Fragen & Antworten

Corona oder Grippe? Das sorgt in Bremen gerade für volle Arztpraxen

Ein Arzt mit Maske schaut einem Kind in den Hals.
Wer dieser Tage in die Infektionssprechstunde eines Arztes kommt, sollte eine Maske aufsetzen. Bild: Imago | Funke Foto Services

Erkältungsviren gehen um und viele Bremer erwischt es. Schwere Atemwegserkrankungen sind aber bisher eher die Ausnahme. Ein Bremer Epidemiologe und ein Hausarzt zur Infektionslage.

Die Nasen laufen, in den Hälsen kratzt es, die Infektionszahlen steigen. Laut dem Corona-Pandemie-Radar des Bundesgesundheitsministeriums haben vorige Woche acht Prozent mehr Patienten wegen Atemwegserkrankungen den Arzt aufgesucht als in der Woche zuvor. Auch der Hausärzteverband Bremen stellt einen erhöhten Andrang von Patientinnen und Patienten in den Infektionssprechstunden fest. Holger Schelp, Vorsitzender des Hausärzteverbands Bremen, und der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb ordnen die aktuelle Corona-, Grippe- und Erkältungslage im Land Bremen ein.

Porträt von Holger Schelp, Allgemeinmediziner und Anästhesiologe
Legt Wert auf den Unterschied zwischen einer Grippe und einem grippalen Infekt: Holger Schelp. Bild: Kassenärztliche Vereinigung Bremen

Häufen sich die Corona-, Grippe- und Erkältungsfälle im Land Bremen in besorgniserregender Weise?

Nein. Sowohl Hajo Zeeb als auch Holger Schelp betonen zwar, dass es derzeit ziemlich viele Krankheitsfälle aufgrund von Infektionen der Atemwege in Bremen gebe. Wie Zeeb es formuliert, liegen die hohen Fallzahlen aber "noch in der Schwankungsbreite früherer Jahre".

Schelp betont außerdem, dass sowohl die Zahl der Corona-Kranken unter den Patienten bislang überschaubar sei als auch die derer, die unter einer Grippe leiden. Tatsächlich lag die Sieben-Tage-Inzidenz der an das Robert-Koch-Institut übermittelten Coronafälle aus dem Land Bremen am 29. November bei 14 pro 100.000 Einwohnern. Die Sieben-Tage-Inzidenz der Grippefälle lag am 5. November (von dann stammen die neuesten Zahlen) bundesweit bei 0,27 pro 100.000 Einwohnern.

Das Wort Grippe fällt viel zu leicht und deutlich zu oft.

Holger Schelp, Hausärzteverband Bremen

Wer eine Grippe hat, sei ernsthaft krank und liege üblicherweise fünf Tage oder sogar länger mit Fieber im Bett. Er oder sie leide unter Gliederschmerzen, oft ohne zugleich einen Schnupfen zu haben. Derartige Fälle seien derzeit in Bremen allerdings selten.

Sehr viele Menschen in Bremen litten dagegen zurzeit unter grippalen Infekten. Schelp bezeichnet diese Infekte auch als "Mini-Ausgabe der Grippe". Schnupfen, Husten und Halsschmerzen seien typische Symptome. "Die Betroffenen müssen in der Regel nicht unbedingt tagelang im Bett liegen, sind aber oft zu angeschlagen, um zu arbeiten", beschreibt Schelp den Unterschied zur Grippe.

Ein Mann führt zuhause einen Corona-Selbsttest durch.
Für den Coronatest sollte man sowohl einen Abstrich in der Nase als auch im Rachen vornehmen. Bild: dpa | Robin Utrecht

Wie kann man Erkältungskrankheiten vorbeugen, auch wenn man viel unter Menschen ist?

Neben warmer Kleidung bei schmuddeligem Wetter empfiehlt Schelp viel Bewegung, um die Lunge zu durchlüften: "Wer nur sitzt, wird eher krank", sagt der Arzt. Auch solle man grundsätzlich viele unterschiedliche Speisen zu sich nehmen, damit sich der Körper das heraussuchen könne, was er für sein Immunsystem braucht.

Angenommen: Ich bin erkältet. Wie sollte ich mich verhalten, um andere zu schützen?

Wer erkältet ist oder gar Corona hat, sollte möglichst zuhause bleiben oder zumindest die Nähe anderer Menschen meiden, um zu verhindern, dass er andere ansteckt. Wer sich trotz einer Infektion in Gesellschaft begeben muss, sollte eine Maske tragen, sagt Schelp. "Das gilt insbesondere für den Besuch in der Arztpraxis, aber auch beispielsweise für die Fahrt in Bus und Bahn", so Schelp.

Epidemiologe Hajo Zeeb im Gespärch bei buten un binnen.
Der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb hält die aktuelle Infektionslage im Land Bremen nicht für besorgniserregend. Bild: Radio Bremen

Viele Arztpraxen fordern ihre Patienten auf, bei Erkältungssymptomen zunächst zuhause einen Coronatest zu machen, ehe sie in die Praxis kommen. Aber wie zuverlässig erkennen die Tests das Virus in seinen aktuellen Varianten?

Genauso zuverlässig wie früher. Jedenfalls dann, wenn man sich öfter testet und es richtig macht, sagt der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb. Die Tests seien insbesondere deswegen weiterhin ziemlich zuverlässig, weil sich die aktuell verbreiteten Corona-Varianten in ihrer Struktur nur unwesentlich von ihren Vorgängerinnen unterschieden. "Das Coronavirus ist bisher nicht so stark mutiert, wie ich befürchtet hatte", so Zeeb.

Der Wissenschaftler empfiehlt, für den Test sicherheitshalber sowohl einen Abstrich in der Nase als auch im Rachen zu machen. Auch sei es ratsam, neue Tests zu verwenden statt zu den alten Restbeständen aus den Hochzeiten der Corona-Pandemie zu greifen – vor allem dann, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum der Tests abgelaufen sei.

Was geschieht, wenn ich einen positiven Coronatest habe. Darf ich dann nicht zum Arzt gehen und kann mich nicht krankschreiben lassen?

Zwar plant der Bund, die telefonische Krankschreibung demnächst wieder grundsätzlich zu ermöglichen. Derzeit aber befinden sich die Ärzte dabei "im Graubereich", sagt Holger Schelp: "Man darf das machen, wenn man gleichzeitig eine Absonderungsempfehlung für den Patienten ausspricht."

Das sei etwa dann der Fall, wenn eine Patientin oder ein Patient aufgrund einer ansteckenden Krankheit möglichst nicht unter Leute kommen soll – und daher, sofern nicht unbedingt erforderlich, auch nicht in die Arztpraxis. Um das richtige Vorgehen zu klären, sei es generell am besten, wenn die Patienten zunächst in der Praxis anrufen, statt unangemeldet dorthin zu gehen.

Nachfrage nach neuem Corona-Impfstoff in Bremen überschaubar

Bild: Radio Bremen

Mehr zum Thema:

Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. November 2023, 19:30 Uhr