Fragen & Antworten

Eine Seilbahn für Bremen: Wie sinnvoll und wie realistisch ist das?

Eine Seilbahn, im Vordergrund eine Brücke mit Sitzgelegenheiten.

Bremer Verkehrsressort ist offen für Seilbahn über die Weser

Bild: dpa | imageBROKER | Dmitry Rukhlenko

Die Bremer Brücken sind marode, der Verkehr braucht Entlastung. Das Verkehrsressort ist offen für eine Seilbahn. Aber ist das in Bremen überhaupt machbar?

2019 wurde die Idee einer Seilbahn noch als nicht machbar oder realisierbar beerdigt. Nun heißt es aus dem Verkehrsressort: Den Bau einer Seilbahn als mögliche Entlastung für die Weserbrücken wird ernsthaft geprüft.

Wie ist der aktuelle Stand?

Eine Machbarkeitsstudie zur Bürgermeister-Smidt-Brücke soll auch die Seilbahn-Idee prüfen. Das sagte ein Sprecher der Verkehrsbehörde auf Nachfrage von buten un binnen. Das Verkehrsressort habe zudem Kontakt mit Städten aufgenommen, in denen ein solches Nahverkehrsmittel geplant ist. In der Vergangenheit hatte auch die Bremer CDU wiederholt für eine Seilbahn geworben.

Wie sah der Vorschlag der CDU aus?

In einer "Kleinen Anfrage" der CDU-Fraktion an den Bremer Senat im März hieß es, dass der Bau einer Seilbahn schnell zu realisieren ist und einfach in bestehende Verkehrsnetze eingebunden werden kann.

Drei Streckenverläufe schlägt die CDU in der "Kleinen Anfrage" vor: von der Waterfront über das Lankenauer Höft zum Waller Sand, von der Überseestadt nach Woltmershausen und von der Bremer Innenstadt in die Neustadt.

Was wären die Vorteile?

Eine Seilbahn hätte viele Vorteile, wie Michael Jonitz, Sprecher für Mobilität der CDU Bremen, auf Anfrage mitteilt. So könne eine Seilbahn innerhalb von sechs bis zwölf Monaten gebaut werden. Auch die Kosten sprechen der CDU zufolge für das Fortbewegungsmittel. Demnach kosten ein Kilometer Seilbahnstrecke 3,5 bis 19 Millionen Euro pro Kilometer, heißt es in einem Bericht des Magazins "Seilbahnen International" aus dem Jahr 2023.

Im Vergleich zu Straßenbahnen ist das erheblich günstiger: Dort soll ein Kilometer 11 bis 22 Millionen Euro kosten, bei U-Bahnen sogar 45 bis 133 Millionen Euro. Seilbahnen hätten wegen ihrer Automatisierung nur einen geringen Bedarf an Personal – so können lange Betriebszeiten angeboten werden, so Jonitz. Zudem gelten Seilbahnen als das energieeffizienteste motorisierte Verkehrsmittel, so Jonitz.

Welche Hürden gibt es?

Der Bau einer Seilbahn sei nicht unkompliziert, sagt Aygün Kilincsoy, Sprecher des Ressorts: Die Erfahrung zeige, dass Seilbahnprojekte "komplexe Herausforderungen mit sich bringen". Die Bauplanung sei komplizierter als bei einer Brücke, der Träger müsse auf Seilbahnen spezialisiert sein. Zudem sei die Instandhaltung und Wartung schwieriger. Und Bürger müssten bei der Linienführung einbezogen werden.

Wie schätzen Experten den Vorschlag ein?

Eine Seilbahn in Bremen? "Natürlich ist das realistisch", sagt Carsten-Wilm Müller. Der Verkehrsexperte beschäftigt sich mit dem Thema seit den Anfängen der Idee – Wirtschaftsstaatsrat Ekkehart Siering (SPD) hatte 2019 eine Seilbahn in Spiel gebracht, so Müller.

Wie eine Seilbahnlinie aussehen könnte, ist dabei flexibel. Stationen könnten etwa sein: Airport Bremen – Airbus – BSAG – Bahnhof Neustadt (auf westlicher Seite) – Tabakquartier – Wesertower – Überseestadt – Waterfront.

Eine Seilbahn ist immer eine individuelle Lösung, sagt Müller. Da sie über den bestehenden Verkehrsnetzen fahre, könne die Gondeln auch drei oder vier Meter breit sein. Das bietet etwa Platz für Fahrräder oder Rollstühle, sagt Müller.

Zudem werden urbane Seilbahnprojekte bei Kosten von mehr als 30 Millionen Euro wegen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes gefördert – vom Bund gibt es dann 75 Prozent. In Nordrhein-Westfalen etwa gibt es zusätzlich Mittel vom Land. Bei der Seilbahn Bonn, die derzeit in Planung ist, übernehmen Bund und Land 95 Prozent der Kosten.

Welche Probleme bei der Umsetzung gibt es?

Bei einer Seilbahn über die Weser im Bremer Westen gibt es das Problem, dass die Weser ab der Stephanibrücke flussabwärts als Seeschifffahrtsstraße deklariert ist, so Müller. Dadurch müsse eine Höhe von mindestens 54 Meter der Seilbahnkabinen zum Wasser gewährt werden – in der Folge müssten die Türme für die Seilbahn 75 Meter oder höher sein. Das Problem sei allerdings recht leicht zu lösen: Die Weser müsse umgewidmet werden – große Schiffe legen dort im Hafen eh nicht an, weil die Weser dafür nicht genug Tiefgang hat, sagt Müller.

Ein weiteres Problem bei der Umsetzung können unzufriedene Bürgerinnen und Bürger sein: Viele Projekte seien gescheitert, weil Anwohner sich gewehrt haben, sagt Verkehrsexperte Müller. "Anwohner, die Angst haben, dass man ihnen von der Seilbahn auf den Balkon guckt." Es sei daher wichtig, bei der Planung die Bürger einzubeziehen.

Wieso sind Seilbahn-Pläne in Bremen bisher gescheitert?

Die damalige Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) teilte Ende 2019 mit, dass der Bau einer Seilbahn in der Überseestadt weder machbar noch finanzierbar wäre. Volker Stahmann, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, sagte, eine Seilbahn habe keine Priorität – und führte ebenfalls die Kosten an.

Angeschoben wurden die Pläne durch das ehemals von der SPD geführte Wirtschaftsressort. Der damalige Staatsrat Ekkehart Siering machte Ende Januar 2019 die Pläne publik und favorisierte einen Gondelverlauf von Gröpelingen über die Weser zum Europahafen. Dieser Vorschlag sorgte sofort für Diskussionsstoff. So machten sich an der Hochschule Bremen Studenten um Verkehrsexperte Müller daran, die Grundlagen für eine behördeninterne Betrachtung zu sammeln.

Schon damals führten die Studenten bei der Präsentation ihrer Erkenntnisse im Mai an: Die Seilbahn sei machbar, sie müsse aber auch über die Weser führen, um die Stephanibrücke und damit die B75 zu entlasten. Denn der tägliche Stau im Pendlerverkehr und die Zufahrt aus der Überseestadt bilden das Nadelöhr und sind Auslöser für die langen Staus im neuen Bremer Stadtquartier.

Der Text wurde bereits am 14. März 2025 veröffentlicht und wurde nun aktualisiert.

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 25. April 2025, 9:10 Uhr