Fragen & Antworten

Schifffahrtsmuseum am Scheideweg: Was kann die neue Schau bewirken?

Kleine U-Boote sind hinter einem Schiffsmodell ausgestellt.
Bild: Radio Bremen | Joschka Schmitt

Das DSM in Bremerhaven startet seine neue Dauerausstellung "Schiffswelten" im sanierten Haus. Welchen Eindruck macht die Schau und führt sie das Museum in die Zukunft?

Nach zwei Jahren Bauzeit eröffnet das Deutsche Schifffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven seinen runderneuerten Bangert-Bau – inklusive neuer Dauerausstellung "Schiffswelten – Der Ozean und wir". Die Schau beleuchtet die moderne Schifffahrt und lässt auch dunkle Seiten nicht außen vor. Erster Besuchertag ist am Donnerstag – bei freiem Eintritt. Das nationale Forschungsmuseum der deutschen Leibniz-Forschungsgemeinschaft wird parallel von einer Kommission geprüft. Davon hängt die Existenz des Museums ab – es geht um die Fördermittel des Bundes.

Ein Museum um eine alte Kogge zu bauen, das war in den 1970er Jahren beachtlich – seitdem hat sich viel getan, ist das Haus nun zukunftstauglich?

Das wirkt nach der Präsentation zunächst noch fragwürdig. Grundsätzlich ist es positiv, dass es dem Museum in den vergangenen Monaten gelungen ist, da entscheidende Schritte voran zu machen. Zeitweise entstand der Eindruck, es ginge gar nichts weiter. Durch eine Sanierung wurde der Bangert-Bau nun deutlich aufgewertet – die neue Dauerausstellung kommt hell und freundlich, mit vielen frischen Elementen daher.

Die große Frage ist jedoch, ob es dem Museum gelingen wird, damit auch neue Besucherinnen und Besucher anzulocken – von jetzt 40.000 auf erhoffte 100.000 im Jahr –, die sich nicht grundsätzlich für Schifffahrt interessieren. Also etwa mehr Familien, die einfach einen schönen Tag in der Stadt verbringen wollen – und auch bereit sind, das Geld dafür auszugeben. Natürlich ist das auch ein Spagat zwischen Forschungsanspruch und Massenwirksamkeit. Rund 10,5 Millionen Euro wurden dafür in die Ausstellung investiert, unter anderem mit Geld vom Bund.

Kurs, Status und Finanzen des DSM sind von regelmäßigen Evaluationen der Leibniz-Gemeinschaft abhängig – wie stehen die Chancen da aktuell?

Mit der Dauerausstellung auf jeden Fall besser. Denn sie zeigt, wie sich das Museum künftig noch weiter öffnen und zum Diskurs einladen möchte – auch bei kritischen Themen wie zum Beispiel Walfang, das Abwracken von Schiffen im Ausland unter problematischen Bedingungen oder die Rolle der Schifffahrt an sich. Mehr Öffentlichkeitsarbeit, also Forschungsergebnisse erklären, ist eine Zielvorgabe.

Der Eindruck ist aber: Es werden hohe Hürden durch die Leibniz-Gemeinschaft vorgegeben. Das zeigt sich auch daran, dass die Ausstellung sehr in die Tiefe geht – was manchmal vielleicht etwas den Rahmen sprengt. Museumsdirektorin Ruth Schilling ist optimistisch, dass die Neuerungen bei der Prüfungskommission gut ankommen.

Es war gut, dass der Bau dann schon anschaulich und betretbar war. Alles Weitere müssen wir jetzt sehen. Ich glaube, dass wir sehr glaubhaft machen konnten, dass wir genau wissen, was wir für die nächsten Schritte eigentlich vor haben.

Ruth Schilling, Museumsdirektorin DSM

Die Entscheidung soll es bis zum Jahresende geben, ob das Museum weiterhin im Leibniz-Verbund bleibt und auch die Fördermittel bekommt.

Sind die Havenwelten, vor allem Klimahaus und Deutsches Auswanderhaus, eher positive Ergänzung für das DSM oder doch harte Konkurrenz?

Bei der Präsentation der neuen Dauerausstellung haben sich alle Mühe gegeben deutlich zu machen: Nein, es geht hier nicht um Konkurrenz, sondern um eine gegenseitige Unterstützung. Das betont auch der Kaufmännische Geschäftsführer des DSM, Matthias Templin.

Ich sehe es wirklich komplettierend, ergänzend. Wir haben mit der Eröffnung des Bangert-Baus eine Aufenthaltsdauer, die sich wesentlich verlängert, im Vergleich nur zur Kogge-Halle – die auch wunderbar und interessant ist. Wir haben das Klimahaus mit einer Aufenthaltsdauer von zweieinhalb, drei Stunden. Wir haben das Auswandererhaus, was auch sehr interessant ist. Wir haben den Zoo.

Matthias Templin, Kaufmännischer Geschäftsführer DSM

Also, ein tolles Gesamtpaket, meint er, was der Stadt zugutekomme. Und in der Tat muss das Museum deutlich aufholen, damit es eben zukunftsfähig wird und mithalten kann. Ob das aufgeht, muss sich zeigen. Die Ausstellung kommt dafür ziemlich abstrakt daher – teilweise könnte es emotionaler sein, noch mehr Erlebnis als reine Info. Eine große Schiffsinstallation im Zentrum wirkt beispielsweise eher nüchtern. Aus Sicht von Schilling aber, hat das DSM das Potenzial, Raum zur Diskussion aktueller Themen zu werden. Auch in Kooperation mit den anderen Häusern.

Wie steht man in Bremerhaven zum DSM, bekommt es Unterstützung aus den lokalen Reihen?

In den vergangenen Jahren gab es immer mal schlechte Stimmung zwischen den Verantwortlichen. Die Stadt wollte den Museumshafen weiter voranbringen, das DSM war sehr mit Evaluierung und Umbau befasst. Hinter den Kulissen dürfte es aber auf beiden Seiten auch um persönliche Befindlichkeiten gegangen sein. Bei den Menschen vor Ort und denen, die zu Besuch kommen, gibt es positive Resonanz – da ist das Museum durchaus ein bedeutender Part an der Küste.

Es macht den Eindruck, dass sich das Team am Museum nun ganz gut gefunden hat und es allen darum geht, das Nationalmuseum gut in die Zukunft zu führen. Inklusive Grundsanierung der Gebäudeteile hat das Museum mit Unterstützung von Stadt, Land und Bund 43 Millionen Euro in die Neuaufstellung investiert. Allerdings fehlen noch mal rund 46 Millionen Euro, um auch den Scharoun-Bau umzugestalten. Bleibt abzuwarten, was die Leibniz-Kommission dazu sagt.

Und was sagen die Gäste am ersten Besuchertag?

Hört man sich bei den Besucherinnen und Besuchern um, fallen die Reaktionen neben einzelnen Kritikpunkten überwiegend positiv aus. Bei einem der jüngeren vor Ort kommen besonders die zahlreichen Modelle gut an: "Ich finde sie toll – besonders, dass die alle in kleinerem Maßstab sind, dass die auch die ganzen kleinen Details haben, das finde ich am besten."

Einer der älteren ist davon ebenfalls angetan: "Dass man die Größenvergleiche von den Schiffen von damals zu heute sieht, Segelschiffe, teilweise Kriegsschiffe, da arbeiten wir uns Stück für Stück durch." Ein, zwei Stunden verweilen zu können, darüber freut sich eine Besucherin. Eine andere glaubt, hier sogar zwei bis drei Tage verbringen zu können.

Zum Auftakt waren dann viele Einheimische anzutreffen. Das sei auch ein Beweis dafür, dass die Bremerhavener interessiert sind, an dem was man ihnen biete, meint einer. Schifffahrt sei für Bremerhaven aussagekräftig, die Ausstellung innovativ.

Ich habe damals auf der AG Weser gelernt, 1969. Da habe ich noch eine alte Stempeluhr gefunden, aus der Zeit, wo ich angefangen habe zu lernen, aus meiner Ausbildungszeit. Die Erinnerung kommt wieder hoch. So wie es mal alles war, da denkt man drüber nach.

Besucher der neuen DSM-Dauerausstellung

"Es ist für uns Bremerhavener ein Muss", meint ein Mann und fügt nachdenklich hinzu: "Zumal ja der zweite Bau noch nicht so vorangeht und viele Bremerhavener sich fragen, wo ist das Geld eigentlich geblieben?" Man sehe viele Stellen, wo noch das ein oder andere gemacht werden müsse, findet einer. "Aber ich denken mal, das wird." Als weitere kritischere Stimme der Stichprobe merkt eine Frau außerdem an: "Für die Kinder könnte noch ein bisschen mehr sein, wo sie ein bisschen interaktiv was machen können."

Neue Dauerausstellung im Bremerhavener Schifffahrtsmuseum eröffnet

Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Dirk Bliedtner
    Dirk Bliedtner Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 17. Juli 2024, 8:10 Uhr