Interview

Fridays For Future in Bremen: "Lange vom ersten Hype gelebt"

Fridays for Future Bremen löst sich auf

Bild: Radio Bremen

Die Bremer Fridays For Future-Gruppe hat sich aufgelöst. Was das für die Bewegung bedeuten könnte, erklärt der Bremer Politikwissenschaftler Andreas Klee.

Herr Klee, was bedeutet es für Fridays For Future, dass sich die Bremer Ortsgruppe aufgelöst hat?

Das hat zunächst einmal eine große Bedeutung hier in Bremen, weil vieles hier lokal organisiert worden ist – beispielsweise die Proteste an den Freitagen, die großen Erfolg hatten. Die wird es in der Form nicht mehr geben. Ob das Ganze ein Hinweis darauf ist, dass sich jetzt noch andere Orts- oder Landesgruppen auflösen, muss man sehen. Es ist aber ein Hinweis, dass es der gesamten Organisation nicht gut geht.

Das Statement der Bremer Gruppe thematisiert massive Konflikte innerhalb von Fridays For Future – vor Ort, national, sogar international. Kommt das überraschend?

Das ist erstaunlich, weil man es von außen so gar nicht wahrnehmen kann. Aber eigentlich muss man sagen, dass es eine relativ normale Entwicklung für eine soziale Bewegung ist. Fridays For Future war innerhalb kürzester Zeit extrem erfolgreich, hat große Demonstrationen weltweit organisieren können. Und jetzt kommt eine Phase der Normalisierung, wo man andere Strukturen aufbauen müsste, wo man vielleicht auch andere Ideen entwickeln müsste. Das ist offensichtlich nicht gelungen. Stattdessen hat man sehr lange von diesem ersten Hype gelebt.

Kommt jetzt der tiefe Fall von Fridays For Future?

Ich glaube, dass die Idee von Fridays For Future dringend notwendig ist und von unserer Gesellschaft nach wie vor gebraucht wird – in Zukunft sogar noch viel mehr. Wenn man sich aber die Organisationsform anschaut, dann sieht man einige Probleme. Es waren zum Beispiel hauptsächlich sehr junge Menschen, die den Protest organisiert haben. Und auch wenn sich das vielleicht einfach anhört: Bei vielen sind inzwischen andere Lebensphasen angebrochen und es ist unglaublich aufwendig, so etwas zu gestalten, sich innerhalb einer Gruppe zu reiben, sich immer wieder zu finden.

Und dann zeigt sich auch, wie tief so eine Bewegung in der Gesellschaft verwurzelt ist. Das zentrale Aktionsformat waren die Freitagsproteste. Und bei denen hat man – ganz unabhängig von der Wichtigkeit der Proteste – davon profitiert, dass Jugendliche zur Demo, anstatt zu Schule gehen konnten.  Die große Zahl der Protestierenden konnte nicht gleichgesetzt werden mit einer größeren Struktur oder Verankerung in der Gesellschaft. Dieses Missverhältnis von Demonstrierenden und Organisatoren merkt man jetzt. Es sind wenige Menschen, auf denen viel lastet. Und das ist anstrengend.

War das Interesse also gar nicht so groß?

Wir stellen immer wieder fest, dass bei jungen Menschen das Interesse an politischem Engagement durchaus da ist, aber tendenziell kurzfristig und punktuell. Wir hatten eine ähnliche Bewegung mit "Black Lives Matter", die sehr viel Zustimmung hatte, aber irgendwann verlaufen ist. Die Probleme sind aber mitnichten verschwunden. So eine Bewegung über Jahre aufrecht zu erhalten, ist schwierig.

Das Gespräch führte Niko Schleicher, aufgezeichnet von Robert Otto-Moog.

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Autor

  • Niko Schleicher
    Niko Schleicher

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 4. Juli 2023, 19:30 Uhr