Hintergrund
Vom Wort bis zum Wasserwerfer: So darf Bremens Polizei Demos zügeln
Bremens Polizei nutzt zahlreiche Maßnahmen, um Grenzüberschreitungen bei Demos zu verhindern. Nach folgenden Maßgaben geht sie vor, um die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
Nicht immer laufen Demos so ab, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Absprache mit dem Ordnungsamt und Blumen in der Hand friedlich über den Deich laufen. An diesem Wochenende beispielsweise verzichteten rund 300 Klimaaktivisten der "Letzten Generation" kurzerhand darauf, ihren stundenlangen Sitzstreik auf einer der meistbefahrenen Kreuzungen Bremens anzumelden.
Die Anmeldung wäre aber eine Voraussetzung dafür gewesen, die Demo im Sinne des Versammlungsgesetzes polizeilich begleiten zu können.
Am Anfang steht das Kooperationsgespräch
Wenn es sich um eine angemeldete Demo handele, sei die frühzeitige Kontaktaufnahme zu den Organisatoren die Regel, sagt Polizeisprecherin Franka Haedke. "Seitens der Polizei erfolgt dabei zu Beginn der Versammlung eine Kontaktaufnahme mit der Versammlungsleitung." Dort würden offene Fragen geklärt und die Auflagen und der Ablauf der Versammlung besprochen.
Dazu gibt es "präventive Maßnahmen" der Polizei, wie zum Beispiel eine Präsenz von Einsatzkräften zum Schutz der Versammlung, die an die Lage angepasst ist, die Durchführung von Verkehrsmaßnahmen oder die Kontaktaufnahme zur Versammlungsleitung vor Ort, wie Haedtke erklärt.
Im Bedarfsfall versuche die Polizei, über die Versammlungsleitung eine taktische Kommunikation mit den Teilnehmenden zu erreichen, zum Beispiel über Lautsprecherwagen oder Kommunikationsteams. Auch das "kurzzeitige Aufstoppen eines Aufzuges" könne in manchen Fällen helfen, ins Gespräch mit den Demonstrantinnen und Demonstranten zu kommen.
Kein Zwang ohne vorherige Aufforderung
Obwohl der Sitzstreik am Wochenende nicht angemeldet gewesen sei, hätten die Beamtinnen und Beamten auch hier zunächst das Gespräch gesucht. Auf Grundlage des Austauschs mit den Demonstrierenden sei die "Ansammlung" daraufhin zu einer "offiziellen Versammlung" erklärt worden. Auf dieser Grundlage seien den Beteiligten entsprechende gesetzliche Versammlungsauflagen mitgeteilt worden – die Polizei habe die Demo dann aufgefordert, diese einzuhalten.
Je nach Versammlung zeige die Polizei hier zum Beispiel auch mal mehr Präsenz von Polizeikräften oder nutze besondere Führungs- und Einsatzmittel. Dazu gehören Beweissicherungs- und Dokumentationswagen, Wasserwerfer, Diensthunde oder Dienstpferde. Haedtke zufolge könne aber auch die Abwesenheit von Einsatzwagen oder Einsatzkräften eine Strategie für einen erfolgreichen Einsatz sein.
Die Versammlungsauflagen am Wochenende sahen vor, dass die Klimaaktivisten die Kreuzung räumen sollten. "Da den erteilten Auflagen trotz mehrfacher Aufforderung nicht Folge geleistet wurde, löste die Polizei Bremen die Versammlung auf und erteilte Platzverweise für den betreffenden Bereich", sagt Haedke.
Gesetze geben Maßnahmen vor
Wie die Polizei bei der Auflösung einer Demo oder der Räumung einer Kreuzung vorgehen darf, regeln dabei Gesetze. So finden sich die zulässigen Eingriffsmaßnahmen der Polizei Bremen bei der Begleitung von Versammlungen insbesondere im Versammlungsgesetz (VersammlG) und im Bremischen Polizeigesetz (BremPolG).
Als "repressive Maßnahmen" kommen dabei verschiedene in Betracht. So kann die Polizei auf Grundlage des Versammlungsgesetzes beispielsweise ergänzende Auflagen erlassen, Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausschließen oder die Versammlung auflösen.
Sie darf darüber hinaus Bild- und Tonaufnahmen machen, um Beweise zu sichern. Ob und wie beispielsweise Identitäten festgestellt, körperliche Untersuchungen durchgeführt oder die Polizei Menschen über ihre Rechte belehren darf und muss, regelt beispielsweise die Strafprozessordnung (StPO).
Der Einsatz von Zwangsmitteln wie körperlicher Gewalt durch Schlagstöcke, Taser, Reizstoffe, Wasserwerfer bis hin zu Maschinenpistolen ist hingegen im Bremischen Polzeigesetz geregelt. Dort heißt es beispielweise im Paragraf 101, Absatz 5: "Die Polizei kann unmittelbaren Zwang anwenden, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen oder unzweckmäßig sind."
Die Durchführung von Maßnahmen orientiert sich, wie alle staatlichen Maßnahmen, dabei an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit, somit an den Kriterien: Legitimer Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit.
Franka Haedke, Sprecherin der Polizei Bremen
Wasserwerfer, wie am vergangenen Wochenende, kamen in Bremen beispielsweise in den vergangenen Jahren nur selten zum Einsatz. Zuletzt geschah das im Februar 2018 bei einem Nordderby zwischen Werder und dem HSV.
Polizeiführung entscheidet über repressive Mittel
Auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen und entsprechender Dienstanweisungen entscheiden letztlich stets die Polizeiführerinnen und Polizeiführer über das Vorgehen. Dies erfolge jedoch grundsätzlich im Rahmen der vorgegebenen Auftragstaktik, betont die Polizeisprecherin. Einzelne Maßnahmen, wie beispielsweise der Einsatz des Wasserwerfers, könnten seitens der Polizeiführung auch unter einen Vorbehalt gestellt werden. Dann seien diese Maßnahmen nur nach Freigabe des Polizeiführers oder der Polizeiführerin zulässig, sagt Haedke.
"Davon ausgenommen sind Gefahren für Leib oder Leben", sagt Haedke. In diesen Fällen hätten alle Einsatzkräfte das Recht zur Selbstverteidigung.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. Juli 2024, 19.30 Uhr