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Müdigkeit, Kopfschmerzen, Kreislauf: Macht Wetter wirklich krank?

Eine Frau greift sich an die Schläfen (Symbolbild)

Gibt es Wetterfühligkeit überhaupt?

Bild: Imago | Niehoff

Wetterumschwünge machen vielen Menschen zu schaffen: Sie sind "wetterfühlig" oder "wetterempfindlich". Warum es deshalb jetzt ein "Biowetter" gibt und wie man sich helfen kann.

September in Bremen: Gestern waren es noch schwüle 25 Grad, dann ist es kühl wie im Herbst. Oder in der Nacht sinkt die Temperatur auf 8 Grad, um am Tag wieder auf mehr als 20 Grad zu steigen. Solch raschen Wetterveränderungen können bei Menschen körperliche Beschwerden hervorrufen. Betroffene sind "wetterfühlig" oder "wetterempfindlich". Der Medizin-Meteorologe Andreas Matzarakis vom Deutschen Wetterdienst (DWD) und der Bremer Arzt Jens Lutz erklären, woran das liegt und verraten Tipps zur Selbsthilfe.

Gibt es Wetterfühligkeit wirklich?

Laut Medizin-Meteorologe Andreas Matzarakis ja. Er unterscheidet drei Gruppen von Menschen.

  • Alle Menschen sind wetterreagierend. Denn wir nehmen Wetterveränderungen durch unsere Sinne wahr.
  • Eine kleinere Gruppe der Bevölkerung ist wetterfühlig: Bei diesen Menschen haben Wetterveränderungen einen leichten Einfluss auf ihre Gesundheit. Es kann zu Symptomen wie Kopfschmerzen kommen.

  • Die dritte Gruppe, zu der 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung gehören, bezeichnet man als wetterempfindlich: Zu dieser Gruppe gehören Menschen, deren Gesundheit bereits angeschlagen ist.

Gründe dafür können Hormone, Ernährung oder chronische Erkrankungen sein. Bei ihnen ist die Anpassungsfähigkeit des Körpers auf Wetterveränderungen aufgrund der Vorerkrankungen eingeschränkt. Ihr Körper kommt mit zusätzlichem Stress nicht klar. Ein Beispiel dafür sind laut Matzarakis schmerzende Narben. Ist die Narbe nicht richtig verheilt, reagiert der Körper auf die zusätzliche Belastung durch das Wetter, und die Narbe schmerzt.

Wer ist wetterfühlig, wer wetterempfindlich – und wie zeigt sich das?

Die Gruppe der Wetterfühligen ist laut Matzarakis in allen Altersgruppen vertreten. Aber wie sich die Symptome von Wetterfühligkeit ausdrücken, ist unterschiedlich. Bei jüngeren Menschen sind es vor allem Kopfschmerzen oder Nervosität, während bei älteren Symptome von Herz-Kreislauferkrankungen oder Rheumatismus entstehen können.

Manche Menschen sind auch durch ihre Psyche leichter vom Wetter zu beeinflussen. Ihr Körper bemerkt Wetterumschwünge stärker, erklärt der Bremer Mediziner Lutz. Das ist vor allem bei wetterempfindlichen Menschen der Fall. Das Wetter könne aber auch einen positiven Einfluss auf Menschen mit chronischen Erkrankungen haben, ergänzt er.

Die Wetter-Typen Alle Menschen nehmen das Wetter über die Sinne wahr Auf einige Menschen haben Wetter- veränderungen einen leichten Einfluss, verursachen z.B. Kopfschmerzen 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung, oft mit Vorerkrankungen, haben große Probleme mit Wetterumschwüngen: Ihr Körper kommt mit dem zusätzlichen Stress nicht klar. Wetterreagierend Wetterfühlig Wetterempfindlich
Quelle: Medizin-Meteorologe Andreas Matzarakis vom Deutschen Wetterdienst

Vor allem für Menschen mit Vorerkrankungen können Wetterumschwünge ein Problem darstellen.

Prof. Dr. Jens Lutz vom Klinikum Bremen-Mitte

Kann sich Wetterfühligkeit auch erst mit dem Älterwerden entwickeln?

Bei chronischen Erkrankungen, viel Stress oder schlechter Ernährung kann sich Wetterfühligkeit mit zunehmenden Alter entwickeln, erklärt Medizin-Meteorologe Matzarakis.

Wer sich fit hält, viel bewegt und viel Zeit an der frischen Luft verbringt, kann Symptome kompensieren.

Prof. Dr. Andreas Matzarakis, Medizin-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst

Welche Symptome sind insgesamt bekannt?

Wetterfühligkeit äußert sich bei vielen Menschen vor allem durch Müdigkeit, Abgeschlagenheit und verringerte Leistungsfähigkeit, erklärt Lutz. Als Arzt beobachte er häufig, dass Wetterveränderungen auch einen Einfluss auf den Blutdruck haben. Laut Matzarakis gibt es vier Arten von Beschwerden:

  • Befindlichkeitsbeeinträchtigungen wie Kopfschmerzen
  • Blut- oder Herzkreislaufbeschwerden
  • Atemwegsbeschwerden
  • Rheumatische Erkrankungen

Was genau löst die Symptome aus?

Die Symptome werden vor allem von den Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit ausgelöst. Im Winter kann auch die Dunkelheit zu Symptomen führen, erklärt Lutz. Matzarakis ergänzt, dass die Ursachen von Beschwerde zu Beschwerde anders sind. Bei Asthmatikern führe beispielsweise ein plötzlicher Kälteeinbruch zu Beschwerden. Es gibt aber noch kaum Studien zu den genauen Ursachen der Symptome, wie Matzarakis sagt.

Die Symptome werden vor allem durch die rasche Wetterveränderung, von einem Tag auf den anderen, ausgelöst.

Andreas Matzarakis, Medizin-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst

Wann haben es wetterfühlige Menschen am schwersten?

Massive Temperaturveränderungen kommen vor allem im Frühjahr und Herbst vor. Diese Umschwünge können Symptome verstärken, so Lutz.
Laut Matzarakis stellen vor allem Extremwettersituationen, wie Hitzewellen oder Tiefdruckgebiete, eine Belastung dar. Bei solchen Situationen komme es nachweislich zu mehr Todesfällen und Einlieferungen ins Krankenhaus. Bei einer Warmfront kämpften viele mit Kopfschmerzen oder Kreislaufbeschwerden. Wechsele die mit einer Kaltfront, klagten viele über Atemwegs- oder Herzkreislauferkrankungen.

Wie können sich Wetterfühlige selbst helfen?

Zur Linderung der Symptome empfiehlt Lutz ausreichend Schlaf, genügend zu trinken sowie einen geregelten Tagesrythmus. Da die Psyche bei Wetterfühligkeit auch eine Rolle spiele, sollte man versuchen seine Tagesstruktur trotz der Beschwerden aufrechtzuerhalten und versuchen, sich abzulenken. Matzarakis Tricks gegen Wetterfühligkeit sind Kneippbäder, Wechselduschen, leichte Kost, frische Luft und viel Bewegung. Anders sieht es bei Beschwerden bei Wetterempfindlichkeit aus. Hier sollte immer ein Arzt konsultiert werden, da nur Medikamente helfen können.

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Autorin

  • Autorin
    Antonia Fronzek Studentische Redakteurin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 21. September 2023, 9:10 Uhr