Bürger in Wut auf Rekordkurs: "Wird Tagesgeschäft massiv beeinflussen"

Die Bürger in Wut erreichen laut Hochrechnung ein Rekordergebnis bei der Bürgerschaftswahl. Was das für das Parlament bedeuten kann, erklärt der Bremer Politikwissenschaftler Andreas Klee.

Die Bürger in Wut (BiW) sind Hochrechnungen zufolge in Fraktionsstärke in der kommenden Bürgerschaft vertreten. "Das ist ein echtes Brett", sagt Andreas Klee, Politikwissenschaftler an der Universität Bremen.

Die Bürger in Wut fahren offenbar ein Rekordergebnis ein – vor allem in Bremerhaven. Wie ist das zu erklären?

Das erklärt sich ganz stark aus einer Protesthaltung heraus. Das ist die Grundmotivation. Dazu kommt natürlich noch das Fehlen der AfD. Wenn man die ursprünglichen Werte der BIW und das, was die AfD bekommen hätte, zusammenzählt, kommt man ungefähr auf diese prognostizierte Summe. Heute Abend ist aber auch ein guter Moment zu sagen, dass es ein Versäumnis der etablierteren Parteien ist, dass sich so viele Menschen genötigt fühlen, so eine Partei zu wählen.

Aktuelle Hochrechnung:

Was bedeutet es für das politische Tagesgeschäft, wenn eine Partei wie die BiW in Fraktionsstärke im Parlament sitzt?

Das ist tatsächlich ganz neu für die Bürgerschaft. Wir hatten die AfD zwar vertreten, erinnern uns aber auch alle an die Querelen innerhalb der Partei. Die kam gar nicht ans Arbeiten. Das wird dieses Mal anders sein. Die Prognosen sehen zehn Sitze für die BiW – das ist ein ordentliches Brett. Das wird das Tagesgeschäft massiv beeinflussen. Und wir haben insgesamt eine größere inhaltliche Spaltung innerhalb des Parlaments. Die Ränder sind noch weiter auseinander gegangen. Das wird sich in der politischen Arbeit auch niederschlagen.

Die SPD spricht mit Blick auf sich selbst von einem "grandiosen Ergebnis". Aber ist es das in einem Land wie Bremen wirklich?

Nein, das ist es nicht. Und der Wahlabend ist immer der  Abend der Geschichten und der Narrative. Jede Partei versucht, es für sich zu besetzen. Der SPD bleibt also nichts anderes übrig. Wenn man ehrlich ist, war es das Minimalziel, dass man wieder stärkste Partei wird. Und das hat man auch nicht mit so einem großen Abstand geschafft, wie man es sich eigentlich erhofft hat. Ich würde eher "blaues Auge" als "grandios" sagen.

Verlierer der Wahl dürften die Grünen sein. Spitzenkandidatin Maike Schaefer schiebt das auch auf die Bundespartei – kann sie das tun?

Nein, kann sie nicht. Wenn es nicht gut läuft, dann sind immer die anderen schuld. Ich glaube aber, die Probleme der Grünen sind zum großen Teil hausgemacht und hier in Bremen zu suchen.

(Das Gespräch führte Kirsten Rademacher, aufgezeichnet von Robert Otto-Moog)