Hintergrund

Bürger in Wut: Wer sind sie und wofür stehen sie?

Der Kandidat der Partei Bürger in Wut (BiW), Jan Timke, geht am Abend des Wahltages die Bürgerschaft.

Bremer Wahlgewinner Timke und Co.: Das sind die "Bürger in Wut"

Bild: dpa | Focke Strangmann

9,5 Prozent der Stimmen landesweit und sogar 22,4 Prozent in Bremerhaven: Die Bürger in Wut fuhren bei den Bürgerschaftswahlen ein starkes Ergebnis ein. Wofür stehen sie?

Lange Zeit schienen die Bürger in Wut ausschließlich aus ihrem Vorsitzenden Jan Timke zu bestehen. Er hatte die Wählervereinigung 2004 mitgegründet und war zunächst nur in der Kommunalpolitik in Bremerhaven aktiv. Der Erfolg der Bürger in Wut gründet seiner Meinung nach auf der Unzufriedenheit mit den Regierungsparteien in den beiden Städten Bremen und Bremerhaven. Diese Unzufriendenheit ist laut Timke das Einfallstor für seine Politik: "Stichwort Kriminalitätsbekämpfung, die nicht richtig läuft. Stichwort Schulbildung: Wir sind auf dem letzten Platz bei den Pisa-Studien. Und das schlägt sich eben im Wahlergebnis nieder."

Lange vor allem in Bremerhaven aktiv

Dabei waren die Bürger in Wut bisher wie ihr Vorsitzender vor allem ein Bremerhavener Phänomen. Hier trat die Wählervereinigung im Mai 2007 zum ersten Mal an. Seitdem sitzen ihre Vertreter im Bremerhavener Stadtparlament und durch die Stimmen, die sie im Wahlbereich Bremerhaven für die Bürgerschaft holen, auch im Landesparlament – mit einem einzigen Mandat, wahrgenommen von Jan Timke. Seit 2011 treten sie auch im Wahlbereich Bremen an, waren dort aber deutlich weniger erfolgreich als in Bremerhaven – bis gestern Abend.

Der Wahlerfolg ist laut dem Bremer Politikwissenschaftler Andreas Klee einerseits aus einer Protesthaltung, andererseits aus dem AfD-Ausschluss zu erklären: "Wenn man die ursprünglichen Werte der BiW und das, was die AfD bekommen hätte zusammenzählt, dann kommt man ungefähr auf die Summe", sagt Klee. Gleichzeitig sei es ein Versäumnis der Parteien der Mitte, dass so viele Menschen sich genötigt sehen, so eine Partei zu wählen.

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Rechtspopulistisch, wirtschaftsliberal, straff rechts?

Wo die Bürger in Wut aber genau einzuordnen sind, wird immer wieder diskutiert. Die Bundeszentrale für politische Bildung stuft in einem Beitrag ihre Positionen als rechtspopulistisch und wirtschaftsliberal ein. Immer wieder wird ihnen vorgeworfen, eine straff rechte Partei zu sein. Timke sieht die Bürger in Wut dagegen als seriöse Protestpartei. Erst kurz vor der Wahl musste ein Kandidat, dem Kontakte ins rechtsradikale Milieu vorgeworfen wurden, die Partei verlassen.

Der Wahlgewinner SPD lässt diese Abgrenzungsbemühungen jedoch nicht gelten. "Die Bürger in Wut, die ja so tun, als wären sie eine konservative Partei, sammeln hier offenbar komplett die rechtsradikalen Wähler und Wählerinnen der AfD ein. Das zeigt: Die sind rechtsoffen, das zeigt das Ergebnis dann auch", sagt etwa der Bremerhavener SPD-Spitzenkandidat Martin Günthner.

Schon bei den Europawahlen als "Bündnis Deutschland"

Nach der Wahl will die Wählervereinigung Bürger in Wut mit dem neuen "Bündnis Deutschland" verschmelzen. "Damit wir uns künftig zu bundespolitischen und europapolitischen Themen äußern können, haben wir diese Fusion angestrengt", so Timke. Die konservative Partei leistet jetzt schon Wahlkampfhilfe, personell, aber auch finanziell mit einem sechsstelligen Betrag. Die nächste Wahl wird dann schon unter dem neuen Namen bestritten – bei der Europawahl im nächsten Jahr wird dann schon das "Bündnis Deutschland" auf dem Stimmzettel stehen.

Wo die Bürger in Wut ihre Stimmen geholt haben

Bild: Radio Bremen

Autorin

  • Catharina Spethmann
    Catharina Spethmann

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 15. Mai 2023, 12.15 Uhr