Hintergrund

Konzertpalast bis Wolkenkratzer? 7 gescheiterte Megaprojekte in Bremen

Daniel Libeskind, Architekt und Musiker aus Los Angeles, stellt am 09.09.1995 sein "Musicon"-Modell vor.
Daniel Libeskind zeigt das Modell seines Konzerthaus-Entwurfs "Musicon". Der Star-Architekt scheiterte gleich zweimal mit Leuchtturmprojekten in Bremen. Bild: dpa | Kay Nietfeld

Bei manchen Bremer Bauprojekten sind viele froh, dass sie den Planungsstatus nie verlassen haben. Andere, wie eine Seilbahn, werden bis heute diskutiert. Ein Überblick.

Wenn es um die Bremer Stadtentwicklung geht, wird gerne und viel diskutiert. Manche Ideen schweben über viele Jahre durch die Bremer Politik. Jüngstes Beispiel: Die jetzt wieder von der CDU geforderten Seilbahngondeln, mit denen Bremerinnen und Bremer Überseestadt und Weser überqueren sollen.

Schon 2019 regte die CDU den Bau einer Seilbahn in Bremen an. Daraus geworden ist bislang nichts. Dieses Projekt könnte sich nun einreihen in jene Vorhaben, die es in Bremen über viele Jahre immer wieder aus der Versenkung in die politische Debatte geschafft haben.

Dies sind sieben der bekanntesten Beispiele.

1 (K)eine U-Bahn für Bremen

Fotomontage: Eine Bremer U-Bahn mit Ziel Huchting in einer U-Bahn-Station. Grundlage für diese Bildmontage ist ein Foto der Berliner U-Bahn aus den1960er Jahren.
So hätte sie aussehen können, eine Bremer U-Bahn. Gebaut wurde sie allerdings nie. Bild: Archiv Bremer Zentrum für Baukultur

Bremen wird immer wieder als "Dorf mit Straßenbahn" bezeichnet. Denn anders als etwa in Hamburg oder Hannover gibt es hier keine U-Bahn.

Dabei befürworteten schon 1952 erste Gutachten den Bau unterirdischer Trassen zwischen Ostertor und Doventor, mit dem Hauptbahnhof in der Mitte. Ende der 1950er Jahre plante die BSAG bereits drei Tunnelröhren für eine "Unterpflaster-Straßenbahn" entlang der innerstädtischen Hauptrouten – rund um den Bahnhof bis zur Bürgermeister-Smidt-Brücke und zur Wilhelm-Kaisen-Brücke. Auch eine Strecke unterhalb der Obernstraße bis zur Kunsthalle war vorgesehen.

1967, zwei Jahre nach Baubeginn der U-Bahn in Hannover, wurde ein weiteres Gutachten veröffentlicht, das sogar den Bau von vier kompletten U-Bahn-Linien für Bremen vorsah – erweitert durch ein S-Bahn-Projekt.

Umgesetzt wurden all diese Pläne nie. Der wichtigste Grund: Es fehlte das Geld.

Eine Straßenbahn an der Haltestelle Domsheide in Bremen spiegelt sich in einer Pfütze.

Geplant, aber niemals gebaut: Darum hat Bremen keine U-Bahn

Unterirdische Bahnen gibt es in Bremen nicht. Wer den Nahverkehr nutzt, ist vor allem mit Bus und Straßenbahn unterwegs. Dabei wäre die U-Bahn fast gekommen.

Quelle: Radio Bremen | Cengiz Kültür

Autorin: Bianca Marstaller

2 Straßenbahn in die Martinistraße

Eine Straßenbahn fährt durch die Obernstraße in der Bremer Innenstadt.
Mehrfach wurde in Bremen darüber debattiert, die Straßenbahn von der Obernstraße in die parallel gelegene Martinistraße zu verlegen. Bild: dpa | Markus Mainka

Auch vergleichsweise kostengünstigere ÖPNV-Projekte sind in Bremen immer wieder gescheitert. So erwog der Senat schon während des Wiederaufbaus Bremens nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er Jahren die Verlegung der Straßenbahn aus der Obernstraße in die Martinistraße. Die Pläne wurden allerdings nicht weiterverfolgt. Stattdessen wurde die Martinistraße zu einer Hauptschneise für Autos ausgebaut.

In den 1990er Jahren wurden die alten Pläne mit dem Aufleben der Schlachte wieder hervorgekehrt. Und spätestens 2004, als Rathaus und Roland zum Weltkulturerbe erklärt wurden, war die Verlegung der Schienen und schweren Straßenbahnen weg vom Weltkulturerbe wieder Thema in der Politik.

Fast 75-jährige Debatte

Die Debatte schleppte sich über Jahre. 2019, nachdem Bremens ehemaliger Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) den Umbau der Domsheide zur Chefsache erklärt hatte, bekam sie dann neuen Schwung. 2021 griff sein Nachfolger Andreas Bovenschulte (SPD) die Idee auf, den Umbau der Domsheide mit einer Verlegung der Straßenbahn aus der Obernstraße in die Martinistraße zu verbinden. Diesen von der Bremer Handelskammer favorisierten Plan verfolgte auch die CDU.

Ende 2022 wurde schließlich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Technisch wäre die Verlegung möglich. Aber: Für Bremen wäre auch diese Maßnahme schlicht zu teuer.

3 Libeskind-Hochhäuser am Brill

Liebeskind Entwurf für Hochhäuser auf dem Sparkassengelände
Ein Leuchtturmprojekt für die einen, eine Bausünde für die anderen – am Libeskind-Entwurf für das Sparkassengelände am Brill schieden sich seit 2019 die Geister. Bild: Studio Liebeskind

Nicht weit entfernt von Obernstraße und Martinistraße trug sich ein anderer Streit um ein geplantes Bremer "Leuchtturmprojekt" zu. Als "faszinierend" bezeichnete Bremens ehemaliger Bausenator Joachim Lohse (Grüne) im Februar 2019 die Pläne des US-Stararchitekten Daniel Libeskind, der vier Türme für das Sparkassen-Gelände am Brill entworfen hatte – der höchste von ihnen mit 98 Metern fast so hoch wie Bremens Domspitzen.

Doch so spektakulär die Entwürfe für das rund 11.000 Quadratmeter große Areal waren, so umstritten waren sie auch. Bremens Architektenkammer meckerte, Bremens Denkmalschützer lehnte sich auf und auch das Bauressort meldete Bedenken an. Nach langem Hin und Her mit der Stadt zogen die Investoren um die israelische Schapira-Gruppe ihre Neubaupläne schließlich im Oktober 2020 zurück.

4 Konzertpalast "Musicon"

Die Brill-Hochhäuser waren nicht der erste Versuch des New Yorker Architekten Daniel Libeskind, sich in Bremen zu verwirklichen. Ein weiteres wäre das so genannte "Musicon" gewesen. Ein futuristisch anmutendes Konzerthaus, gebaut neben der Bremer Stadthalle, mit 2.500 Sitzplätzen, also rund 1.000 Plätzen mehr als im Großen Saal der Glocke.

Libeskind gewann 1995 mit seinem Entwurf aus ineinander verschobenen Würfeln zwar einen vom Förderkreis "Musicon" ausgeschriebenen internationalen Architekturwettbewerb. Doch die 1,5 Millionen D-Mark (770.000 Euro) Spenden der sechs Jahre zuvor gegründeten Privatinitiative hätten wohl nicht im Ansatz für den Bau gereicht. Denn die Baukosten wurden auf bis zu 120 Millionen D-Mark (61 Millionen Euro) geschätzt.

Bremens ehemaliger Bürgermeister Henning Scherf bezeichnete die Pläne daher auch als "fröhliche Idee von ein paar alten Leuten". Der Förderkreis blieb dennoch auch noch Jahre später bestehen – ebenso wie die Idee eines Bremer Pendants zur Hamburger Elbphilharmonie.

Warum in den 90er-Jahren ein Libeskind-Projekt in Bremen scheiterte

Bild: Radio Bremen

5 Zechs "City Galerie Bremen"

Auch Bremens bekanntester Bauunternehmer Kurt Zech steht in der Liste jener Macher, die in der Hansestadt schon mit Großprojekten gescheitert sind. Am bekanntesten ist wohl das von ihm 2017 initiierte Projekt "City Galerie Bremen".

Logo am Gebäude von Galeria Kaufhof in der Bremer Innenstadt.
Am nicht geglückten Erwerb des Kaufhof-Gebäudes scheiterten die 2017 vorgestellten Umgestaltungspläne des Bremer Bauunternehmers Kurt Zech. Bild: Radio Bremen | Martin von Minden

Rund um das Parkhaus Mitte, Karstadt und Kaufhof wollte er bis spätestens 2031 ein zukunftsweisendes Bauensemble schaffen – so die Pläne, die von der Stadt mit Wohlwollen aufgenommen wurden.

Als großes Problem erwies es sich für Zech jedoch, den zwingend erforderlichen Erwerb der Kaufhof-Immobilie in trockene Tücher zu bringen. Denn der Inhaber der Immobilie, der Immobilienkonzern DIC, stellte sich quer. So wurde über viele Jahre über die Chancen des "Leuchtturmprojekts" gesprochen und geschrieben. Zu Bauantrag, Baugenehmigung, Abbruch des Parkhauses, Baubeginn und Fertigstellung der "City Galerie" kam es jedoch nie.

2024 hat die Stadt überraschend selbst das Parkhaus Mitte und das ehemalige Kaufhof-Gebäude übernommen. Wann genau ein neues Quartier entstehen könnte, ist aber noch offen. Geplant sind Baumaßnahmen ab frühestens Ende 2026.

6 "Promotionpark" am Güterbahnhof

Ein Bahnübergang führt zum ehemaligen Bremer Güterbahnhof.
Dieser Bahnübergang ist bis heute ein Hindernis für die gewerbliche Entwicklung des Geländes rund um den alten Güterbahnhof. Bild: Radio Bremen | Milan Jaeger

Eine spektakuläre Skyline für Bremen? Auch darüber wird immer wieder diskutiert. Als passender Ort galt Jahre lang der so genannte "Promotionpark" am Bremer Güterbahnhof, westlich des Hauptbahnhofs. Der Stadtteil hätte auf einer Fläche von bis zu 20 Fußballfeldern entstehen sollen, inklusive Hochhäusern am Richtung Findorff gelegenen westlichen Ende.

Anfang der 1990er Jahre wurde dies erstmals diskutiert. Ein Jahrzehnt später wurden die Pläne in einem Gutachten des Architekten Volkwin Marg im Auftrag der damaligen Senatorin für Bau und Umwelt, Christine Wischer (SPD), erneut aufgegriffen. Marg beschrieb den Bereich des ehemaligen Güterbahnhofs darin als "attraktiven Standort für ein Hochhausensemble, das an dieser Stelle zweifelsohne auch die Skyline Bremens bereichern könnte."

Kulturmeile statt Skyline

2002 hat die Stadt Bremen der Deutschen Bahn das Gelände abgekauft. Seitdem ist es im Gewerbeentwicklungsprogramm aufgeführt – aber bislang nicht erschlossen worden. Ein Grund: Alle paar Minuten rollen noch immer Züge auf dem "Oldenburger Gleis" über das Gelände und schneiden die "Promotion City" vom Rest der Stadt ab.

Das freut bis heute die rund 200 Kulturschaffenden und Kreativen, die sich in den Gebäuden des ehemaligen Güterbahnhofs angesiedelt haben.

7 "Mozarttrasse" durchs Viertel

Die Stephani-Brücke und das nördlich der Weser gebaute Hochstraßengeflecht galten seit den 1920er Jahren als Muster des autogerechten Städtebaus. In Bremen wurde von dieser Zukunft allerdings nur jener Teil verwirklicht, der heute Pendler über die B6 und verwobenen Zubringerstraßen in die City-nahen Stadtteile lotst. 1939 wurde diese "Nordtangente" eröffnet. Dann jedoch brach der Zweite Weltkrieg aus.

Ostertorgebiet-Rembertikreisel 50er Jahre in Bremen.
Der spätere Rembertiring in den 1950er Jahren. Im Hintergund Viertel, Weserstadion und Hastedter Kraftwerk. Bild: Bildarchiv des Bremer Zentrums für Baukultur

Dies stoppte den Bau weiterer Tangenten – unter anderem die so genannte "Mozarttrasse", die sich den Stadtplanern zufolge vom Bahnhofs- und Rembertiviertel durch das gesamte Ostertorviertel bis hin zur per Brücke verbundenen Neustadt ziehen sollte.

Erst 1959 genehmigte der Senat das Megaprojekt. Die heutige Hochstraße, die am Bahnhof vorbeiführt, wurde 1969 eingeweiht. Der anschließende Rembertikreisel war bereits zwei Jahre zuvor 1967 fertiggestellt worden.

Doch die Pläne, die Trasse mit Brücken und Tunneln quer durch das Viertel weiterzuführen und parallel bis zu 28 Stockwerke hohe Gebäude nach dem Vorbild "Osterholz Tenever" zu errichten, stieß auf Widerstand. Beerdigt wurde das Projekt "Mozarttrasse" – nach langer Debatte – Ende 1973 durch einen Beschluss der Bremischen Bürgerschaft.

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Quelle: buten un binnen.