Jeder 3. Pflegeazubi bricht ab – das tut Bremen dagegen

Körperpflege in einem Pflegeheim durch einen Pfleger (Symbolbild)

Jeder 3. Pflegeazubi bricht ab – das tut Bremen dagegen

Bild: Imago | photothek/Ute Grabowsky

Pflegekräfte werden händeringend gesucht. Doch jeder dritte Azubi bricht die Ausbildung ab. Das Bremer Projekt "Bleib dran" will das verhindern.

Bremen und Bremerhaven haben derzeit um die 1.500 Auszubildende in der Pflegebranche. Doch unter ihnen hadern viele mit dem Job. Alte Menschen oder schwerkranke Kinder und Erwachsene zu pflegen, ist seelisch und oft auch körperlich schwere Arbeit.

Seit einigen Jahren kommt dazu, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in dem Job zunimmt. Kommunen und Einrichtungsträger werben sie zum Teil gezielt aus dem Ausland an, um die Lücke beim Fachkräftemangel zu schließen. Sie machen inzwischen mehr als die Hälfte der Auszubildenden aus, bringen aber ganz eigene Probleme mit.

Magloire Donkeng-Songning, steht an der Bremer Schlachte und schaut in die Kamera
Ist für die Pflege-Ausbildung nach Deutschland umgezogen: Magloire Donkeng-Songning. Bild: Radio Bremen | Heike Zeigler

Magloire Donkeng-Songning, der aus Kamerun kommt und in Bremen lebt, ist einer von ihnen. Ohne die Hilfe durch das Bremer Projekt "Bleib dran" hätte der 29-Jährige seine Ausbildung schon abgebrochen. "Alle diese Sachen zu machen, da braucht man ehrlich gesagt Unterstützung. Allein konnte ich das nicht schaffen", sagt er.

In seiner Heimat hat der Kameruner bereits Biologie studiert, aber keinen Job gefunden. Dann gibt ihm sein Onkel, der seit vielen Jahren in Bremen lebt, den Tipp, sich in Deutschland um einen Ausbildungsplatz in der Pflege zu bewerben.

Für die Ausbildung nach Bremen gekommen

Am Goethe-Institut in Douala belegt er einen Sprachkurs, besteht und bahnt ein Bewerbungsgespräch per Videocall an. Mehr als 5.000 Kilometer liegen zwischen ihm und dem Einrichtungsleiter eines Altenheims der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bremer Umland. Ein bisschen aufgeregt sei er schon gewesen, und mit der richtigen Aussprache habe es auch nicht immer geklappt, erinnert er sich. Aber: Ein halbe Stunde später hat er die Zusage für einen Ausbildungsplatz. 

Seit elf Monaten ist Donkeng-Songning nun in Bremen und lernt, was Pfleger eben so können müssen. Sein Biologiestudium hilft ihm sogar etwas dabei. Anatomie, Physiologie und Parasitologie kommt in beidem vor. Doch vieles ist nicht so leicht wie er es sich vorgestellt hatte.

Sozialarbeiterin Anke Schmidt und Magloire Donkeng-Songning
Magloire Donkeng-Songning kann sich bei Problemen an Sozialarbeiterin Anke Schmidt wenden. Bild: Arbeitnehmerkammer Bremen

Formulare in Deutsch auszufüllen sei eine riesige Herausforderung. Aber am Schlimmsten sei es gewesen, als ihm die Wohnung gekündigt wurde. Für genau solche Fälle ist die Sozialarbeiterin des Projektes, Anke Schmidt, da. Denn wenn Auszubildende überfordert sind, geben sie auch schnell ihre Ausbildung auf.

Ich gucke dann gemeinsam mit den Auszubildenden zum Beispiel nach Wohnungsanzeigen. Wir überlegen gemeinsam, was für eine Sprachförderung man in Anspruch nehmen kann. In vielen Fällen braucht es einfach eine allgemeine Sozial- und Lebensberatung.

Anke Schmidt, Sozialarbeiterin

Beratungsbedarf ist vor allem im ersten Lehrjahr groß

Sozialabreiterin Anke Schmidt von der Arbeitnehmerkammer Bremen
Anke Schmidt ist Teil des Projekts "Bleib dran" und hilft Auszubildenen bei vielen Problemen. Bild: Arbeitnehmerkammer Bremen

Schmidt leitet das Projekt "Bleib dran" seit nun zehn Monaten. Mehr als 80 Auszubildende haben sich seither an sie gewandt. Den meisten Beratungsbedarf hätten die Auszubildenden im ersten Lehrjahr, wenn alles noch neu ist und sie erstmals erleben wie anspruchsvoll der Pflegeberuf ist. Dran bleiben und konkret Hilfe leisten, sei dann das Wichtigste, sagt Schmidt.

Bei gut Zweidrittel der Menschen, die in ihre Sprechstunde kommen, ist Deutsch nicht die Muttersprache. Ihre Sorgen und Probleme sind unterschiedlich, ähneln sich aber auch. Sprachprobleme beim Bewältigen des Lernstoffes ist ein Thema, aber auch Einsamkeit. Einige der Auszubildenden aus dem Ausland kommen ohne Familie hierher. Deshalb hat Schmidt unter anderem auch einen Stammtisch für die Azubis eingerichtet. So können Freundschaften und auch Lerngruppen entstehen.

Seit der Covid-19-Pandemie ist das Bewusstsein für die Relevanz der Pflegeberufe gestiegen. Deshalb hat das Land Bremen zusammen mit der Arbeitnehmerkammer das Projekt "Bleib dran" auch auf die Pflegeberufe erweitert. Das Programm gibt es seit einigen Jahren zum Beispiel für Handwerksberufe, wo die Branche auch über Nachwuchssorgen klagt. Drei Jahre läuft das Modellprojekt für die Pflege. Dann müssen das Land Bremen und die Arbeitnehmerkammer neu entscheiden, ob sie es weiterführen.

Magloire Donkeng-Songning will jedenfalls dran bleiben und seine Ausbildung zum Pfleger bis zum Ende durchziehen.

Die Arbeit an sich ist schwierig. Aber wenn man es mit ganzem Herzen macht, geht es.

Magloire Donkeng-Songning, Auszubildener

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Bild: Radio Bremen

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Autorin

  • Heike Zeigler
    Heike Zeigler

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 29. August 2024, 8:40 Uhr