So spannend war's noch nie: Wer gewinnt den Bremer Wahlkreis 54?
Lange galt die Hansestadt als die SPD-Hochburg schlechthin. Doch bei der Bundestagswahl gibt es nun zwischen CDU, SPD und Grüne einen Dreikampf um das begehrte Direktmandat.
Jedenfalls wird es nicht langweilig: Der Bremer Wahlkreis 54, traditionell in sozialdemokratischer Hand, könnte erstmals von einer anderen Partei gewonnen werden. Sowohl die CDU als auch die Grünen trauen sich das Direktmandat zu, und die sozialdemokratische Mandatsträgerin Sarah Ryglewski räumt ein: "Das wird eine harte Auseinandersetzung, das ist ganz klar."
Es ist Bewegung im Wahlkreis 54, soviel ist sicher. Zwischen fünf und sieben Prozentpunkten schwankten die Ergebnisse bei den Erststimmen in den vergangenen Bundestagswahlen, setzt sich dieser Trend fort, kann er völlig neue politische Konstellationen möglich machen. Thomas Röwekamp von der CDU, Rechtsanwalt und Notar und zum ersten Mal Bewerber um das Mandat im Wahlkreis 54, hofft auf ein Ergebnis "um die 30", die Grüne Kirsten Kappert-Gonther liebäugelt mit "guten bis Mitte 20" Prozent, Die Sozialdemokratin will sich nicht auf Punkt und Komma festlegen: "Ich habe das Mandat bei der vergangenen Wahl mit fünf Prozent Vorsprung gewonnen, in einem Wahlkreis, in dem die CDU das bessere Zweitstimmenergebnis erzielt hat, ich rechne mir durchaus Chancen aus."
Finanzpolitik als Wahlkampfthema
Ryglewski ist jetzt Parlamentarische Staatssekretärin bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz, hat also mehr Einfluss, als "normale" Parlamenatarierinnen und Parlamentarier, und setzt ihn nach eigenen Worten für Bremen ein. Ausgerechnet Finanzpolitik als Wahlkampfthema? Ja, sagt sie, man muss schon überlegen: wie vermittelt man das.
Aber von der Frage 'Wie handlungsfähig ist Bremen?' hängt eben auch der Zugang zu guter Bildung ab, die öffentliche Infrastruktur, ÖPNV, Kitaausbau – von daher ist das ein Thema, mit dem man Menschen gut erreichen kann.
Sarah Ryglewski, SPD-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium
CDU-Kandidat setzt auf Abgrenzung zu den Grünen
Thomas Röwekamp geht es etwas grundsätzlicher an: "Bei dieser Wahl geht es darum, ob wir mit der CDU den Kurs der Mitte halten können." Er will eine nationale Bildungspolitik, mehr Einfluss für den Bund in den Schulen, bisher ist das ja Ländersache. "Gerade in Bremen erleben wir, dass die Herkunft von Kindern nicht entscheiden soll, welche bildungspolitischen Perspektiven sie haben." Bei der Frage öffentlicher Verschuldung grenzt er sich explizit von den Grünen ab.
Ich möchte schon, dass wir am Ende der Pandemie nicht nur keine neuen Schulden aufnehmen, sondern dass wir wieder dazu übergehen, die Schulden, die wir haben, zu tilgen.
Thomas Röwekamp, CDU-Kandidat für die Bundestagswahl
Warum diese bewusste Abgrenzung von den Grünen? "Naja, die Grünen sind nicht so bürgerlich wie sie sich anstreichen. Wer grün wählt, wählt ein Linksbündnis in Berlin, und das gilt auch für meine Mitbewerberin."
Klimaschutz im Zentrum der Grünen-Politik
Kirsten Kappert-Gonther setzt auf die Aussagekraft des Grünen Programms: "Endlich steht Klimaschutz im Zentrum der Politik, und Klimaschutz ist Gesundheitsschutz." Damit hat die Bremer Ärztin auch auf ihren Arbeitsschwerpunkt verwiesen, sie sitzt schon als Gesundheitspolitikerin im Bundestag und ja, auch sie glaubt, dass ein grünes Direktmandat im Wahlkreis 54 möglich ist.
Das wäre toll, eine grüne Bundeskanzlerin und das Direktmandat, eine neue Politik für dieses Land.
Kirsten Kappert-Gonther, Grüne-Bundestagsabgeordnete
Rund zwölf Prozent der Erststimmen hatte sie 2017 in dem Wahlkreis geholt, das sind Längen von den 30 Prozent der Sozialdemokratin Ryglewski entfernt, aber es ist viel Bewegung in den Wahlergebnissen, fünf bis sieben Prozentpunkte mehr oder weniger können viel auf den Kopf stellen. Die letzte Direktkandidatin der CDU, Elisabeth Motschmann, konnte 2017 24 Prozent holen.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 4. August 2021, 19:30 Uhr