Tag der Wohnungslosen: Wie diese 3 Bremer auf ihre Situation blicken
In Bremen sind laut Schätzungen rund 600 Menschen wohnungslos, hinzu kommen etwa 150 Obdachlose. Drei Bremer, die meist keinen Mietvertrag haben, erzählen uns, wo sie unterkommen.
Die Bremer Sozialbehörde geht von 600 wohnungslosen Menschen in der Stadt Bremen aus. Es können nur so viele gezählt werden, weil Bremen über die Zentrale Fachstelle Wohnen nur diese Anzahl an Unterbringungsmöglichkeiten hat. Dazu kommen geschätzt 150 Menschen, die obdachlos sind, also im Freien schlafen.
Die Wohnungslosenhilfe der Inneren Mission geht sogar von rund 1.000 Menschen aus, die in Bremen wohnungslos sind. Dabei sei auffällig, dass es immer mehr junge Erwachsene gibt, die betroffen sind. Wir haben am Kaffeestand der Inneren Mission am Nelson-Mandela-Park hinter dem Hauptbahnhof mit Menschen gesprochen, die sagen, dass sie wohnungs- oder obdachlos sind.
1 Juri Gribkow schläft im Übergangswohnheim
Juri Gribkow hofft darauf, dass er bald eine Wohnung bekommt. Er ist über die Zentrale Fachstelle Wohnen des Sozialressorts schon eine ganze Weile auf der Suche. Dass er keine hat, daran sei die Bürokratie schuld, sagt der 61-Jährige.
"Ich warte. Ich warte. Ich warte, warte, warte", sagt der gelernte Schlosser und Schweißer. Das Jobcenter würde seine Miete übernehmen, sagt er. Im Moment schläft Juri Gribkow in einem Übergangswohnheim der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Kirchhuchtinger Landstraße. Er hatte mal eine Wohnung in Hemelingen, dann starb seine Mutter, er flog nach Omsk in Russland und blieb dort für knapp zwei Jahre. Eigentlich hätte er ein Viertel der mütterlichen Wohnung geerbt, sagt er. Geklappt hat es nicht.
2 Erika Jeschik ist immer wieder ohne Wohnung
Erika Jeschik nennt ihre Hündin Shiva "mein bestes Kopfkissen". Seit 14 Jahren, sagt sie, sei sie am Bremer Hauptbahnhof – wegen der sozialen Kontakte. "Ich bin depressiv, was soll ich alleine zu Hause? Hier geht's mir gut." Mal hat sie eine Wohnung, mal nicht. Im Moment hat sie eine, fährt auch zum Schlafen manchmal nach Hause. Manchmal bleibt sie aber auch einfach am Bahnhof.
Warum sie psychisch krank ist, möchte sie nicht schon wieder erzählen. Es habe mehrere Ereignisse gegeben, sagt sie, aber selbst Ärzten will sie das nicht mehr erzählen, selbst wenn es von Vorteil wäre, medikamentös gut eingestellt zu sein.
Am liebsten würde sie ihre Wohnung aufgeben, sich mit Shiva und einem Zelt auf die Suche nach einer Kommune machen, mit Hühnern und Gemüseanbau, um dort zu leben. "Ich fühle mich in der Wohnung nicht wohl, ich bin damit total überfordert", sagt sie. Depressionen, Migräne, Wechseljahre – die 45-Jährige will statt eines Mietvertrags lieber Freiheit.
"Wenn ich hier am Bahnhof jeden Tag sitze, werde ich das nicht finden", sagt Erika Jeschik, die erzählt, sie habe fünf erwachsene Kinder. Sie geht davon aus, dass auch andere Menschen ihre Idee gut fänden und dass sich da etwas ergeben könnte, mit einer Wohngemeinschaft, gerne auch mit Zelten oder Wohnwagen.
3 Sigmund Ehrenhaus übernachtet draußen
Sigmund Ehrenhaus hat in Delmenhorst seine Matratze liegen, einen Schlafsack und was er sonst noch braucht. Im Sommer schläft er lieber im Freien. So lange es trocken ist, sei das gar kein Problem, sagt er. Nur wenn es regnet, sei es schwierig, die Klamotten wieder trocken zu bekommen. In seiner Jackentasche steckt eine Plastikbierflasche. Kein Wodka, kein Wein – er trinke nur mal ein paar Bierchen, sagt der 52-Jährige. Drogen seien zu teuer, auch mit dem Rauchen habe er aus Kostengründen aufgehört.
Im Winter schlafe er in einem Hotel, das für Obdachlose Unterkünfte bietet, angemietet von Hilfeträgern. Im Sommer kommt er gerne zum Nelson-Mandela-Park hinter dem Bremer Hauptbahnhof – wegen des Miteinanders. Aber wenn es dunkel wird, sei hier zu viel los, meint er. Dann zieht er sich zurück, er geht zu seinem geheimen Schlafplatz. Wenn man ein gutes Plätzchen gefunden habe, sei das viel wert, sagt er.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 11. September 2024, 11:40 Uhr