Koalitionsvertrag: Das haben SPD, Grüne und Linkspartei in Bremen vor
Mehr Kita-Plätze, mehr Lehrkräfte, schneller Bürgerservice: Das und mehr verspricht Bremens neuer Senat im Koalitionsvertrag. Dort stehen aber auch kleine Überraschungen.
Nach Jahren sich überlappender Krisen seien die staatlichen Finanzen stark beansprucht, heißt es im Entwurf des Bremer Koalitionsvertrags, den SPD, Grüne und Linkspartei am Montag vorgestellt haben. Entsprechend wenig Geld stehe den öffentlichen Haushalten zur Verfügung. Auch deshalb sei es unerlässlich, Schwerpunkte für die Regierungsarbeit der kommenden vier Jahre zu setzen. Unter anderem auf diese Schwerpunkte hat sich Rot-Grün-Rot in seinem 169 Seiten langen Papier festgelegt:
1 Kinder und Bildung
Die Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten sowie die Bildung bezeichnet der neue Senat als "Schlüsselprojekt". Die Koalitionäre kündigen an, dass sie alles dafür tun wollen, "jedem Kind in Bremen einen Kita-Platz beziehungsweise einen Platz in der Tagespflege anbieten zu können." Hierzu wolle man alle rechtlich vorgesehenen Möglichkeiten nutzen, um kurzfristig für mehr Personal in Kitas zu sorgen – dort also auch Arbeitskräfte einsetzen, die nicht zu Erzieherinnen oder Erziehern ausgebildet sind. Und zwar "als Zweitkraft mit einer angepassten Mindestqualifikation und "helfende Hände" auch ohne pädagogische Vorqualifikation", wie es dazu im Koalitionsvertrag heißt.
Zugleich verspricht Rot-Grün-Rot: "Die Ausbildungskapazitäten für Erziehungsberufe werden wir mindestens verdoppeln und die Plätze für praxisintegrierte Ausbildung mindestens vervierfachen."
Um das Ziel "Gute Bildung für alle" zu erreichen, verspricht die neue Landesregierung dafür zu sorgen, dass mehr Schülerinnen und Schüler im Land Bremen einen Schulabschluss erreichen. Hierzu werde man unter anderem die Doppelbesetzung von Klassen in den Grundschulen vorantreiben, angefangen mit den ersten Klassen der Grundschulen "in besonders herausfordernden Lagen". Mit "Doppelbesetzung" ist gemeint, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer von einer weiteren pädagogischen Fachkraft wie etwa einer Erzieherin beim Unterricht unterstützt wird. Das vordringliche Ziel dahinter sei, dass alle Kinder sicher Lesen, Schreiben und Rechnen lernen.
2 Klima
Die neue Landesregierung wird nach eigenem Bekunden "alle Schritte unternehmen, damit Bremen bis 2038 klimaneutral wird." Dazu werde man den Aktionsplan Klimaschutz umsetzen. Konkret bedeutet das: Bremens neue Landesregierung möchte 2,5 Milliarden in die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude stecken sowie in die Verkehrs- und Wärmewende und in die Klima-Transformation der Wirtschaft.
Darüber hinaus möchte Rot-Grün-Rot Programme zum Schutz der Insekten und der Artenvielfalt "auflegen und umsetzen" sowie den Baumbestand Bremens vergrößern.
3 Arbeit
Um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und mehr Fachkräfte gewinnen, möchte Rot-Grün-Rot Geringqualifizierte dazu motivieren, sich weiter zu entwickeln. Dazu verspricht die neue Landesregierung ein Landesprogramm "Aufstieg zur Fachkraft". Geringqualifizierte, die sich zu Fachkräften weiterbilden, sollen aus diesem Programm Zuschüsse zum Lebensunterhalt erhalten. Außerdem kündigt der neue Senat an, dass er ein Kompetenzcenter "Fachkräftegewinnung und Zuwanderung" aufbauen werde.
"Arbeit" wird in der neuen Landesregierung ein neu zugeschnittenes Ressort mit "Soziales" und "Justiz" bilden, das in Händen der SPD liegen wird. Zuletzt war "Arbeit" an das von der Linkspartei geführten Wirtschaftsressort angegliedert.
4 Gesundheit und Pflege
Rot-Grün-Rot möchte die Sanierung des Klinikverbunds Gesundheit Nord (Geno) vorantreiben. Im Zuge dessen möchte das Bündnis das Klinikum Bremen-Mitte zu einem Maximalversorger entwickeln und am Standort Klinikum Links der Weser für die Grundversorgung festhalten. Das Bündnis will außerdem die Ausbildungszahlen in Gesundheitsberufen erhöhen.
5 Sicherheit
Der Senat möchte für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum sorgen. Dazu werde man in die Polizei investieren. So soll die Personalstärke der Polizei in Bremen bis 2027 auf 3.100 Beschäftigte wachsen, in Bremerhaven auf 580. Den Konsum von Alkohol möchte das Bündnis an Haltestellen des ÖPNV am Hauptbahnhof verbieten sowie die Überwachung der Haltestellen mit Videokameras intensivieren.
6 Wissenschaft
Rot-Grün-Rot will die Infrastruktur für die Forschungseinrichtungen Bremens und Bremerhavens verbessern. Dazu möchte das Bündnis die Hochschulbauten aus Mitteln des Klimafonds energetisch sanieren. Darüber hinaus wolle man Bremens Stellung als "KI-Metropole" des Nordens stärken und für den Teilumzug der Uni Bremen in die Bremer Innenstadt sorgen.
"Wissenschaft" wird in der neuen Legislatur zusammen mit "Klima" und "Umwelt" ein neues Ressort bilden und nicht länger bei der SPD, sondern bei den Grünen liegen.
7 Umbau der Bremer City
Bremens neuer Senat möchte den Umbau der Bremer Innenstadt vorantreiben. Neben dem Einzelhandel sollen dort das Wohnen, Kultur, der Tourismus, Gesundheit und Wissenschaft gestärkt werden. Dem Teilumzug der Uni soll dabei eine zentrale Rolle zufallen, auch um die Innenstadt für junge Menschen attraktiv zu gestalten. Mit dem Stadtmusikanten- und Literaturhaus möchte Rot-Grün-Rot "einen attraktiven neuen Anziehungspunkt für Tourismus und Kultur schaffen". Die Umnutzung des Parkhauses Mitte möchte die Koalition vorantreiben und Flaniermeilen in der Bremer Innenstadt ausweiten.
8 Digitalisierung der Verwaltung
Rot-Grün-Rot möchte Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung verbessern und beschleunigen. Zu diesem Zweck setzt das Bündnis auf Digitalisierung. Man werde Bremen und Bremerhaven zu "Smart-Citys" entwickeln und die Teilhabe in einer digitalen Stadtgesellschaft fördern. In diesem Zuge verspricht das Regierungsbündnis unter anderem, die Wartezeit auf einen Termin im Bürgerservice auf maximal 14 bis 31 Tage zu verkürzen. Wichtige Dienstleistungen wie Baugenehmigungsverfahren und Wohngeldantragsverfahren sollen vollständig digitalisiert und beschleunigt werden, "auch unter Einsatz Künstlicher Intelligenz".
9 Gleichstellung
Die neue Landesregierung betont, dass die Gleichstellung der Geschlechter "ein zentrales Anliegen" für sie sei. Daher werden man die Entgeltgleichheitsstrategie Bremens um ein Landesaktionsprogramm für Geschlechtergerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt ergänzen. Das Landesgleichstellungsgesetz werde man evaluieren, weiterentwickeln und queere Identitäten berücksichtigen. Man werde ein kontinuierliches Monitoring queerfeindlicher Gewalt erstellen. Außerdem wolle man Schutzwohnungen für lesbische, schwule, bisexuelle, intersexuelle, transsexuelle und intergeschlechtliche Personen einrichten, die in ihrem Umfeld Gewalt erfahren. Darüber hinaus möchte das Bündnis die Belange von Frauen und queeren Menschen im Gesundheitssektor stärken.
10 Wohnen und leben
Das neue Bündnis möchte "langfristig die Hälfte des Mietwohnbestands in gemeinwohlorientierte Hand legen". Es möchte Flächen für 10.000 neue Wohnungen ausweisen und die 30-Prozent-Sozialquote für Neubauten fortführen. Sie möchte auch in hochpreisigen Quartieren den sozialen Wohnungsbau vorantreiben.
11 Kultur
Eine kleine Überraschung kündigt Bremens neue Landesregierung für die kulturelle Stadtentwicklung in Bremen an. "Die Koalition wird ein gemeinsam genutztes, dauerhaftes Festivalgelände entwickeln", heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Das Gelände solle sich auch für mehrtägige Veranstaltungen eignen. Hierzu wolle man verschiedene Möglichkeiten prüfen, unter anderem das Gelände der ehemaligen Justizvollzugsanstalt im Blockland.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. Juni 2023, 19.30 Uhr