Meinungsmelder
Mehrheit der Meinungsmelder lehnt rot-grün-rote Koalition in Bremen ab
Die Mehrheit der Befragten ist gegen eine Neuauflage der Regierungskoalition von SPD, Grünen und Linken. Nur knapp 30 Prozent sehen es positiv, dass das Bündnis weiter regieren will.
Nach Sondierungsgesprächen mit CDU, Grünen und Linken hat sich die SPD für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit ihren bisherigen Bündnispartnern entschieden. Auch wenn Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) beteuert, es werde kein rot-grün-rotes "Weiter so" geben, stößt der Entschluss bei den meisten Radio-Bremen-Meinungsmeldern auf Unverständnis. Fast zwei Drittel halten die Neuauflage des Bündnisses für keine gute Idee. Insgesamt nahmen rund 4.300 Menschen in Bremen und der Region an der nicht repräsentativen Befragung teil.
Die Befragten befürchten, es komme mit einem erneut rot-grün-roten Senat zum politischen Stillstand. "Es wird weiter in den alten Gleisen gefahren, trotz Versprechen", schreibt eine 65-Jährige aus der Stadt Bremen. Eine 47-jährige Bremerhavenerin bezeichnet es als "Wahnsinn", "alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert".
Mehrheit findet rot-grün-rote Koalition eher schlecht
Angesichts der starken Verluste bei den Grünen sehen viele der Befragten, die sich gegen rot-grün-rot aussprechen, ihren Wählerwillen ignoriert. Erneut mit Grünen und Linken in Koalitionsverhandlungen einzusteigen sei eine "katastrophale Entscheidung", die "diametral entgegen das Gespür der Wählenden und den mit der Wahl ausgedrückten Wählerwillen" geht, kritisiert eine Befragte. Eine andere Bremerin schreibt: "Wir kann das Wahlergebnis so gnadenlos ignoriert werden? Eine Ohrfeige für alle Wähler!"
Niedrige Wahlbeteiligung, schlechte Ergebnisse für die Grünen. Irgendwie sieht das für mich nicht so aus, als wollten wir Wähler dieselbe Koalition nochmal. Ich finde die SPD feige, denn mit der CDU hätte es mal ein paar Änderungen geben müssen.
45-jährige Meinungsmelderin aus der Stadt Bremen
Ähnlich verständnislos über ein "Weiter so" hatten auch CDU, Bürger in Wut (BiW) und FDP auf die Entscheidung der SPD reagiert. Mit der CDU hatte sich die SPD zuvor ebenfalls zu Sondierungen getroffen.
Fast jeder dritte Befragte ist für Rot-Grün-Rot
29 Prozent der Meinungsmelder bewerten die Fortführung der rot-grün-roten Koalition als eher gut. Einen entscheidenden Vorteil sehen sie darin, dass der Senat in einer gleichen Zusammensetzung angestoßene Projekte weiterführen könnte. Auch wenn nicht alles gut sei, könne es sich lohnen, auch mal einen eingeschlagenen Weg fortzuführen, findet ein Mann aus Bremerhaven. Ein Projekt, das laut einem Meinungsmelder zum Beispiel unbedingt fertiggestellt werden sollte, ist der Bau der Fahrradbrücken über die Weser in Bremen. Eine 78-jährige Niedersächsin hält Kontinuitiät gerade bei der Sozial-, Bildungs- und Verkehrspolitik für wichtig.
Als gut bewerten die Befragten außerdem das Krisenmanagement von SPD, Linken und Grünen. Das Bündnis habe "in Krisenzeiten gezeigt, wie solidarische, ehrliche und zukunftsfähige Politik geht", lobt eine Meinungsmelderin.
Viele zweifeln daran, dass Rot-Grün-Rot Probleme lösen kann
Ein erheblicher Anteil der Meinungsmelder hat allerdings wenig Hoffnung in den womöglich wieder rot-grün-roten Senat: Fast jeder zweite Befragte (46 Prozent) traut dem Bündnis nicht zu, Probleme lösen zu können – egal, um welchen Politikbereich es geht.
Leider zeigt die bisherige Vorgehensweise keinen positiven Ausblick auf die Zukunft, Ungleichheit in der Stadt, Defizite im Bildungssystem, keine Straßenbahn in der Überseestadt und viele andere Themen.
66-jähriger Meinungsmelder aus Bremen
Die Meinungsmelder und -melderinnen, die dem Senat zutrauen, Probleme zu lösen, sehen dessen Kompetenz am ehesten in den Bereichen "soziale Ungereichtigkeit" und "Klima". Eine 59-jährige Bemerin lobt, SPD, Grüne und Linke seien "das einzige Bündnis, welches Sozialpolitik und Klimawandel halbswegs zukunftsorientiert angeht".
Rangfolge: Diese Probleme bewältigt das Bündnis am ehesten
Hat eine Partei bei der Wahl die absolute Mehrheit – also mehr als die Hälfte der Stimmen – erhalten, kann sie sofort zur Regierungsbildung übergehen. Hat aber keine Partei die absolute Mehrheit – so wie in Bremen – müssen mehrere Parteien ein Bündnis schließen. In der Demokratie geht es immer um Mehrheiten. Auch bei kommenden Gesetzesvorhaben müssen Mehrheiten im Parlament erzielt werden, damit das entsprechende Gesetz beschlossen werden kann. Zwar ist auch eine Minderheitsregierung möglich, diese ist allerdings mit Schwierigkeiten verbunden. Denn bei Abstimmungen bräuchte so eine Regierung immer auch die Unterstützung der Oppositionsparteien, um ihre Vorhaben durchzusetzen.
Sondierungsgespräche – und später Koalitionsverhandlungen – werden dann aufgenommen, wenn eine Partei bei einer Wahl nicht die absolute Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen konnte. Deshalb kann sie nicht allein die Regierung stellen. Bei diesen Gesprächen gibt es keine feste, verbindliche Abfolge. Wer wann mit wem sondiert, ist eher eine Sache von Gepflogenheiten. Häufig lädt die Partei, die die Wahl gewonnen hat, zu Gesprächen ein. Wenn sich zwei oder mehrere Parteien einig geworden sind, geht es in Koalitionsverhandlungen. Am Schluss werden die Vereinbarungen in einem Koalitionsvertrag oder einer Koalitionsvereinbarung festgehalten. Sie ist gerichtlich nicht einklagbar.
Die Wahlteams der Parteien überlegen sich bereits vor einer Wahl, mit welchen anderen Kräften sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Im Wahlkampf formulieren ihre Vertreter häufig schon Vorlieben für eine bestimmte Koalition. Dabei geht es auch um Signale an die potenziellen Wähler. Es kann aber auch so sein, dass sich eine Partei, die von mehreren anderen umworben wird, alle Möglichkeiten offen hält. Bei Sondierungsgesprächen fühlen die Vertreter der Parteien vor, ob es mit anderen Kräften ein erfolgversprechendes Bündnis geben könnte. In Bremen hat die SPD mit SPD, Grünen, Linken und der CDU sondiert.
Die Wahlberechtigten in Bremen können den Bürgermeister beziehungsweise die Bürgermeisterin nicht wählen oder abwählen. Das passiert so: Die Abgeordneten in der Bürgerschaft wählen mit der Mehrheit die Mitglieder des Senats und den Präsidenten des Senats. Dieser ist zugleich Bürgermeister oder Bürgermeisterin. So sieht es die Bremer Landesverfassung in Artikel 107 Absatz II und in Artikel 114 vor. Daneben wählt der Senat noch einen weiteren Senator oder eine weitere Senatorin zum Bürgermeister oder zur Bürgermeisterin.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. Mai 2023, 19:30 Uhr