Pflege in Bremen studieren? Die ersten Absolventen sind zufrieden
An der Hochschule Bremen haben die ersten Studenten den Pflege-Studiengang abgeschlossen. Aber was unterscheidet das Studium von der Ausbildung? Zwei Absolventen ziehen Bilanz.
Für Kaylaah Kuhr und Daniel Liepins ist es ein typischer Schichtbeginn in der Diako Klinik im Bremer Westen: Kurze Absprache mit dem Team, dann den Medikamentenplan lesen und Antibiotika auf die Spritze ziehen. Auf den ersten Blick unterscheiden sich die beiden Mitte-20-Jährigen kaum von den anderen Pflegekräften im Team.
Dabei gehören die sie einer besonderen Berufsgruppe an: Sie sind die ersten Absolventen des Studiums "Internationaler Studiengang Pflege" an der Hochschule Bremen und haben somit zwei Abschlüsse in der Tasche, einen Bachelor und die Berufszulassung als Pflegefachkraft. Das Studium sollte sie neben den Aufgaben von Pflegekräften auch auf die Leitung eines Pflegeteams oder akademische Aufgaben vorbereiten.
Der Beginn war holprig
Der Beginn des Studiums in 2019 sei ein wenig holprig und vor allem anstrengend gewesen, erinnert sich Kaylaah. Denn wenn andere Studierende sich auf vorlesungsfreie Zeit oder sogar einen Urlaub freuen konnten, ging es für Kaylaah und Daniel an die Arbeit. In den Semesterferien waren sie im Praxis-Einsatz auf der Station. Hinzu kommt, dass sie für ihre Arbeit kaum oder nur wenig Geld bekamen.
Dadurch, dass wir in den Semesterferien arbeiten mussten und es einfach kein oder nur wenig Geld gab, konnten viele das finanziell so einfach nicht machen.
Kaylaah Kuhr über ihre Arbeit im Studium
Das habe viele Studenten abgeschreckt, vermutet Kaylaah. Zu Beginn des Studiengangs im Jahr 2019 seien sie etwa 20 Erstsemester gewesen, zum Abschluss in diesem Sommer dann nur noch acht. Inzwischen wird der Studiengang ähnlich vergütet wie die Ausbildung. Seit Januar 2024 ist das im Pflegestudium-Stärkungsgesetz festgehalten.
Ähnliches Konzept schon im Ausland erprobt
Die Regelstudienzeit des Studiengangs dauert acht Semester, also vier Jahre, und liegt damit etwas über der gewöhnlichen Regelstudienzeit. Das zusätzliche Jahr ist dem hohen Praxisanteil geschuldet. Neben dem Studium müssen sich die Studierenden parallel um einen Ausbildungsvertrag bei einer Kooperationsstelle wie einem Krankenhaus bewerben. In Bremen geht das an verschiedenen Kliniken. Während dieser Bachelor in Bremen noch völlig neu war, gibt es ähnliche Konzepte schon lange in anderen Bundesländern und Ländern wie den Niederlanden und Amerika.
Einer der stärksten Unterschiede zum klassischen Pflegeberuf sei dabei der Fokus auf die Wissenschaft, erzählt Eric Potsch, Pflegeleitung am Diako: "Das Neue ist, dass es jetzt einen Studiengang gibt, der Pflegende akademisch qualifiziert, aber ganz explizit nicht vom Bett weg qualifizieren sollen. Sie sollen der Patienten-Versorgung zu Gute kommen."
Heißt im Klartext: Anstelle eines Studiums nach der Ausbildung, werden Pflegekräfte jetzt parallel zur Praxis akademisch ausgebildet. Potsch ist dabei vor allem eines ganz wichtig: Die Ausbildung brauche es weiterhin, nur so wird eine gute Zusammenarbeit möglich. Ihm geht es darum, die Stärken einer praxisnahen Ausbildung mit der einer akademischen Ausbildung zu verbinden.
Arbeitsgruppe geplant
Diese Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis soll in Zukunft weiter ausgearbeitet werden, erzählt die Pflegeleitung. Dafür gibt es in Bremen inzwischen eine Arbeitsgruppe.
In dieser Arbeitsgruppe finden keineswegs nur Akademiker ihren Platz. Auch langjährige Pflegekräfte aus der Praxis sollen so die Möglichkeit finden, ihr Wissen einzubringen. Denn auch die soll es weiterhin geben. Das Studium könne sie gar nicht ersetzen, findet Potsch.
Das ist mir sehr wichtig für unsere Pflegekräfte, die aus einer schulischen Ausbildung kommen. Wir haben eine große Achtung vor dem haben, was sie geleistet haben. Wir wollen auch nicht auf die Fähigkeiten und das Engagement verzichten.
Eric Potsch, Pflegeleitung an der Diako Klinik
Kaylaah und Daniel sind zufrieden mit ihrem Einstieg in den Pflegeberuf über das Studium. "Pionierstudiengänge haben immer Vor- und Nachteile, weil es die ersten auf ihrem Gebiet sind. Aber die Vorteile haben überwogen", sagt Daniel Liepins. Beide wollen erstmal weiterhin im Diako arbeiten – auf der Intensivstation und in der Chirurgie. Wie es in Zukunft für sie weitergeht und inwiefern sie ihren akademischen Grad noch nutzen wollen, ist noch nicht in Stein gemeißelt.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Next, 11. September 2024, 7:40 Uhr