Interview
Wieso Bremer Klimaschützer gegen Minister Wissing demonstrieren
Bundesverkehrsminister Volker Wissing kommt heute zur Schaffermahlzeit nach Bremen. Klimaschützer wollen ihn auf dem Marktplatz mit einer Demo gegen seine Politik begrüßen.
Ein Tempolimit, keine neuen Autobahnen, mehr Geld für Fahrradwege und für den Schienenverkehr: Das sind die Kernforderungen Bremer Umweltschützer an Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Der FDP-Politiker wird heute zur Schaffermahlzeit im Bremer Rathaus erwartet.
Direkt davor, auf dem Marktplatz, wollen ihn Bremer Umweltschützer ab 12.30 Uhr lautstark in Empfang nehmen, darunter solche der BUND-Jugend, von "Einfach einsteigen", von Greenpeace, vom Denkhaus Bremen, von Fridays for Future, von Poems for Future sowie von Zero Bremen. Sie werfen Wissing vor, dass er eine klimaschädliche Verkehrspolitik betreibe. buten un binnen hat im Vorfeld der Demo mit Initiatorin Katja Muchow vom BUND Bremen über die konkreten Forderungen der Demonstranten gesprochen.
Frau Muchow, was ärgert Sie am meisten an der Verkehrspolitik von Verkehrsminister Volker Wissing?
Am meisten ärgert mich, dass er es nicht schafft, ein Tempolimit umzusetzen. Ein Tempolimit auf den Autobahnen wird von einer Mehrheit der Bevölkerung befürwortet. Das ist eine ganz einfache, schnell umsetzbare Maßnahme, die kaum Geld kostet, höchstens für ein paar Schilder an den Grenzen. Man kann damit viel CO2 einsparen, was auch eine neue Studie des Bundesumweltamts belegt. Das Tempolimit wäre ein erster Schritt in Richtung Klimawende.
Aber natürlich sind auch noch andere Sachen wichtig: dass die derzeit geplanten Ausbauten des Autobahnnetzes nicht umgesetzt werden, sondern dass wir lediglich die bereits vorhandenen Autobahnen sanieren. Der CO2-Ausstoß im Verkehr muss bis 2030 halbiert werden. So steht es im Klimaschutzgesetz. Es ist wichtig, dass das Ressort von Herrn Wissing das Klimaschutzgesetz ernst nimmt.
Sie machen sich sogar für ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf den Autobahnen stark. Halten Sie das für realistisch? Selbst mit Forderungen nach Tempo 130 oder 120 hat sich in Deutschland noch niemand durchsetzen können.
Ja, das wundert mich auch! In allen Nachbarländern ist es möglich, nur nicht bei uns in Deutschland. In den Nachbarländern kann man relativ entspannt auf der Autobahn fahren, bei uns nicht. In den Niederlanden ist übrigens auch Tempo 100 durchsetzbar. Wieso das bei uns nicht gehen soll, obwohl doch die Mehrheit der Bevölkerung für ein Tempolimit ist – das verstehe ich nicht.
Sie fordern, dass das Geld, das eingespart würde, wenn keine neuen Autobahn gebaut werden, in den klimafreundlichen Nah- und Fernverkehr gesteckt wird. Glauben Sie nicht, dass auch der Autoverkehr auf Sicht klimafreundlich werden wird?
Nicht, so lange wir den gleichen Markt für Autos haben. Ich glaube aber auch nicht, dass Elektromobilität ein Allheilmittel ist. Wir müssen weniger Autos haben, höchstens halb so viele. Gleichzeitig muss alles daran gesetzt werden, den Schienenverkehr auszubauen, die Radwege auszubauen und attraktiver zu machen. Das Fahrrad ist das klimafreundlichste Verkehrsmittel. Dem muss einfach mehr Platz gegeben werden.
Sie rechnen für Ihre Demo auf dem Marktplatz mit 100 bis 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Glauben Sie, dass Herr Wissing Sie überhaupt zur Kenntnis nehmen wird?
Das glaube ich schon. Er besucht auch Veranstaltungen von Umweltschutzorganisationen, lässt sich auf Diskussionen ein. Wahrscheinlich wird er nicht mit uns sprechen. Aber wahrnehmen wird er uns.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 10. Februar 2023, 10 Uhr