Wenn die Kälte kommt: Wie Bremer Obdachlosen im Winter geholfen wird

Karin Stelljes, Teamleiterin beim Kältebus der Johanniter, reicht an Heiligabend auf dem Vorplatz am Hauptbahnhof eine warme Mahlzeit an einen bedürftigen Menschen.

Kältebus der Johanniter steht ab heute in der Bremer Bahnhofsvorstadt

Bild: dpa | Hauke-Christian Dittrich

Laut der Bremer Sozialbehörde leben derzeit 600 Personen auf Bremens Straßen. Besonders im Winter ist Hilfe für viele wohnungslose Menschen überlebenswichtig.

Der Winter ist da: In und um Bremen ist es in den vergangenen Tagen kalt geworden. Nachts sinken die Temperaturen zum Teil schon bis zum Gefrierpunkt. Und mit der Kälte steigen die Gefahren für wohnungs- und obdachlose Menschen.

Arbeitslosigkeit, Erkrankungen oder traumatische Schicksalsschläge – die Gründe, die zu einem Leben auf der Straße führen, sind vielfältig. Und mit dem Wintereinbruch kommt die Not.

Wenn die Menschen keine Unterstützung bekommen, dann ist es gerade in den kalten Monaten schwierig. Dann sind sie bei den Minustemperaturen der Naturgewalt ausgesetzt und können dabei ihr Leben verlieren.

Karin Stelljes von den Johannitern

Viele Menschen sind auf Hilfe angewiesen

Die Bremer Sozialbehörde schätzt die aktuelle Zahl von wohnungslosen Menschen in Bremen auf 600. Die Wohnungslosenhilfe der Inneren Mission geht sogar von rund 1.000 Menschen aus, die in Bremen wohnungslos sind.

Um wohnungs- und obdachlosen Menschen zu helfen und sie vor der Kälte zu schützen, gibt es in Bremen auch in diesem Jahr wieder umfangreiche Hilfs- und Beratungsangebote, Orte und Einrichtungen: darunter beispielsweise den Kältebus der Johanniter oder "Wärme auf Rädern" der Caritas.

1 Kältebus

Der Bremer Kältebus der Johanniter wurde 2012 ins Leben gerufen und gilt als Anlaufpunkt für wohnungslose und bedürftige Menschen. Die Standortfrage des Kältebusses blieb lange ungeklärt, nachdem er nicht mehr den Bahnhofsvorplatz anfahren konnte.

Jetzt konnte mithilfe der Diakonie Bremen ein neuer Standort gefunden werden: Auf dem Gelände des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) am Konsul-Hackfeld-Haus. Dort machen die Ehrenamtlichen seit dem 6. November immer mittwochs ab 19 Uhr Station.

Wir müssen in unserer Stadt zusammenarbeiten, um denjenigen, die in Not sind, schnell und unbürokratisch zu helfen. Da fehlt es mir zurzeit an einer Gesamtstrategie in Bremen. Der Winter steht vor der Tür und wir sind froh, für dieses wichtige Angebot der Bremer Soziallandschaft eine Lösung vermitteln zu können.

Karin Altenfelder, Vorständin der Diakonie Bremen

Mehr als nur eine warme Mahlzeit

Kältebus, eine Frau stellt Sachen auf einen Tisch
Der Kältebus bietet obdachlosen Menschen in den Wintermonaten einen Ort der Hilfe. Bild: Radio Bremen

Karin Stelljes, Teamleiterin des Kältebus-Teams, berichtet: "Wir beobachten, dass bundesweit die Vorgehensweisen dahin führen, dass die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt. Dieser neue Standort ermöglicht es uns, jetzt wieder direkt in der Innenstadt präsent zu sein und den Menschen, die Unterstützung benötigen, zur Seite zu stehen."

Vor Ort werden heiße Getränke und warme Speisen verteilt. "Es ist die letzte warme Mahlzeit, bevor diese Menschen in die kalte Nacht gehen", erzählt Karin Stelljes. Aber die Menschen finden hier nicht nur Lebensmittel, sondern auch offene Ohren für ihre persönlichen Sorgen. Denn gerade in den Wintermonaten ist das Leben auf der Straße hart und Hilfe wird überall benötigt.

Medizinische Versorgung für Obdachlose

Sonntags ab 18 Uhr fährt das Team des Johanniter-Kältebusses außerdem zum Hohentorspark in die Bremer Neustadt, im Anschluss dann zur Friedrich-Rauers-Straße in die Bahnhofsvorstadt. Start für diese Tour war bereits der 3. November.

Alle 14 Tage ist dann auch das Johanniter-Arztmobil mit von der Partie. Bereits in den Sommermonaten sind die Ehrenamtlichen regelmäßig dort gewesen, weil der Bedarf an medizinischer Versorgung und der Hunger der Bedürftigen sehr groß waren.

Jeder Tag bringt wieder schöne Erlebnisse. Die Dankbarkeit, die uns entgegengebracht wird, und wenn sich jemand verabschiedet und sagt "Ich habe jetzt eine Wohnung gefunden und brauche nicht mehr wiederkommen", ist das, was uns weiterbringt, uns wirklich auch ein Stück glücklich macht.

Karin Stelljes, Teamleiterin des Kältebus-Teams

2 Wärme auf Rädern

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Caritas ziehen in den Wintermonaten zweimal wöchentlich, montags und donnerstags, mit einem umgebauten Fahrradwagen in die Innenstadt. Sie verteilen auf dem Bahnhofsvorplatz heiße Suppe, Gebäck und Kaffee an Wohnungslose und andere Menschen in Not. Die Suppe wird durch Spenden finanziert, in einer Kantine gekocht und von Freiwilligen abgeholt und verteilt.

Mit einer Spende von fünf Euro haben zwei Menschen die Chance auf eine warme Mahlzeit. Mit "Wärme auf Rädern" ist aber nicht nur der heiße Eintopf gemeint, sondern auch die menschliche Wärme: Die Menschen kommen ins Gespräch und können sich über soziale und unterstützende Projekte austauschen.

3 Weitere Hilfsangebote

Neben den speziellen Winter-Angeboten gibt es auch zahlreiche Anlaufstellen für wohnungslose und bedürftige Menschen, die das gesamte Jahr über geöffnet haben und gerade bei den kalten Temperaturen als wichtige Wärmequelle dienen können. Einige dieser Orte sind beispielsweise:

  • "Bremer Treff" am Altenwall.
  • Tagestreffs im Café "Papagei", Auf der Brake.
  • "Frauenzimmer" in der Abbentorstraße (nur für Frauen).
  • Café "Mittwoch" in der Ev. Kirchengemeinde Horn.
  • Café "Dienstag" in Schwachhausen.
  • Bahnhofsmission Bremen.
Ein Mensch liegt zusammengekauert auf der Straße.
Vor allem die Inneren Mission in Bremen stellt viele Hilfsangebote für wohnungslose Menschen bereit. Bild: Imago | Emmanuele Contini

Eine Übersicht aller Hilfsangebote lässt sich im Sozialstadtplan der Diakonie Bremen nachlesen. Dort werden die jeweiligen Angebote nach Tag und Uhrzeit aufgelistet. Außerdem können neben der Ausgabe von Essen und Trinken weitere Hilfen für Wohnungslose und Menschen mit wenig Geld auf der Seite gefunden werden.

Andere Anlaufstellen in diesem Winter:

  • "Für Obdachlose on Tour" ist an der Bürgerweide im Nelson-Mandela-Park unterwegs. Jeden Mittwoch stellt das Team, welches ausschließlich aus Privatpersonen besteht, eine warme Mahlzeit, Kaffee und Kuchen, Lebensmittel und Bekleidung bereit. Auch Schlafsäcke und Schuhe sowie haltbare Lebensmittel sind mit dabei..
  • Die Aktion "Orte der Wärme" der Bremischen Evangelischen Kirche bietet einen Raum gegen körperliche und soziale Kälte. Nicht nur Wohnungslose, sondern auch Menschen, die ihre Wohnung nicht heizen können, finden dort ein warmes Plätzchen. Die konkreten Kirchen und Gemeinden sind auf der Homepage der Bremischen Evangelischen Kirche zu finden..
  • Auch die Suppenengel sind eine feste Größe in Bremen. Mit Lastfahrrädern verteilen sie mehrmals in der Woche frisch gekochte Suppe, belegte Brote, frische Salate und Kaffee an Obdachlose und Bedürftige. Kleinere Dinge des täglichen Bedarfs wie Schlafsäcke, Isomatten oder Rollatoren sind dort auch zu bekommen. Sie bieten ihre Hilfe fast täglich an verschiedenen Standorten in Bremen an..

4 Hilfe in Bremerhaven

  • Das Diakonische Werk Bremerhaven bietet Menschen ein warmes Plätzchen und Mahlzeiten für wenig Geld an. Dort können sich die Menschen täglich von 8 bis 15 Uhr aufhalten. Es gibt ein Badezimmer mit Dusche, einen Gemeinschaftsraum mit Zeitungen und Fernseher sowie eine Waschmaschine zur Reinigung der Kleidung..
  • Die Bahnhofsmission in Bremerhaven ist auf dem Bahnsteig zu den Gleisen 4 und 5 zu finden. Alle Menschen in Not sind dort willkommen. Die Räume bieten einen Ort der Stärkung und akuten Hilfe. Wer helfen will, kann an die Bahnhofsmission spenden oder sich selbst ehrenamtlich engagieren..
  • Die Gesellschaft für integrative soziale Beratung und Unterstützung (Gisbu) in Bremerhaven stellt ein ambulantes und stationäres Hilfsangebot für wohnungslose Männer und Frauen. Im Wilhelm-Wendebourg-Haus des Vereins können Menschen vorübergehend unterkommen, es wird ihnen außerdem auf ihrem weiteren Weg geholfen. Suchtberatung und Gesundheitsversorgung werden ebenfalls gestellt..

5 Achtsamkeit und Spenden

Geld- und Sachspenden helfen den Institutionen am meisten, verrät Anke Mirsch, Sprecherin der Inneren Mission. Dadurch können konkrete Hilfsmittel besorgt werden und an Notleidende weitergegeben werden. Bei Sachspenden helfen zum Beispiel regendichte Schlafsäcke, Isoliermatten, Kaffeespenden (Packungen) oder Kleiderspenden.

Ein obdachloser Mann sitzt mit seinen Habseligkeiten an einer Steinmauer (Archivbild)
Gegenseitige Achtsamkeit ist im Winter umso wichtiger. Bild: Imago | Andreas Haas

Kleidung kann beispielsweise bei dem Sozialkleiderladen "Anziehungspunkt" der Inneren Mission abgegeben werden. Mirsch erklärt außerdem, dass trotzdem Geldspenden am ehesten helfen, denn die Hilfsinstitutionen wüssten am besten, was wo gebraucht wird.

Im Zweifelsfall Hilfe holen

Alle Bremerinnen und Bremer können einen Beitrag leisten, um Obdachlosen den Winter zu erleichtern. Besonders Achtsamkeit kann Leben retten. "Liegt jemand regungslos, ist vielleicht Hilfe notwendig", erklärt Mirsch.

Seien Sie freundlich und zeigen Sie soziale Wärme gegenüber wohnungslosen Menschen. Ein Gruß oder ein Lächeln sind Gesten, über die sich jede und jeder freut und signalisieren dem Gegenüber: Ich werde wahrgenommen.

Anke Mirsch, Sprecherin der Inneren Mission

Auch wenn das nicht immer sofort erkennbar ist, sollte man sich besonders bei den kalten Temperaturen vergewissern, dass es der Person gut geht, und sie ansprechen. Wenn nicht feststellbar ist, wie der Zustand einer Person ist, sollte der Notruf gewählt werden.

Autorinnen

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau, 6. November 2024, 7 Uhr