Fragen & Antworten
Vom Querdenken-Protest in den Bundestag? Die neue Partei "Die Basis"
Die Partei wirbt auch in Bremen mit Freiheit und Achtsamkeit. Doch was steckt hinter dem "Querdenker"-Zusammenschluss – und welche Chance hat sie bei der Bundestagswahl?
In voller Länge heißt die neue Partei: "Basisdemokratische Partei Deutschlands", oder eben kurz: "Die Basis". Ein paar prominente Mitglieder hat "Die Basis" schon: In Mecklenburg-Vorpommern kandidiert Wolfgang Wodarg für den Bundestag. Das ehemalige SPD-Mitglied ist schon früh in der Pandemie als Kritiker der Corona-Maßnahmen aufgefallen. Nach Angaben der Partei, habe auch der Schauspieler Volker Bruch einen Mitgliedsantrag gestellt. Er ist bekannt als Hauptdarsteller der ARD-Serie "Babylon Berlin". Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Wie viele Mitglieder hat "Die Basis"?
Nach eigenen Angaben hat "Die Basis" deutschlandweit rund 17.000 Mitglieder und ist in allen Bundesländern vertreten. In Bremen gehören der Partei knapp 200 Mitglieder an. In Niedersachsen sind es 2.000.
Zum Vergleich: Die AfD zählte im Januar 2021 bundesweit 32.000 Mitglieder. In Bremen 115 und in Niedersachsen gut 2.400.
Wofür steht die Partei "Die Basis"?
Gegründet hat sich "Die Basis" im Juli vergangenen Jahres in Kirchheim, Hessen. Sie ist der zweite Versuch von Kritikern der Corona-Maßnahmen, sich als Partei zu organisieren. Der erste Versuch mit der Bewegung "Widerstand 2020" scheiterte, nachdem bekannt wurde, dass die Mitgliederzahlen stark übertrieben waren.
Das Kernthema von "Die Basis" ist der Protest gegen die Corona-Maßnahmen. Viele Mitglieder leugnen, dass es überhaupt eine Pandemie gibt oder halten die Einschränkungen für unzumutbar. Auf ihrer Website kündigt "Die Basis" deshalb an, eine Verfassungsklage einreichen zu wollen. Wann genau das passieren soll, bleibt aber offen. Auch gegen das Impfen bezieht die Partei klar Stellung, nennt es "Genmanipulation".
Ein Parteiprogramm im herkömmlichen Sinn gibt es nicht. Auf der Website heißt es: "Die Basis selbst, das heißt wir alle sind es, die die Inhalte liefern und selbst am Wandel mitwirken!" Die Gesellschaft sei zu sehr im Wandel, um sich auf bestimmte Inhalte festzulegen. Die Partei richte sich nach den "vier Säulen", die auch im Logo der "Basis" stehen: "Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit, Schwarmintelligenz".
Wie will "Die Basis" die politischen Ziele umsetzen?
Wie es der Name verrät, setzt die neue Partei auf Basisdemokratie. "Volksentscheide und stetige Abstimmungen" sollen eingeführt werden, heißt es dazu auf der Website. Themen wie Gesundheits- oder Bildungspolitik gingen alle an, also sollten auch alle entscheiden.
Ich habe erlebt, wie Erstklässler nach dem ersten Lockdown in die Schule gekommen sind. Die bekamen Schwimmnudeln, damit sie den Abstand halten und es tut mir einfach im Herzen weh, wenn ich sehe, was wir mit unseren Kindern machen.
Erich Sturm, einer der beiden Vorsitzenden der "Basis" in Bremen
Wer sind die Mitglieder?
Die Mitglieder der "Basis" kommen aus verschiedenen Ecken. In Bremen ist Erich Sturm Gründungsmitglied der ersten Stunde und gemeinsam mit Britta Vogelberg einer der Vorsitzenden. Der 60-Jährige war zuvor 13 Jahre bei der Piraten-Partei. Andere Mitglieder waren früher bei der SPD oder den Grünen. Die meisten aber sind neu im Politikbetrieb.
Erich Sturm war über die Corona-Maßnahmen so verärgert, dass er sich dazu entschied, wieder Politik zu machen: "Ich habe erlebt, wie Erstklässler nach dem ersten Lockdown in die Schule gekommen sind. Die bekamen Schwimmnudeln, damit sie den Abstand halten und es tut mir einfach im Herzen weh, wenn ich sehe, was wir mit unseren Kindern machen."
Die größte Kritik: Nach rechts lässt "Die Basis", ähnlich wie die AfD, das Feld weit offen. Klar abgrenzen von Reichsbürgern und rechten Gruppierungen will sich hier niemand. Das gilt auch für Erich Sturm. Er sagt über eine Querdenken-Demo in Berlin: "Und selbstverständlich gab es auf dieser Demo drei, vier Reichsflaggen zu sehen und ich glaub auch welche, die zähl' ich der Identitären Bewegung zu, aber insgesamt habe ich 15.000 Leute gesehen, die so waren wie ich."
Wer soll "Die Basis" wählen?
Im Dezember 2020 untersuchte eine Studie der Universität Basel, welche Parteien die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Corona-Protestbewegungen wählen würden. An erster Stelle mit 30 Prozent: die AfD. Doch 18 Prozent sprachen sich auch für "Die Basis" aus. Hier liegt also Potenzial für die neue Partei.
Da sich "Die Basis" bisher weder klar links noch klar rechts positioniert hat, könnten sich aber auch Menschen aus dem anthroposophischen Umfeld angesprochen fühlen, die Impfungen und dem Schulsystem kritisch gegenüber stehen oder ehemalige Piraten-Wähler, für die Freiheit und Schwarmintelligenz die passenden Schlagworte sind.
Franziska Deutsch, Politikwissenschaftlerin an der Bremer Jacobs University, kann noch keinen klaren Trend erkennen. Das liegt für sie auch daran, dass die Inhalte der Partei bisher noch zu wenig greifbar seien: "Bis jetzt wissen wir noch nicht, was die Partei sagt, zum Thema Außenpolitik, zum Thema EU-Beziehungen. Das ist noch sehr vage und schwer zu beurteilen."
[In nächster Zeit] geht es ganz stark um die Bekämpfung von Ungleichheit in der Bildung und im sozialen und ökonomischen Bereich. Und da reicht es nicht, einfach nur gegen etwas zu sein.
Franziska Deutsch, Politikwissenschaftlerin, über die Chancen von "Die Basis"
Wie sind die Chancen der "Basis", im Herbst in den Bundestag einzuziehen?
Sehr gering. Das deutsche Parteiensystem hat eine Fünf-Prozent-Hürde. Die aus dem Stand zu überspringen, ist bisher noch keiner Partei geglückt. Auch die Grünen zogen Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre zuerst in verschiedene Landtage ein, bevor es im Bundestag klappte. Das Gleiche gilt für die AfD.
Der bisher größte Erfolg der "Basis": Sie holten ein Prozent bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Das war etwas weniger als die Satirepartei "Die Partei" bekam. Politikwissenschaftlerin Franziska Deutsch: "Aus dem Stand von einem Prozent bei einer Landtagswahl in Baden-Württemberg innerhalb von einem halben Jahr zu über fünf Prozent bei der Bundestagswahl, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen."
Auch inhaltlich sieht Deutsch die "Basis" für einen solchen Wahlerfolg bisher zu schlecht aufgestellt. In den nächsten Wochen und Monaten würde sich die Diskussion vermutlich wegbewegen von den Corona-Maßnahmen, hin zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie: "Da geht es ganz stark um die Bekämpfung von Ungleichheit in der Bildung und im sozialen und ökonomischen Bereich. Und da reicht es nicht, einfach nur gegen etwas zu sein."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 2. Juni 2021, 6:20 Uhr