Warum diese Bremerin mit Migrationsgeschichte wieder wählen geht

Warum diese Bremerin nach langer Zeit wieder wählen geht

Bild: Radio Bremen

Zum ersten Mal seit Jahren geht Jasmin Miri wieder wählen – auch wegen der politischen Stimmung. Sie möchte ihre Stimme nutzen und andere motivieren, das Gleiche zu tun.

Für Jasmin Miri ist die bevorstehende Bundestagswahl etwas Besonderes. Die 38-Jährige aus Kattenturm gibt das erste Mal nach langer Zeit wieder ihre Stimme ab. Viele Jahre sei sie am Wahltag zu Hause geblieben, erzählt sie.

Ich habe mich nicht anerkannt gefühlt. Auch in meinem Umfeld. Es hat sich ja auch sonst keiner um meine Probleme gekümmert.

Jasmin Miri

Jetzt aber möchte sie ihre Stimme nutzen. Und wieder mitbestimmen. "Weil ich das Gefühl habe, dass die Diskriminierung in der letzten Zeit wieder zugenommen hat", sagt die Bremerin.

Sie fühlte sich von der Politik nicht gesehen

Jasmin Miri ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, ihr Vater kam Ende der 1970er Jahre mit seinen Kindern nach Deutschland. In der Vergangenheit fühlte sie sich von der Politik oft nicht gesehen. Was irgendwelche Politikerinnen und Politiker entschieden haben, hatte keine unmittelbare Auswirkung auf ihr Leben, sagt sie.

So wie ihr geht es in ihrem Stadtteil auch anderen. Die Hälfte der Menschen in Kattenturm haben Migrationshintergrund, einige fühlen sich von der Politik abgehängt. Nur knapp jeder Dritte in dem Ortsteil geht wählen.

Der Verein Lichtgrenze will zur Wahl motivieren

Saher Khanaqa-Kükelhahn, Verein Lichtgrenze
Saher Khanaqa-Kükelhahn engagiert sich beim Verein Lichtgrenze. Bild: Radio Bremen

Grund für Miris Kehrtwende ist eine Wahl-Aktion des Vereins Lichtgrenze Bremen, von der sie erfahren hatte. Das Ziel: mehr deutsche Frauen mit Migrationshintergrund motivieren, wählen zu gehen. Eine Sache, bei der sie die Initiatorin nun unterstützen will.

"Für uns ist es total wichtig, eine Wählergruppe zu erreichen, die sonst nicht erreicht worden ist, weder von den Medien, noch von der Politik", betont Saher Khanaqa-Kükelhahn vom Verein Lichtgrenze.

Das sind Frauen mit Migrationsgeschichte, die einen deutschen Pass haben und es ist wichtig, dass sie auch wählen gehen und verstehen, worum es geht.

Saher Khanaqa-Kükelhahn, Verein Lichtgrenze

Viele von diesen Frauen seien vom politischen Geschehen im Land abgeschottet, sagt sie. Auch würden einige mit Vorurteilen auf die Wahl blicken und glauben, ihre Stimme würde sowieso nichts bewirken. Die Aktion möchte das nun ändern.

Über Flüchtlinge zu diskutieren, reicht nicht

Auch Zakiya Sabbagh befasst sich mit den aktuellen Themen, die anlässlich der Bundestagswahl öffentlich diskutiert werden. "Es wird gerade viel über die Abschiebung von Geflüchteten Menschen geredet", sagt die Syrerin. Als Geflüchtete beeinflusse sie diese Debatte nochmal anders. "Ich habe diesen Weg selbst hinter mir", betont sie.

Die aktuelle Diskussion über Flüchtlinge greife zu kurz, meint Selin Aydin, ebenfalls Teil der Wahl-Aktion.

Wir reden im Land gerade von Flüchtlingen, aber wenn die Klimakrise, in der wir bereits stecken, erstmal richtig losgeht, werden noch tausende Klimaflüchtlinge auf dem Weg hierher sein.

Selin Aydin

Die Psychologiestudentin sieht auch das Thema Bildung im Fokus dieser Bundestagswahl. Meliksah Senyürek, ebenfalls Teil des Organistationsteams, stimmt ihr zu. Mit ihrer Motivation, wählen zu gehen, möchte sie nun andere anstecken.

Mehr Frauen mit Migrationsgeschichte sollen wählen

Gemeinsam versuchen die Organisatorinnen in den letzten Tagen vor der Wahl deshalb, in verschiedenen Stadtteilen Bremens mit Frauen ins Gespräch zu kommen und sie auf die Aktion aufmerksam zu machen. Am 18. Februar wollen sie dann als Gruppe gemeinsam wählen gehen und dieses Ereignis zelebrieren. Dabei soll sie auch eine Musikgruppe begleiten. Es soll ein festlicher Tag sein,  denn eine Stimme zu haben ist ein Privileg, betonen viele der Organisatorinnen immer wieder. Ein Privileg, dass sie nutzen wollen.

Jasmin Miri weiß noch nicht, welche Partei sie bei der Bundestagswahl wählt. Aber sie hofft, dass sich die aktuelle Stimmung gegenüber Migrantinnen und Migranten bald ändert. Für die Zukunft wünscht sie sich vor allem eins: "Gleichberechtigung. Anerkannt zu werden. Das wünsche ich mir für uns und unsere Kinder." Dazu möchte sie an der Wahlurne beitragen. Bei dieser Wahl bleibt sie nicht zu Hause.

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Autorin

  • Autorin
    Leoni Hentschel

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 10. Februar 2024, 19.30 Uhr