"Sagen Sie jetzt nichts": Loriot zum 100. Geburtstag in 7 Zitaten
Loriot wäre heute 100 Jahre alt geworden. Wie sein Werk und Wirken die Bundesrepublik von Brandenburg, über Bremen bis Bayern geprägt hat, zeigen diese 7 Sätze.
1 "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos"
Loriot ohne Möpse? Für viele wäre das undenkbar. Und auch der Künstler und Komiker Bernhard-Viktor von Bülow, alias Loriot, sah das so. "Henry war der erste Mops, der uns besaß", schrieb er in seiner Autobiografie "Möpse & Menschen".
Wenig überraschend, setzte der Karikaturist in seiner Karriere schon früh auf die Vierbeiner. 1953, also vor siebzig Jahren, veröffentlichte er, frisch unter dem Pseudonym Loriot, seine erste Cartoon-Serie in der Zeitschrift Stern. Ihr Titel: "Auf den Hund gekommen".
Darin präsentierte der Künstler seine vierbeinigen Hauptdarsteller den Lesern in eher ungewohnter Rolle. "Bei dem Wetter möchte man keinen Menschen vor die Tür jagen!", sagte da zum Beispiel ein bei Regen und Sturm aus dem Wohnzimmerfenster blickendes Hundepaar, während es mitleidig auf einen zum Schlafen auf dem Zimmerboden eingerollten Menschen mit Hut blickte.
Die Reaktion vieler Leser: ein Proteststurm.
2 "Ich will den Kerl nie wieder im Stern sehen!"
Solche Cartoons fanden im Adenauer-Deutschland nicht alle lustig. Stern-Chef Henry Nannen soll, angesichts der Leser-Reaktionen, gepoltert haben.
Ich will den Kerl nie wieder im Stern sehen!
Stern-Chef Henry Nannen über Loriots frühe Cartoons
Ein Jahr später durfte Loriot aber doch weitermachen. Die andere Hälfte des Publikums mochte seinen Humor einfach zu gerne.
Zwar malte er für den Stern jetzt Nashörner. Die Hunde blieben aber sein Markenzeichen. Auch in seinen reich bebilderten Büchern, wie "Loriots kleines Tierleben von B bis Z", hatten sie stets einen festen Platz.
3 "Ende des 16. Jahrhunderts galten die mächtigen Mopsschaufeln noch als beliebte Jagdtrophäe"
Über den einst majestätischen Waldmops zum Beispiel wusste Loriot zu berichten, dass er früher die Wälder Europas zwischen Ural und Fichtelgebirge durchstreifte. Später wurde er allerdings drastisch zurückgezüchtet, da er sich als Vierzehn-Ender im Schoße älterer Damen als hinderlich erwiesen habe.
Der "Waldmops" mit seinem inzwischen nur noch sehr kleinen Geweih findet sich heute in Dutzenden Ausführung und Posen an fast jeder Ecke in Loriots Geburtsstadt Brandenburg an der Havel. Auch in Stuttgart thront seit 2013 ein Mops auf dem Kapitell einer alten Säule direkt vor dem ehemaligen Wohnhaus des Künstlers.
Den wohl fotogensten aller Möpse finden Fans aber vor dem Funkhaus Radio Bremens. Dort sitzt er seit einem Jahrzehnt auf einer Bronzereplik des berühmten Loriot-Sofas.
4 "Ich wünsch mir ’ne kleine Miezekatze"
Ein Sofa stand auch bei den ersten regelmäßigen Auftritten Loriots im Fernsehen im Mittelpunkt. Damals war es noch rot. Auf ihm saß Loriot, um im Süddeutschen Rundfunk die ARD-Sendung "Cartoon" zu moderieren, wo hier und dort auch seine eigenen Cartoons gesendet wurden.
Seine eigenen Zeichentrickfilmchen, in denen meist knollennasige Menschen und – natürlich – Hunde auftraten, stahlen dem Künstler selbst jedoch bald wieder die Show. Den berühmtesten Hund schuf Loriot für das ZDF. Bei einem Zuschauer-Voting erhielt dieser fast den Spitznamen des damals sehr beliebten Bremer TV-Moderators Hans-Joachim Kulenkampff: "Kuli". Doch auch der Moderator Wim Thölke stand beim Publikum hoch im Kurs. So entschieden sich die Fernsehmacher salomonisch für den Namen "Wum". Mit dem von Loriot intonierten Lied "Ich wünsch mir ’ne kleine Miezekatze" schaffte es der Zeichentrickhund später sogar bis an die Spitze der deutschen Musikcharts.
Im Schatten seiner Zeichentrickfiguren schien für Loriot selbst die Karriere im TV nur von kurzer Dauer zu sein. 1972 lief die letzte Folge seiner Sendung "Cartoon".
5 "An meiner Seite hatte ich meinen Glücksfall: Evelyn Hamann"
Einige Jahre später jedoch folgte das Comeback. "Nach einigen Jahren freiwilliger Fernsehabstinenz überredete mich Dieter Ertel, der inzwischen Programmdirektor bei Radio Bremen geworden war, meine Fernseharbeit wieder aufzunehmen", dokumentierte der Künstler in seiner Autobiografie. So saß er ab dem Frühjahr 1976 wieder vor der Kamera. Diesmal allerdings auf einem grünen Sofa.
Das gleiche in grün, was der Süddeutsche Rundfunk bereits mit Loriot getan hatte, war es aber nicht. Denn diesmal war alles auf den feingeistigen Humoristen selbst zugeschnitten – und auf seine neue TV-Partnerin.
An meiner Seite hatte ich meinen Glücksfall: Evelyn Hamann.
Loriot in seiner Autobiografie "Möpse & Menschen"
Von 1976 bis 1978 produzierte das Duo sechs 45-minütige Sendungen, gefüllt mit Sketchen und Cartoons – und moderiert vom grünen Sofa aus. Wie detailversessen es dabei zuging, verrät schon der Umstand, dass Loriots Jackett während der Moderationen am Rücken mit zahlreichen Fäden fixiert war, um jeden Faltenschlag zu verhindern.
6 "Früher war mehr Lametta!"
In Bremen entstanden so jene Klassiker, die nichts von ihrer zeitlosen Komik eingebüßt haben. "Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten", sagte Loriot einst. Und von diesen Protagonisten brachte er in diesen Jahren einige hervor.
Der Cartoon "Herren im Bad" ("Die Ente bleibt draußen!") um Herrn Müller-Lüdenscheidt und Herrn Dr. Klöbner ist – bis auf den Siebziger-Jahre-Charme – ebenso zeitlos wie der Sketch "Die Nudel" (“Bitte, sagen Sie jetzt nichts!“).
Geflügelte Worte brachte auch der Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts" um die gleichnamige Familie hervor, in der Loriot als Opa Hoppenstedt ("Früher war mehr Lametta!") auftritt. Für das Kind Dicki hatte sich Radio Bremen damals für die Bremer Schülerin Katja Bogdanski entschieden. Ebenfalls beworben hatte sich der damals zwölfjährige Hape Kerkeling.
7 "Lieber Gott, viel Spaß!"
Loriot blieb auch nach seiner großen Zeit bei Radio Bremen ein fleißiger Zeichner und Herausgeber zweifelhafter Ratgeber wie "Die Ehe für Anfängerinnen". Nebenbei schrieb, drehte und spielte er die Hauptrolle in den Kinofilmen "Ödipussi" (1988) und "Pappa ante portas" (1991).
Und bald begann auch die Jahrzehnte währende Zeit der Ehrungen und Rückschauen auf einen der größten deutschen Künstler und Komiker. So schaffte es beispielsweise die von Loriot 1976 in einem Sketch für Radio Bremen beschriebene Steinlaus sieben Jahre später als Petrophaga lorioti in das medizinische Wörterbuch Pschyrembel. Selbst Spinnen und Schulen tragen mittlerweile seinen Namen.
2006 zog sich Loriot schließlich aus dem Fernsehen zurück. 2011 starb er in seiner Wahlheimat am Starnberger See. Der Art Directors Club, dessen Ehrenmitglied Vicco von Bülow als gelernter Werbegrafiker war, veröffentlichte eine Zeitungsanzeige mit nur einem Satz: "Lieber Gott, viel Spaß!"
Dieses Thema im Programm: buten un binnen., 6. November 2023, 19:30 Uhr