten.

Henrik Unrath, Projektmanager der Agentur Energiekonsens

Dieser Ansatz sei immens akzeptanzsteigernd, sagt Unrath. "Es ist wichtig, dass die Menschen ernst genommen werden, dass sie Lust haben, das in die eigene Hand zu nehmen und nicht über sie hinwegentscheiden wird."

Eine Sicht, die auch Winfried Osthorst von der Hochschule Bremen teilt. "Wir brauchen diese Pilotprojekte sehr dringend", sagt der auf klimafreundliche Stadtentwicklung spezialisierte Forscher.

Fernwärme stößt an Grenzen

Rund 30 bis 50 Prozent des Gebäudebestandes in Bremen könne nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen werden, sagt Osthorst. Luftwärmepumpen seien gerade für den Altbestand ebenfalls nicht geeignet. "Da wird dann über Nahwärmelösungen wie in der Humboldtstraße diskutiert."

Bis allerdings für diese Projekte die bis zu 300 Meter tiefen Löcher gebohrt und die ersten Wärmepumpen gebaut sind, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. "Mal ebenso eine Geothermie in die Humboldtstraße zu legen, das ist nicht ohne", sagt SWB-Services Geschäftsleiter Werner Hölscher. Auch dort müssten, wie in der Neustadt, Abstände zu Baumkronen eingehalten, Böden auf Altlasten untersucht und Flächen bereitgestellt werden. "Und da stoßen schon so erfahrene Unternehmen wie wir an gewisse Grenzen."

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 2. September 2024, 19:30 Uhr