Im Zeichen des Kriegs: Deutsch-ukrainische Kultur am Bremer Theater
Seit zwei Jahren herrscht in der Ukraine Krieg. Ein Stück am Theater Bremen zeigt jetzt, wie es dort vorher zuging. Flüchtlinge aus der Ukranie haben dabei geholfen.
Der Schriftsteller Serhij Zhadan ist ein Star – zumindest in der Ukraine. Zwar ist der Autor des Romans "Die Erfindung des Jazz im Donbass" auch in Bremen kein Unbekannter. 2022 haben ihm der Bremer Senat und die Heinrich-Böll-Stiftung den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken verliehen. Für die Ukrainerin Lisa Kozak steht dennoch fest: "Zhadan muss noch bekannter in Bremen werden. Er ist ein großer Autor." Ihre Freundin Angela Tarnavska sieht es nicht anders. Sie sagt: "Auch Jugendliche in der Ukrainer lieben ihn. Das wird in Bremen genauso sein."
Ob Jugendliche, Senioren oder irgendwas dazwischen: Am Theater Bremen bekommen nun alle gleichermaßen die Chance, das Werk des Schriftstellers Serhij Zhadan näher kennenzulernen. Regisseur Armin Petras hat eine deutschsprachige Theaterfassung nach Zhadans Roman "Die Erfindung des Jazz im Donbass" entwickelt. Am Sonnabend, 24. Februar, zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine, feiert die Inszenierung ihre Premiere am Goetheplatz. Um auch die vielen Menschen aus der Ukraine anzusprechen, die heute in Bremen und umzu leben, spielt das Theater Bremen das Stück mit ukrainischen Übertiteln – verfasst von Anastasiya Achadaay, Lisa Kozak und Angela Tarnavska.
Während Anastasiya schon seit vielen Jahren in Bremen lebt, sind Lisa und Angela vor zwei Jahren in Folge des Kriegs aus der Ukraine nach Bremen geflohen. Zusammen mit einer Reihe weiterer Mitstreiterinnen bauen sie hier gerade das Unity Center UA Bremen auf, einen deutsch-ukrainischen Kulturverein. "Der Krieg richtet sich auch gegen unsere Kultur und unsere Sprache. Wir müssen sie schützen", erklärt Lisa dazu. Dem Theater Bremen mit Übertiteln bei einer Zhadan-Aufführung zu helfen, sei ihr wie ihren Kolleginnen daher eine Ehre gewesen. Umso mehr, als Zhadan nicht weniger als eine "Stimme der Ukraine" sei, wie Anastasiya erklärt: "Der Autor sammelt Spenden und Hilfsgüter für die Ukraine."
"Eastern" auf der Bühne rückt Freiheitskampf in den Fokus
In "Die Erfindung des Jazz im Donbass" setzt sich der Autor allerdings nicht mit dem aktuellen Krieg auseinander. Sein Roman ist bereits im Jahr 2012 erschienen, spielt in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts und damit in der Zeit zwischen dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem russischen Überfall auf die Ukraine. Im Zentrum des Geschehens steht die Geschichte des jungen Werbeunternehmers Hermann. Sein Bruder, der im Osten der Ukraine eine Tankstelle betreibt, ist spurlos verschwunden. Am Ort des Geschehens verliebt sich Herman in Olha, die Buchhalterin seines Bruders. Er versucht, die Tankstelle und damit die Lebensgrundlage der Angestellten seines Bruders vor den Attacken eines einheimischen Oligarchen zu retten.
"Es geht um den Traum von der Freiheit", charakterisiert Dramaturg Klaus Missbach die Geschichte. Autor Serhij Zhadan sei 17 Jahre alt gewesen, als die Ukraine unabhängig wurde. Er sei ein spannender Chronist der Jahre danach, einer Zeit, in der sich die Menschen an die Marktwirtschaft und an die Demokratie hätten gewöhnen müssen. "Viele Menschen fühlten sich entwurzelt", so Missbach. Auch davon zeuge "Die Erfindung des Jazz im Donbass", wenngleich es sich um eine rein fiktive, nicht also dokumentarische Geschichte handele.
Die Inszenierung des Romans durch Armin Petras auf der Bühne des Theaters am Goetheplatz trage Züge eines "Eastern", sagt Missbach. So vermittele die Inszenierung dem Besucher auch einen Eindruck von der aus Sicht des dicht besiedelten Deutschland schier unendlichen Weite der Landschaft in der "Kornkammer Europas", wie die Ukraine oft genannt wird. Wie der Besuch einer Hauptprobe zeigt, arbeitet die Regie zudem viel mit Live-Musik auf der Bühne. Wobei die Besucher, anders, als man aufgrund des Titels annehmen könnte, keinen Jazz zu hören bekommen, sondern vor allem Gospelklänge.
"Ukrainische Kultur und deutsche unterscheiden sich kaum"
Ohne zu viel verraten zu wollen: Es dürfte den wenigsten Besuchern schwerfallen, sich in dieser Vorstellung in die Geschichte und in die Figuren Zhadans hinein zu versetzen. Kein Wunder, findet Angela Tarnavska, die an den ukrainischen Übertiteln für die Inszenierung mitgewirkt hat. "Die ukrainische Kultur und die deutsche unterscheiden sich kaum", sagt sie. Entsprechend gut verstünden Deutsche und Ukrainer in der Regel einander, sofern sie sich miteinander befassten. Angela hofft, dass die Inszenierung von "Die Erfindung des Jazz im Donbass" am Theater Bremen den Bremern das Schicksal der Menschen aus der Ukraine noch ein bisschen näher bringen möge.
Um seine Solidarität mit der Ukraine zusätzlich zum Ausdruck zu bringen, wird das Theater Bremen das Große Haus am Goetheplatz zur Premiere am 24. Februar blau und gelb anstrahlen. Weitere Infos stehen auf dieser Website.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 23. Februar 2024, 19.30 Uhr