Interview
Wahlkampf auf TikTok: Erreichen die Parteien junge Bremer?

TikTok hat sich als fester Bestandteil im Wahlkampf vieler Parteien etabliert. Kommen die Politiker mit ihren Inhalten auch bei ihrer Zielgruppe in Bremen an?
"Scholz regelt", "Merz Vibes" – das sind die Videobeschreibungen, mit denen die SPD und die CDU versuchen, junge Leute auf TikTok anzusprechen. Manche davon sind aufwendig produziert, andere dagegen wirken spontan gefilmt. Authentisch sein und Wähler gewinnen: Das ist vor allem das Ziel hinter den Videos.
Die Relevanz der Plattform ist nicht zu leugnen: TikTok ist in Deutschland auf Platz drei der meistgenutzten Social-Media-Angebote. Laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2024 sind 38 Prozent der 14- bis 29-Jährigen dort täglich unterwegs. Kann TikTok ihre Wahlentscheidung tatsächlich beeinflussen? Wir haben drei junge Bremerinnen und Bremer gefragt.
1 Steckbrief: Janne aus Bremen

Name: Janne
Alter: 19 Jahre
Wohnort: Bremen
Beruf: Schülerin
Fällt dir auf, dass auf TikTok jetzt gerade vor der Wahl viel los ist?
Ja, mir werden sehr viele Videos zu Parteien und der Frage, was man wählen sollte, von großen TikTokern angezeigt. Die gehen zum Beispiel sehr stark gegen die AfD. Die propagieren, dass man zum Beispiel eher die Linken oder die Grünen wählen soll.
Das finde ich ein bisschen kritisch, dass große Influencer ihre Meinung so stark vertreten, weil deren User die Meinung wahrscheinlich übernehmen, wenn man von denen begeistert ist.
Merkst du, dass die Parteien solche Plattformen wie TikTok für sich entdeckt haben?
Ich würde auf jeden Fall sagen, dass die Parteien das sehr stark nutzen. Ich glaube, ich habe noch keine Partei nicht auf den sozialen Medien gesehen. Sie versuchen, dort die junge Wählerschaft stark anzusprechen – ich glaube, es ist bekannt, dass vor allem jüngere Menschen auf TikTok unterwegs sind.
Würdest du sagen, du triffst deine Wahlentscheidung auch abhängig vom Auftreten der Parteien auf TikTok?
Mich persönlich beeinflusst das nicht, weil ich mir denken kann, dass sehr viel davon Fake News sind oder es fake dargestellt ist. Aber ich kann mir vorstellen, dass sehr viele junge Wähler anhand von ihrem TikTok-Wissen wählen – oder danach wählen, wie sympathisch die dort wirken.
Oft wirkt es auch ein bisschen unangenehm, weil die sehr stark versuchen, das junge Publikum anzusprechen und dann schnell mal daneben greifen.
2 Steckbrief: Ilja aus Bremen-Nord
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Name: Ilja
Alter: 18 Jahre
Wohnort: Bremen-Nord
Beruf: jobbt in Teilzeit
Spielt TikTok bei dir vor der Bundestagswahl eine Rolle?
Mir wird nicht so viel Politisches angezeigt, aber wenn, dann eher von anderen Parteien als der FDP. Sonst nehme ich das eher durch Werbung wahr als durch TikTok.
Hast du das Gefühl, die Parteien haben TikTok für sich entdeckt?
Ja, auf jeden Fall. Die erreichen damit auch viel. Gerade viele jüngere Menschen sind auf TikTok unterwegs und vor allem auch die, die jetzt wählen dürfen. Auch die ganzen Interviews mit Olaf Scholz (SPD) zum Beispiel. Und viele Journalisten machen das auch, dass die auf TikTok Fragen stellen und Trends nachgehen.
Siehst du manchmal was von den Parteien auf TikTok, was du unangenehm findest, weil auf jung getan wird?
Definitiv. Schon während Corona, mit den ganzen Kampagnen, wo die für die Impfung geworben haben, durch Influencer. Das fand ich ein bisschen eigenartig. Es ist schon komisch, weil die in dem Moment nicht sie selbst sind – sondern versuchen, uns zu erreichen. Und das ist nicht authentisch.
3 Steckbrief: Aila aus Schwachhausen
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Name: Aila
Alter: 20 Jahre
Wohnort: Bremen-Schwachhausen
Beruf: Studentin
Nimmt die Präsenz der Parteien in den sozialen Medien und auf TikTok zu und wird dort versucht, die Stimmen der jungen Leute zu gewinnen?
Ja, schon. Ich habe selbst kein TikTok, aber auf Instagram merkt man das. Das schwappt ja auch oft rüber, dass auch die Politiker selbst aktiver werden, um mehr Einfluss zu haben und die jungen Leute da reinzuziehen.
Das ist ja auch gut, weil man sich damit beschäftigen sollte. Und wenn das der Weg ist, ist das nicht schlecht. Aber man muss das filtern, ob das so richtig ist oder nicht.
Das heißt, du informierst dich noch über andere Wege als nur über die sozialen Medien?
Instagram und TikTok sind vor allem Unterhaltungsplattformen und das sollte man nicht zur primären Informationsquelle nehmen, sondern sich noch mal differenzierter woanders informieren.
Man ist da in seiner Blase drin und es ist sehr auf einen selbst zugeschnitten, sodass man nur die Informationen bekommt, die vom Algorithmus ausgespielt werden. Und dann ist es wichtig, dass man sich auch noch mal Gegenpositionen anguckt.
TikTok ist also gut, um junge Menschen zu erreichen – aber würdest du sagen, dass man sich trotzdem anders informieren sollte?
Ich habe letztens einen Beitrag gesehen von einer Influencerin, die die Optionen aufgezeigt hat, wie man taktisch wählen kann – und gegen rechts.
Das ist meine Bubble und das finde ich gut und inspirierend. Davon lasse ich mich gerne inspirieren. Aber es gibt auch die andere Seite und da muss man sehr vorsichtig sein, weil man durch den Algorithmus auf eine Seite gezogen wird.
Bremer Jugendliche lassen sich von Tiktok-Wahlwerbung nicht beirren
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 8. Februar 2025, 19:30 Uhr