Jahrestag eines Schiffsunglücks: Als die "Fremantle Highway" brannte

Der Frachter "Fremantle Highway" wird in den Hafen von Eemshaven geschleppt.
Bild: Imago | ANP

Vor einem Jahr havarierte der in Bremerhaven gestartete Autofrachter in der Nordsee. Die Unglücksfolgen sind weiterhin unaufgearbeitet. Ein Rück- und Ausblick.

Es war eines der weitreichendsten Schiffsunglücke in der Nordsee: Vor einem Jahr – in der Nacht auf den 26. Juli – brach auf dem 200 Meter langen Autofrachter "Fremantle Highway" in Höhe der niederländischen Insel Ameland ein Feuer aus. Über Stunden kämpfte die Besatzung gegen die Flammen. Vergeblich. Die Mannschaft bekam den Brand – die Ursache ist bis heute offen – nicht unter Kontrolle.

Es sind dramatische Szenen, die sich an Bord der "Fremantle Highway" abspielen: Die Flammen breiten sich unkontrolliert aus, der Stahl des Schiffes wird heißer und heißer. In ihrer Verzweiflung springen die Seeleute in die Tiefe, von der 30 Meter hohen Bordwand des Autofrachters hinein ins offene Meer. Ein Seemann stirbt, 22 werden zum Teil schwer verletzt, können aber noch gerettet werden. Der starke Wellengang in der Katastrophennacht erschwert die Lage.

Ölkatastrophe an der Nordsee war zu befürchten

Die brenennde "Fremantle Highway" mit Schleppern
Die "Fremantle Highway" nach dem Ausbruch des Feuers. Bild: Kustwachtvliegtuig

Ein Nervenkrimi folgt, denn bei dem Versuch, eine feste Schleppverbindung zu schaffen, reißt eine Leine, kann dann aber doch wieder gesichert werden. Doch die große Sorge vor einer neuen Ölkatastrophe an der Nordsee bleibt. Der Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, Peter Südbeck, stellt sich auf den äußersten Notfall ein.

Das Schlimmste ist, dass ein brennendes Schiff zu uns in das Gebiet kommt. Jetzt ist es vor dem niederländischen Teil des Weltnaturerbes Wattenmeer. Wir müssen verhindern, dass Ölteppiche, Müll, ganze Wracks zu uns kommen. Da haben wir verschiedene Horrorszenarien – das Schlimmste, eine Ölpest im Wattenmeer. Wie damals bei der "Pallas" eine große Anzahl verölter Vögel, Seehunde und Kegelrobben.

Peter Südbeck, Leiter Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer

E-Autos als besonderer Gefahrenherd

Die Havarie des Holzfrachters "Pallas" 1998 vor der Nordseeinsel Amrum war eine der bisher größten Ölkatastrophen an der deutschen Küste. Besonders schwer einzuschätzen aber im Fall der "Fremantle Highway": An Bord sind fast 3.700 Autos, davon 500 Elektroautos. Eine Herausforderung für die Einsatzkräfte, wie Lars Harnack von der Berufsfeuerwehr Cuxhaven einschätzt.

An ein Standardlöschverfahren wie beim normalen Pkw ist nicht zu denken. Es geht darum, zu kühlen und die Ausbreitung zu verhindern.

Lars Harnack, Feuerwehr Cuxhaven
Die "Fremantle Highway" wird von Schleppern gezogen
Der Kampf um die "Fremantle Highway". Bild: Rijskwaterstaat

Das macht die Feuerbekämpfung auf offener See umso schwieriger. Großes Aufatmen, als es die Spezialisten schaffen, den schiefliegenden Frachter zunächst ins niederländische Eemshaven zu ziehen. Um Haaresbreite kann eine neue Umweltkatastrophe verhindert werden. Man könne nur versuchen vorzusorgen, meint Nationalpark-Chef Peter Südbeck.

Hier müssen parallel beide Anstrengungen unternommen werden: Dass der Schutz, aber auch die Nutzung und die Schifffahrt am Weltnaturerbe Wattenmeer so ausgestaltet wird, dass wir das Risiko konsequent kleiner halten.

Peter Südbeck, Nationalpark-Chef

Immer noch viele Fragezeichen

Gefährliche, große Schiffe, so seine Forderung, dürften nur noch weit ab von der Küste und vom Wattenmeer fahren. Die Debatte um die Schiffsrouten geht munter weiter. Und auch die Brandursache ist bis heute nicht geklärt. Ebenso wie verschiedene Gerichtsverfahren. Ungeklärt ist auch, ob das Schiff zur Sanierung nach China gebracht werden darf – denn die Behörden werten es als Sondermüll. Außerdem geht es darum, was mit den Autos passiert. Mehrere Händler wollen sie weiterverkaufen – dagegen klagen Autohersteller.

Und welchen Schluss zieht Benedikt Spangardt, Sprecher des Deutschen Havariekommandos mit Sitz in Cuxhaven, aus dem Fall?

Es gibt Abkommen und Verträge, dass man sich gegenseitig hilft, mit Behördenschiffen auch über die Grenze fahren darf. Auf einem Autofrachter kommt dazu: Sie sind optimiert, möglichst viele Fahrzeuge zu transportieren. Autos stehen extrem dicht, Decken sind oft niedrig. Das macht es den Einsatzkräften schwer, sich zu bewegen.

Benedikt Spangardt, Deutsches Havariekommando Cuxhaven

Doch da scheint sich an Bord der Schiffe so schnell auch nichts zu verändern.

"Fremantle Highway": Frachter erreicht Eemshaven sicher

Bild: Radio Bremen

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  • Dirk Bliedtner
    Dirk Bliedtner Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 25. Juli 2024, 7:40 Uhr