Bremen-Wahl: Das sind die jungen Kandidaten für die Bürgerschaftswahl
Auf den Wahl-Listen der Bremer Parteien stehen einige junge Leute. Wer sind diese Jungen? Und was motiviert sie, für die Bremische Bürgerschaft zu kandidieren?
Die Bremer Politiker sind im Durchschnitt 50 Jahre alt. Damit liegen sie im Vergleich zu anderen Bundesländern im Mittelfeld. Aber so richtig junge Abgeordnete gibt es wenige. Ob sich die Bremische Bürgerschaft nach der Wahl in Bremen ein bisschen verjüngt, das bleibt abzuwarten. Das Potenzial ist auf jeden Fall da: 33 Kandidatinnen und Kandidaten sind jünger als 30 Jahre.
Darunter sind auch Selin Arpaz und Aron Thatje. In dieser Zeit kurz vor der Bürgerschaftswahl stehen sie oft im Parteibüro der Bremer SPD und packen Flyer, Sticker und Müsliriegel in Papiertüten. Sie bereiten die anstehenden Wahlkampftermine ihrer Partei vor, während andere in ihrem Alter ihre Freizeit bei Instagram, am Weserdeich oder auf dem Fußballplatz verbringen.
Junge Menschen wollen gehört werden
Selin Arpaz trägt eine große goldene Brille, Nasenpiercings und runde Ohrringe. Sie ist 24, studiert in Bremen und ist seit sechs Jahren in der SPD. Mit ihrem Listenplatz 12 hat sie gute Chancen in die Bürgerschaft einzuziehen. In die Politik ist sie gegangen, weil sie das Gefühl hat, dass junge Menschen denken, dass sie nicht mehr gehört werden. "Sie denken, dass sie politische Inhalte nicht mitbestimmen können und dass über ihre Köpfe hinweg bestimmt wird", sagt sie. Sie möchte als Vorbild fungieren und andere in ihrem Alter motivieren, sich auch in der Politik zu engagieren und sich zu interessieren.
Ich würde mich gerne dafür einsetzen, für die Leute, die wirklich die Unterstützung der Politik brauchen, auch Politik zu machen.
Aaron Thatje, SPD-Kandidat
Ihr SPD-Kollege Aaron Thatje ist 26 Jahre alt. Ihm geht es bei seinem politischen Engagement vor allem um mehr soziale Gerechtigkeit. "Ich würde mich gerne dafür einsetzen, für die Leute, die wirklich die Unterstützung der Politik brauchen, auch Politik zu machen", sagt er. Für ihn sind das die Menschen, die besonders unter den Krisen leiden. "Denn während manche immer ärmer werden, werden manche immer reicher und ich finde das sehr ungerecht und das ist etwas, das man dringend ändern muss", sagt Thatje.
Junge Kandidatinnen und Kandidaten stehen auch auf den Wahllisten anderer Parteien. Insgesamt sind von den 258 Kandidaten und Kandidatinnen 33 unter 30 Jahre alt. Die meisten jungen Kandidaten stehen mit jeweils acht bei der Linken und der SPD auf der Liste, gefolgt von der FDP mit sechs U-30 Kandidatinnen. "Die Partei" hat zwei Kandidaten unter 30 auf ihrer Liste, bei den Grünen sind es drei. Bei den Bürgern in Wut kandidiert mit Alicia Leidreiter wohl die jüngste Bewerberin: Sie ist erst 18 Jahre alt. Und auch bei der ÖPD, der Verjüngungspartei und Volt kandidiert je ein Kandidat unter 30.
Junge Sichtweisen in die Politik bringen
Auf der Liste der CDU sind zwei Kandidatinnen jünger als 30, eine davon aber direkt an der Spitze. Denn die CDU setzt in diesem Wahlkampf auf eine Doppelspitze. Neben Frank Imhoff kandidiert Wiebke Winter ganz oben auf der Liste der CDU. Sie ist 27 Jahre alt und in die Politik gegangen, weil sie mit der Bremer Bildungspolitik unzufrieden war.
Ihr ist es wichtig, die Sichtweise eines jungen Menschen mit in die Bürgerschaft zu bringen. "Für mich sind das die Themen Bildung, Klimaschutz und Generationengerechtigkeit, das heißt Themen, für die auch gerade die junge Generation immer wieder streitet", sagt sie.
Engagement als erweitertes Wahlrecht
Ähnliche Themen sind auch Fynn Voigt von der FDP wichtig. Er will sich zum Beispiel dafür einsetzen, dass Bremen im Bildungsranking künftig besser abschneidet. Dafür steht der 24-Jährige an Wahlständen in den Bremer Stadtteilen, verteilt Flyer und spricht mit den Menschen auf der Straße über seine Überzeugungen. Sein Engagement in der FDP sieht er "so ein bisschen wie ein erweitertes Wahlrecht, wenn man ja wählen geht, dann möchte man auch mitentscheiden und wenn man sich direkt in einer Partei engagiert, dann kann man sich für die Themen einsetzen, die einem besonders wichtig sind."
Das ist für Luca Heise von den Linken die Hochschulpolitik. Er ist 22 Jahre alt, studiert Informatik an der Hochschule Bremerhaven und möchte sich dafür einsetzen, dass alle Studierenden in der Bürgerschaft gehört werden. "Wenn man beobachtet wie in Bremen Politik gemacht wird, dann bekommt man den Eindruck, als würde es zuallererst um die Stadt Bremen, oder in meinem Bereich um die Universität Bremen gehen. Ich möchte, dass gleichzeitig und nicht erst im Nachhinein auch an Bremerhaven und an die Hochschulen für angewandte Wissenschaften gedacht wird."
Nicht meckern, sondern machen
Stina Reichardt von den Grünen ist 20 Jahre alt und eine der allerjüngsten Kandidatinnen auf einer Liste für die Bürgerschaftswahl. Zum Interview kommt die junge Studentin mit dem Fahrrad. Ihre Überzeugungen zu Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit möchte sie auch in die Tat umsetzen. "Ich wollte halt einfach was verändern und nicht immer nur vor den Nachrichten sitzen und rummeckern. Und dass man nicht immer nur sagt: 'Ja, find' ich wichtig, sondern mach' was dagegen, verbünde dich mit deinen Freunden und Freundinnen und sitz' nicht immer nur da und sag', die anderen sollen was machen'", sagt sie.
Ich wollte halt einfach was verändern und nicht immer nur vor den Nachrichten sitzen und rummeckern.
Stina Reichardt, Grünen-Kandidatin
Sandor Herms kandidiert für "Die Partei", die sich auch im Wahlkampf häufig satirischer Mittel bedient, auf Listenplatz drei. In die Politik gegangen ist der heute 29-Jährige im Alter von 20 Jahren, "mit dem Ziel, eines Tages fett Cash in einem Aufsichtsrat zu machen."
Auch für Christoph Jaschek von Volt fehlt in der Politik die junge Perspektive. "Herausforderungen wie die Neugestaltung der Bildung oder die unzureichende Digitalisierung müssen stärker in den Fokus gerückt werden", sagt der 26-jährige Student.
Dieses Thema im Programm: Wahlen in Zahlen, buten un binnen, 5. Mai 2023, 19:30 Uhr