Bündnis fordert mehr Einsatz für Kolonialismus-Aufarbeitung in Bremen
Bei der Aufarbeitung der Bremer Kolonialgeschichte herrsche aktuell Stillstand, meint das Dekoloniale Netzwerk Nordwest. Die Bemühungen müssten über die bisherige Symbolpolitik hinausgehen.
"Das Engagement hängt immer an Individuen, in Bremen gibt es keine Strukturen für die Aufarbeitung", meint Norman Aselmeyer. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Bremen und beschäftigt sich mit Kolonialgeschichte.
Gemeinsam mit dem Dekolonialen Netzwerk Nordwest hat er zuletzt die Tagung "Der Elefant im Raum" organisiert. Dabei ging es um Bremens koloniale und post-koloniale Geschichte. Als Abschlusserklärung verfassten die Teilnehmerinnen den Offenen Brief an die Bremische Bürgerschaft und die Senatsressorts. Einzelne Politikerinnen hätten sich darauf bereits gemeldet, sagt Aselmeyer.
Bündnis fordert Forschungsstelle und Kulturzentrum
Das Bündnis fordert drei Stellen, die sich gegenseitig ergänzen sollen, um das Thema in Bremen auf Dauer bearbeiten zu können. Eine Koordinierungsstelle soll den Austausch von verschiedenen Initiativen und Einrichtungen im Land Bremen gewährleisten, aber auch beratend tätig werden und sich bundesweit mit ähnlichen Stellen vernetzen. Eine Forschungsstelle zur kolonialen Geschichte soll an der Universität Bremen angesiedelt werden, und ein Kultur- und Dokumentationszentrum soll als Gedenkort und Ort für kulturelle Veranstaltungen dienen.
Die Mehrheit in der Bremischen Bürgerschaft hatte im Februar 2021 Forderungen zur "Fortsetzung und Intensivierung des Bremer Erinnerungskonzeptes Kolonialismus" beschlossen. Die Umsetzung dessen möchte das Bündnis ebenfalls vorantreiben.
"Die Forschungsstelle soll die Basis bilden, um aktiv zu werden. Es muss eine unabhängige Stelle sein, die keine Direktion von der Politik bekommt und sie muss mit den jeweiligen Communities in Kontakt bleiben", sagt Aselmeyer. Das Bündnis fordert weiter die Einrichtung eines Kultur- und Dokumentationszentrums Kolonialismus in Bremen. "Das soll nicht nur ein Ort des Erinnerns sein, sondern auch für kulturelle Veranstaltungen, und eine eigene Öffentlichkeitsarbeit haben", sagt Aselmeyer. Dort sollen Schulungen für Lehrerinnen und Lehrer und Besuche von Schulklassen organisiert werden. Das Thema Bremer Kolonialgeschichte sei noch nicht in den Schulen angekommen, meint Aselmeyer.
Forderungen als Antrag in der Bürgerschaft?
"Das Thema wird in Bremen schon länger bearbeitet, seit 2016 ist es ein gut dokumentierter Prozess", sagt Werner Wick, Pressesprecher des Bremer Kulturressorts, zu den Forderungen. Entstanden seien aus dieser Arbeit unter anderem die kulturpolitischen Leitlinien zum Umgang mit kolonialem Erbe. Auch im Focke-Museum werde das Thema im Auftrag des Kultursenators weiter bearbeitet.
Der Wille sei also da, schwieriger werde es beim Punkt der Finanzierung, sagt Wick und verweist auf die jüngsten Haushaltsverhandlungen. Da sich das Schreiben auch an die Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft richtet, besteht die Möglichkeit, das Anliegen als Antrag einzubringen und dann das Landesparlament darüber Beschluss fassen zu lassen.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. November 2023, 19:30 Uhr