Interview
Bremer Ortsgruppe von Fridays for Future aufgelöst: Und jetzt?
Nach der Auflösung der Bremer Ortsgruppe von Fridays for Future verliert Bremen eine einflussreiche Klima-Bewegung. Einschätzungen vom Bremer Protestforscher Sebastian Haunss.
Am Dienstag hat die Bremer Ortgruppe von Fridays for Future ihre Auflösung bekannt gegeben. Die Gründe: Die Gruppe distanzierte sich von Fridays for Future auf Bundesebene, warf den Akteuren strukturellen Rassissmus vor. Außerdem seien in den vergangenen Jahren strategische Fehler gemacht und an veralteten Klimaschutzforderungen festgehalten worden, so heißt es aus der Ortsgruppe. Doch wer macht sich jetzt in Bremen für Klimaschutz stark? Fridays for Future in Bremen hat die Proteste organisiert und noch im März dieses Jahres rund 3.000 Menschen auf die Straße gebracht. Welche Konsequenzen die Auflösung für Bremen haben könnte, erklärt der Bremer Protestforscher Sebastian Haunss.
Herr Haunss, ist der Klimaschutz-Aktivismus in Bremen jetzt am Ende?
Wie es weitergeht ist zwar schwer einzuschätzen, der Aktivismus ist aber sicher nicht am Ende. Es gibt ja unter dem Label "Fridays for Future" noch eine ganze Menge Untergruppen, die sich nicht aufgelöst haben. Zum Beispiel "Students for Future", "Parents for Future" oder "Scientists for Future". Außerdem geht es ja auch noch weiter mit anderen Nicht-Regierungs-Organisationen und Umweltverbänden. In Bremen gibt es zum Beispiel den Naturschutzbund, den BUND und die Gründe Jugend und die bleiben sicher auch weiterhin aktiv.
Könnte das dann bedeuten, dass andere Klima-Bewegungen jetzt neue Anlaufstelle für die ehemaligen Fridays for Future Aktivisten werden?
Vereinzelt könnte das schon der Fall sein. Man muss aber dazu sagen, dass andere Klima-Bewegungen teilweise auch ganz andere Zielgruppen haben. Zum Beispiel denke ich nicht, dass sich die Menschen, die früher auf Fridays For Future Demonstrationen gegangen sind, jetzt mit der sogenannten Letzten Generation auf die Straße kleben werden. Dafür ist die Hemmschwelle eine viel größere. Es besteht also durchaus die Option, dass da erst mal ein großes Loch entsteht.
Fridays for Future Bremen hat in Deutschland eine der größten Reichweiten bei Klimaschutzforderungen. Fehlt damit jetzt der öffentliche Druck auf die Bremer Politik?
Ich kann mir schon vorstellen, dass der Druck auf die Bremer Politik schwächer wird. Die Auflösung war ein recht ungewöhnlicher Schritt. Fridays for Future war in Bremen ein wichtiger Akteur und hatte viele Sympathien. Ich glaube nicht, dass es jetzt gar keine Demonstrationen mehr gibt, aber Fridays for Future war bislang immer der zentrale Organisator. Es könnte sein, dass sich eine neue Fridays for Future Ortsgruppe aus anderen Klimaaktivisten gründet, wissenschaftlich kann man dazu aber keine seriöse Prognose treffen. Im September und November plant Fridays for Future bundesweit wieder Demonstrationen. Das könnte ein Anlass sein, dass die Bewegung auch hier in Bremer wieder auflebt.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 4. Juli 2023, 19:30 Uhr