Fragen & Antworten

Kann eine Seilbahn Bremens Verkehrsprobleme entschärfen?

Gondeln hängen an einem Seil, in der Mitte eine Seilstütze.
Bild: Imago | imagebroker

Kurze Bauzeit, geringe Kosten: Angesichts maroder Brücken in Bremen bringt die CDU das Thema Seilbahn wieder ins Spiel. Der Vorschlag ist nicht neu – aber ist er realistisch?

Die Brücken in der Bremer Innenstadt müssen saniert werden – auch in den nächsten Monaten kommt es dadurch zu Sperrungen und Staus. Angesichts der Verkehrssituation schlägt die CDU Bremen eine Seilbahn für Bremen vor. Zuerst hatte der "Weser Kurier" berichtet.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Bremer Politik über eine Seilbahn nachdenkt: 2019 hatte das Wirtschaftsressort die Idee geäußert, es gab auch eine Machbarkeitsstudie. Doch die Idee wurde als nicht machbar oder realisierbar beerdigt.

Wie sieht der Vorschlag der CDU aus?

Die CDU will eine Seilbahn für Bremen – auch, um den Nahverkehr zu entlasten. In einer "Kleinen Anfrage" der CDU-Fraktion an den Bremer Senat heißt es, dass der Bau einer Seilbahn schnell zu realisieren ist und einfach in bestehende Verkehrsnetze eingebunden werden kann.

In der "Kleinen Anfrage" schlägt die CDU drei Streckenverläufe vor: von der Waterfront über das Lankenauer Höft zum Waller Sand; von der Überseestadt nach Woltmershausen und von der Bremer Innenstadt in die Neustadt.

Was wären die Vorteile?

Eine Seilbahn hätte viele Vorteile, wie Michael Jonitz, Sprecher für Mobilität der CDU Bremen, auf Anfrage mitteilt. So könne eine Seilbahn innerhalb von sechs bis zwölf Monaten gebaut werden.

Auch die Kosten sprechen der CDU zufolge für das Fortbewegungsmittel. Demnach kosten ein Kilometer Seilbahnstrecke 3,5 bis 19 Millionen Euro pro Kilometer, heißt es in einem Bericht des Magazins "Seilbahnen International" aus dem Jahr 2023. Im Vergleich zu Straßenbahnen ist das erheblich günstiger: Dort soll ein Kilometer elf bis 22 Millionen Euro kosten, bei U-Bahnen sogar 45 bis 133 Millionen Euro. Seilbahnen hätten wegen ihrer Automatisierung nur einen geringen Bedarf an Personal – so können lange Betriebszeiten angeboten werden, so Jonitz. Zudem gelten Seilbahnen als das energieeffizienteste motorisierte Verkehrsmittel, so Jonitz.

Was sagt das Mobilitätsressort zu dem Vorschlag?

Ob eine Seilbahn umsetzbar ist, lässt sich derzeit nicht seriös beantworten, antwortet Aygün Kilincsoy, Sprecher des Mobilitätsressorts, auf eine Anfrage von buten un binnen.

Angesichts der aktuellen Herausforderungen im Bereich der Brücken beschäftigen wir uns aktiv mit innovativen Mobilitätslösungen – dazu gehört ausdrücklich auch die Idee einer Seilbahn.

Aygün Kilincsoy, Sprecher des Mobilitätsressorts Bremen

Ob eine Seilbahn statt oder zusätzlich zu einer weiteren Brücke kommt, werde gerade geprüft. Die Erfahrung sei jedoch, dass Seilbahnprojekte "komplexe Herausforderungen mit sich bringen". Kilincsoy erläutert: Die Bauplanung ist komplizierter als bei einer Brücke, der Träger muss auf Seilbahnen spezialisiert sein. Zudem ist die Instandhaltung und Wartung schwieriger. Und Bürger müssen bei der Linienführung einbezogen werden.

Wie schätzen Experten den Vorschlag ein?

Eine Seilbahn in Bremen? "Natürlich ist das realistisch", sagt Carsten-Wilm Müller. Er beschäftigt sich mit dem Thema seit den Anfängen der Idee – Wirtschaftsstaatsrat Ekkehart Siering (SPD) hatte 2019 eine Seilbahn in Spiel gebracht, so Müller.

Wie eine Seilbahnlinie aussehen könnte, ist dabei flexibel. Stationen könnten etwa sein: Airport Bremen – Airbus – BSAG – Bahnhof Neustadt (auf westlicher Seite) – Tabakquartier – Wesertower – Überseestadt – Waterfront.

Eine Seilbahn ist immer eine individuelle Lösung, sagt Müller. Da sie über den bestehenden Verkehrsnetzen fahre, könne die Gondeln auch drei oder vier Meter breit sein. Das bietet etwa Platz für Fahrräder oder Rollstühle, sagt Müller.

Zudem werden urbane Seilbahnprojekte bei Kosten von mehr als 30 Millionen Euro wegen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes gefördert – vom Bund gibt es dann 75 Prozent. In Nordrhein-Westfalen etwa gibt es zusätzlich Mittel vom Land. Bei der Seilbahn Bonn, die derzeit in Planung ist, übernehmen so Bund und Land 95 Prozent der Kosten.

Welche Probleme bei der Umsetzung gibt es?

Bei einer Seilbahn über die Weser im Bremer Westen gibt es das Problem, dass die Weser ab der Stephanibrücke flussabwärts als Seeschifffahrtsstraße deklariert ist, so Müller. Dadurch müsse eine Höhe von mindestens 54 Meter der Seilbahnkabinen zum Wasser gewährt werden – in der Folge müssten die Türme für die Seilbahn 75 Meter oder höher sein. Das Problem sei allerdings recht leicht zu lösen: Die Weser müsse umgewidmet werden – große Schiffe legen dort im Hafen eh nicht an, weil die Weser dafür nicht genug Tiefgang hat, sagt Müller.

Ein weiteres Problem bei der Umsetzung können unzufriedene Bürgerinnern und Bürger sein: Viele Projekte seien gescheitert, weil Anwohner sich gewehrt haben, sagt Verkehrsexperte Müller. "Anwohner, die Angst haben, dass man ihnen von der Seilbahn auf den Balkon guckt." Es sei daher wichtig, bei der Planung die Bürger einzubeziehen.

Gibt es Kritik an der Seilbahn?

Die Jungen Liberalen sehen eine Seilbahn nicht als Lösung der derzeitigen Verkehrsprobleme: "Wer täglich auf die Brücken angewiesen ist, braucht keine Gondel, sondern eine funktionierende Infrastruktur", sagt Friedrich Demuth, der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Bremen.

Wieso sind Seilbahn-Pläne in Bremen bisher gescheitert?

Die damalige Mobilitätssenatorin Maike Schäfer (Grüne) teilte Ende 2019 mit, dass der Bau einer Seilbahn in der Überseestadt weder machbar noch finanzierbar wäre. Der wirtschaftspolitische Sprecher Volker Stahmann der SPD sagte, eine Seilbahn habe keine Priorität – und führte ebenfalls die Kosten an.

Angeschoben wurden die Pläne durch das ehemals von der SPD geführte Wirtschaftsressort. Der damalige Staatsrat Ekkehardt Siering machte Ende Januar 2019 die Pläne publik und favorisierte einen Gondelverlauf von Gröpelingen aus über die Weser zum Europahafen. Dieser Vorschlag sorgte sofort für Diskussionsstoff. So machten sich an der Hochschule Bremen Studenten um Verkehrsexperte Müller daran, die Grundlagen für eine Machbarkeitsstudie zu sammeln.

Schon damals führten die Studenten bei der Präsentation ihrer Erkenntnisse im Mai an: Die Seilbahn sei machbar, sie müsse aber auch über die Weser führen, um die Stephanibrücke und damit die B75 zu entlasten. Denn der tägliche Stau im Pendlerverkehr und die Zufahrt aus der Überseestadt bilden das Nadelöhr und sind Auslöser für die langen Staus im neuen Bremer Stadtquartier.

Autor

Quelle: buten un binnen.