Das waren die 6 größten Streitpunkte im Wahlmobil zur Wirtschaftslage

Wahlmobil aus Bremen: Kann es ein neues Wirtschaftswunder geben?

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Deutschlands Wirtschaft hat zwei Rezessionsjahre hinter sich. Besserung? Kaum in Sicht. Wie Bremens Bundestagskandidaten das ändern wollen, erklärten sie im Wahlmobil.

Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) und Sandra Schmull (CDU)
Kirsten Kappert-Gonther, Spitzenkandidatin der Bremer Grünen und Sandra Schmull (mit Mikrofon), Landesvorsitzende der Jungen Union und Direktkandidatin der CDU. Bild: Radio Bremen

In der Union-Brauerei in Bremen-Walle diskutierten die Bundestagskandidatinnen Sandra Schmull (CDU), Ulrike Hiller (SPD), Doris Achelwilm (Linke), Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) und Kandidat Volker Redder (FDP) am Dienstag die Frage: Kann es ein zweites Wirtschaftswunder geben?

Dabei stellten sie sich nicht nur den Fragen des Moderators Felix Krömer, sondern auch denen des Publikums.

1 Meinungsmelder, Ampel und Lage der Wirtschaft

Die Radio Bremen Meinungsmelderinnen und Meinungsmelder schätzen die Wirtschaftslage in einer aktuellen Befragung als mangelhaft ein. "Schlecht", "Katastrophe" und "schwierig" sind die am häufigsten genannten Begriffe, die den Befragten dazu einfielen.

Auch die Direktkandidaten in der Wahlmobil-Runde am Dienstag sahen den Zustand der Wirtschaft nach zuletzt zwei Rezessionsjahren kritisch. "Wenn wir uns die vergangenen drei Jahre ansehen, müssen wir sagen, dass wir zu viele Insolvenzen haben", sagte Sandra Schmull (CDU). Sie machte dafür, wie auch FDP-Kandidat Volker Redder, die Ampelkoalition verantwortlich. Von den 49 Punkten, die eigentlich von der Koalition vereinbart worden waren, seien keine umgesetzt worden, sagte Redder. "Daher war der Bruch der Koalition richtig."

Ulrike Hiller (SPD)
Ulrike Hiller, Spitzenkandidatin der Bremer SPD. Bild: Radio Bremen

Ulrike Hiller (SPD) und Grünen-Spitzenkandidatin Kirsten Kappert-Gonther verwiesen in der Debatte hingegen auf die Corona-Krise und den von Russland geführten Angriffskrieg gegen die Ukraine. In dieser Kriegslage habe Deutschland sich unabhängig gemacht von russischem Gas und die regenerativen Energien massiv ausgebaut, sagte Kappert-Gonther. Die Ampel sei ein schwieriges Bündnis gewesen. "Dieser Teil ist aber geglückt."

2 Gegenfinanzierung von Steuerentlastungen

Debattiert wurde auch über die Gegenfinanzierung der Steuerpläne der Parteien. "Wie will die CDU eine Wirtschaftspolitik mit Steuerentlastungen gewährleisten, ohne eine Gegenfinanzierung zu liefern?", lautete eine Zuschauerfrage.

"Das erste, was wir machen müssen, ist einsparen", sagte daraufhin CDU-Kandidatin Schmull. Es werde zu viel Geld für Verwaltung ausgegeben. Ein zweiter Aspekt sei das Wachstum. So brächte ein Prozent Wachstum rund zehn Milliarden Euro Mehreinnahmen.

Diese Pläne sind mit den Grundrechenarten nicht vereinbar.

Kirsten Kappert-Gonther, Spitzenkandidatin der Bremer Grünen

Eine solche Rechnung gehe nicht auf, kritisierte hingegen die Grünen-Politikerin Kappert-Gonther. Denn dazu bräuchte es ein zehnprozentiges Wachstum. "Das ist unrealistisch!"

Auch SPD-Spitzenkandidatin Hiller entgegnete: "Was mich besonders ärgert, ist, dass es sehr nebulös ist, wo das Geld herkommen soll." Wobei sie sich explizit auf die Wahlversprechen der CDU, FDP und AfD bezog.

3 Abbau von Bürokratie

Die Frage nach der Gegenfinanzierung der Wahlversprechen verknüpfte FDP-Kandidat Redder mit dem nächsten Thema – der Bürokratie. Redder geht davon aus, Milliarden durch Bürokratieabbau einsparen zu können. Im Verlaufe des Gesprächs nannte er zunächst ein Potenzial von rund 400 Milliarden Euro, später dann von 200 Milliarden Euro.

Volker Redder (FDP)
Volker Redder, Bundestagsabgeordneter der FDP und Spitzenkandidat der Liberalen in Bremen. Bild: Radio Bremen

Vor allem das Lieferkettengesetz, das deutsche Unternehmen dazu verpflichtet, weltweit auch bei Zulieferern auf den Schutz von Umwelt, Menschen- und Kinderrechten zu achten, wurde sowohl vom FDP-Kandidaten wie auch von der CDU-Kandidatin als problematisch eingeschätzt, da es mit hohen bürokratischen Kosten einhergehe.

Linken-Kandidatin Achelwilm war bei diesem Thema indes wichtig, dass eine Differenzierung von kleinen und großen Unternehmen vorgenommen werden müsse. "Da kann man nicht alle über einen Kamm scheren", sagte sie.

4 Wasserstoff und grüner Stahl

Mehr Einigkeit herrschte hingegen beim für Bremen besonders wichtigen Thema "grüner Stahl". Anlass der Debatte war eine Aussage des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, der angezweifelt hatte, ob grüner Stahl mit Wasserstoff überhaupt komme.

Wir haben leider noch nicht grünen Wasserstoff, den wir brauchen, zu wettbewerbsfähigen Preisen und nicht die Produktionsmöglichkeiten für Stahl, die mit Wasserstoff betrieben werden können.

Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der CDU, im Januar 2025

Dies wurde von SPD, Grünen und Linken stark kritisiert. "Bundespolitisch ist das ein fatales Signal, wenn daran gezweifelt wird", sagte Linken-Kandidatin Achelwilm. "Solche Aussagen sind brandgefährlich", sagte auch Hiller von der SPD.

Doris Achelwilm (Linke)
Doris Achelwilm, Spitzenkandidatin der Bremer Linken. Bild: Radio Bremen

CDU-Kandidatin Schmull schränkte hingegen ein, dass Merz nur gesagt habe, grüner Stahl sei jetzt noch nicht wettbewerbsfähig. "Natürlich müssen wir an diese Transformation ran", sagte sie. Es werde aber kosten, darüber müsse man sich bewusst sein.

Die Kosten und die geplanten Subventionen kritisierte dann auch FDP-Politiker Redder. Es sei nur nachhaltig, wenn die Unternehmen selber investierten. "Subventionen funktionieren am Ende nicht", sagte Redder.

5 E-Mobilität oder Verbrenner

Im Hinblick auf die E-Mobilität zeigte sich FDP-Spitzenkandidat Redder ebenfalls reserviert. "Bislang sind E-Fuels überlegen", sagte er und warb für Technologieoffenheit.

Dem widersprach Kirsten Kappert-Gonther (Grüne). International sei die Debatte hin zur E-Mobilität längst entschieden. Nun müsste auch in Deutschland die Infrastruktur, beispielsweise E-Tankstellen, ausgebaut werden. Dafür brauche es Planungssicherheit. "Nach 2035 keine Verbrenner mehr, dafür sind die Grünen", sagte sie. "Technologieoffenheit darf keine Chimäre dafür sein, Klimaziele zu schreddern."

"Wir müssen aus dem Verbrenner raus", sagte auch Linken-Spitzenkandidatin Achelwilm.

Sandra Schmull (CDU) warf hingegen die Frage in den Raum: "Wo soll der ganze Strom für die Elektroautos herkommen?"

6 Lebensstandard und Verteilung

Gegen Ende des Abends kamen noch einmal die Meinungsmelder zu Wort. So fürchten die Hälfte von ihnen, künftig Abstriche beim Lebensstandard machen zu müssen. Das wiederum war für Felix Krömer Anlass, nochmal auf das Thema Verteilung einzugehen.

"Wir müssen an die obersten Vermögen rangehen und Steuergerechtigkeit herstellen", sagte Doris Achelwilm (Linke). Menschen bis 7.000 Euro brutto sollen entlastet werden. "Darüber wollen wir ansetzen."

Sandra Schmull (CDU) und Ulrike Hiller (SPD)
Sandra Schmull, Direktkandidatin der CDU, und Ulrike Hiller, Spitzenkandidatin der Bremer SPD. Bild: Radio Bremen

Ulrike Hiller von der SPD sah sich in der Frage der gerechten Umverteilung mit den Grünen und mit den Linken "sehr dicht beieinander". "Es kann mir nur gut gehen, wenn es anderen auch gut geht", sagte sie.

Anders sahen es hingegen CDU und FDP. So wolle die CDU das Bürgergeld reformieren und durch die Grundsicherung ersetzen. "Wer arbeitslos geworden ist, soll auskömmlich finanziert werden", sagte CDU-Kandidatin Schmull. Wer nicht arbeiten möchte, der solle sanktioniert werden, so Schmull.

"Wir haben schon das Problem, dass das Lohnabstandsgebot nicht eingehalten wird", sagte FDP-Kandidat Redder. Das bedeute, nicht zu arbeiten sei manchmal lohnender als zu arbeiten.

Das sinnvollste Bürgergeld ist aber das selbstverdiente.

Volker Redder (FDP), Bundestagsabgeordneter der FDP und Spitzenkandidat der Liberalen in Bremen

In Deutschland gebe es derzeit die Situation, dass zu viele Leute zu viel Geld bekämen, so Redder. Kirsten Kappert-Gonther warf dem FDP-Kandidaten daraufhin einen Angriff auf das Sozialsystem vor.

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen Wahlmobil, 18. Februar 2025, 18:15 Uhr