Hintergrund
Wahl in Bremen: Bürger in Wut profitieren auch vom AfD-Ausschluss
Die Bürger in Wut kommen über die 5-Prozent-Hürde laut Umfrage Nach der Wahl gehen sie im "Bündnis Deutschland" auf. Und das macht der AfD Konkurrenz.
Wäre am kommenden Sonntag die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft, so kämen die Bürger in Wut (BIW) auf sechs Prozent der Stimmen – landesweit. Sie zögen damit in Fraktionsstärke in den Bremer Landtag ein. Das ist eines der Ergebnisse der jüngsten repräsentativen Umfrage des Wahlforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag von Radio Bremen und der Nordsee-Zeitung.
Derzeit ist die Wählervereinigung BIW lediglich über den Wahlbezirk Bremerhaven mit Jan Timke im Bremer Landtag vertreten sowie mit dem einstigen AfD-Politiker Peter Beck, der im Oktober 2021 zu den Bürgern in Wut gewechselt ist. Die Wählervereinigung verdankt ihren Aufschwung offensichtlich insbesondere dem Umstand, dass der Landeswahlausschuss im März die AfD von der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft ausgeschlossen hat. Die AfD hatte laut Infratest dimap noch kurz zuvor etwa sieben Prozent der Wählerstimmen in Bremen in Aussicht. Die BIW dagegen lagen derselben Umfrage zufolge im März noch unter drei Prozent.
Trotzdem glaubt der BIW-Abgeordnete Jan Timke nicht, dass die Gewinne seiner Wählergemeinschaft allein auf das Aus der AfD zurückzuführen sind. "Das spielt sicher auch eine Rolle", so Timke. Er vermute aber auch, dass die BIW eine Reihe von Wählerinnen und Wähler hinzu gewonnen habe, die sich noch im März für die CDU entschieden hätten: "Viele konservative Wähler ärgern sich darüber, dass die CDU in Bremen ein Bündnis mit den Grünen nicht ausschließt."
BiW sehen sich als Anwälte der Autofahrer
Für die BIW sind die Grünen dagegen so etwas wie das berühmte rote Tuch für einen Stier. "Wir verstehen uns als Anwälte der Autofahrer, noch viel konsequenter als die FDP", erklärt Timke. Beispielsweise fordern die BIW den Rückbau der Bremer Martinistraße für den vierspurigen Autoverkehr. Außerdem wollen sie keine weiteren Parkplätze in Bremen abbauen und – im Gegenteil – das aufgesetzte Parken grundsätzlich erlauben.
Weitere Schwerpunkte der BIW im Wahlkampf sind die Bildungs- und die Sicherheitspolitik. In der Bildungspolitik treten die BIW für eine Rückkehr zum gegliederten Schulsystem ein. Außerdem wollen sie die Förderschulen erhalten. In der Sicherheitspolitik stehen die BIW für eine harte Hand gegen Kriminelle. So sollten jugendliche Intensivtäter aus Sicht der BIW in geschlossenen Heimen untergebracht werden.
"Im Graubereich zwischen rechtskonservativ und rechtspopulistisch"
Der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst bezeichnet derartige Forderungen als "rechtspopulistische Rhetorik": "Man nutzt Einzelfälle, um Ängste vor Überfällen und vor Straftaten zu schüren." Tatsächlich sei die Gesamtkriminalität rückläufig in Bremen, so Probst. Er ordnet die BIW als Wählergemeinschaft ein, die sich "im Graubereich zwischen rechtskonservativ und rechtspopulistisch" bewege. Anders als die AfD, die auch rechtsextreme Elemente habe, hätten die BIW aber keinen antisystemischen Flügel.
Gleiches gilt Probst zufolge grundsätzlich auch für das vorigen November gegründete Bündnis Deutschland, in dem die BIW aller Wahrscheinlichkeit nach nach der Wahl aufgehen werden. Probst bezeichnet diese Partei als rechtskonservativ bis rechtsnationalistisch: "Das Bündnis Deutschland wird in Konkurrenz zur AfD stehen", so Probst. Der Zusammenschluss mit den BIW sei für das Bündnis attraktiv, weil es sich bei den BIW um eine, zumal in Bremen, etablierte Marke handle, die viel Aufmerksamkeit auf sich ziehe. "Außerdem kann das Bündnis Deutschland auf diese Weise wahrscheinlich aus dem Stand in ein Landesparlament einziehen", sagt Probst.
"Wollen koalitionsfähiger Partner für CDU werden"
Aus Sicht der BIW ändert sich durch den geplanten Zusammenschluss mit dem Bündnis Deutschland – zumindest inhaltlich – nichts, sagt Piet Leidreiter, Spitzenkandidat der BIW in Bremen. "Wir hoffen, dass wir es zusammen schaffen, nach Bremen noch in andere Landesparlamente einzuziehen", so Leidreiter. Er fügt hinzu: "Wir wollen ein koalitionsfähiger Partner für die CDU werden, um den Linkstrend in Deutschland zu unterbinden." Im Kern vertrete das Bündnis Deutschland ähnliche Positionen wie die CDU vor 15 bis 20 Jahren. Sowohl Leidreiter als auch Timke wehren sich gegen die in der Politikwissenschaft wie in Medien verbreitete Einordnung der BIW und des Bündnis Deutschland als "rechtspopulistisch". Die BIW seien konservativ.
Wir möchten die Lücke zwischen der Merkel-CDU und der AfD schließen.
BIW-Spitenkandidat Piet Leidreiter
Ihre Ziele für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 14. Mai haben die BIW inzwischen nach oben korrigiert. Wollte die Wählergemeinschaft noch im März mit landesweit sechs Prozent in Fraktionsstärke in die Bürgerschaft einziehen, so erhoffen sie sich nun 8,5 Prozent der Bremer Wählerstimmen. "Wir werden unseren Wahlkampf in den nächsten Tagen intensivieren", kündigt Leidreiter an.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. April 2023, 19.30 Uhr