Fragen & Antworten

Von echten und "falschen" Bauernprotesten rund um Bremen

Bauerndemos in Bremen und umzu: Entgleisen die Proteste?

Bild: dpa | Bernd Weißbrod

Die sogenannten Bauernproteste reißen nicht ab. Doch nicht hinter allen Aktionen stecken wirklich Landwirte. Wer dieser Tage was vor der Kulisse aus Traktoren erreichen will.

Am Freitag demonstrierten sie im Bremer Stadtgebiet, vorige Woche zogen sie durch Bremerhaven: die Landwirte – oder zumindest Protestler, die so aussehen. Nicht selten drohten ihre Proteste zuletzt zu eskalieren: etwa bei den Hafenblockaden in Bremerhaven in der vergangenen Woche, bei der Blockade der Druckerei der "Nordsee-Zeitung" in der Nacht zum Donnerstag oder auch, als bislang unbekannte Täter mit Mist, Ästen und Autoreifen am 1. Februar Feuer an der A27 entzündeten.

Auch für das kommende Wochenende sind weitere Aktionen rund um Bremen und Bremerhaven zu erwarten. So haben unter anderem Landwirte für das Wochenende Mahnfeuer im Bereich Wanna angemeldet, sagt die Polizei. Diese Feuer würden polizeilich begleitet. Was aber steckt hinter all diesen Protesten? Ein Überblick.

Wer demonstriert gerade mit Traktoren auf den Straßen?

Die Demo am Freitag in Bremen hat der Kreisverband Mittelweser des Landvolks Niedersachsen angemeldet, wie das Innenressort mitteilt. Doch nicht immer ist ersichtlich, auf wen welche "Bauernproteste" zurückzuführen sind. Zumal nicht alle tatsächlich auf das Konto von Landwirten gehen. Dazu muss man wissen: Bereits im Dezember hatten viele Berufsverbände ihre Unterstützung der Bauernproteste angekündigt. Spediteure, Jäger, Handwerker, Berufsfischer und andere Bürger haben sich von Beginn an daran beteiligt. Manche Proteste haben sich in der Folge verselbstständigt – auch in Bremen und umzu.

So sucht die Polizei weiterhin nach Zeugen für neun Brandausbrüche an der A27 bei Uthlede. Unbekannte Täter hatten dort am frühen Morgen des 1. Februars Heuballen, Geäst und in zwei Fällen auch Autoreifen angezündet. Dass es Landwirte gewesen sind, ist laut Polizei keinesfalls bewiesen.

Auch die Proteste vom Folgetag in Bremerhaven sind offenbar nur teilweise auf Landwirte zurückzuführen. Zwar berichtet die Polizei von Traktoren, die ab 5:30 Uhr im Zuge einer angemeldeten Demonstration im Überseehafengebiet in Weddewarden zeitweise Zufahrten blockiert hätten. Angemeldet war für diesen Zeitpunkt jedoch auch eine Demo "Gegen die Ampelpolitik und für den Mittelstand". Die Teilnehmer dieser Demo forderten den Rücktritt der Ampel-Regierung. Das Regierungsbündnis pumpe viel Geld ins Ausland, das hier gebraucht werde. Dabei gehe es zuerst um Deutschland, man brauche wieder "Werte wie früher", so einer der Aktivisten. Er will nach eigenem Bekunden "nicht rechts" sein, sondern "nur die Wahrheit sagen".

Werden die Bauernproteste in Bremen und umzu von Rechtsextremisten unterwandert?

Davon kann zumindest bei den Bauernprotesten im engen Sinn bislang nicht die Rede sein. Das sagt auch die Polizei. Allerdings ist in den vergangenen Wochen mitunter oft nicht klar gewesen, wer überhaupt gerade alles demonstriert.

Die Aktion im Januar, bei der Demonstranten auf dem Deichbrand-Festival-Gelände in Wanhöden mit leuchtenden Traktoren ein Herz für Deutschland gebildet haben, ist offenbar eine Demo aus dem selbsterklärten Mittelstand gewesen. Die Landvolkverbände haben sich von rechten Ideologien distanziert.

Und wie reagieren die Bauernverbände auf die zunehmende Eskalation der Proteste auch aus ihren Reihen?

Sie distanzieren sich von Ausschreitungen. So sagt Sonja Markgraf, Sprecherin des Landvolks Niedersachsen, dass ihr Verband auf Gespräche setze, keine Blockaden plane, wenn man auch sichtbar bleiben wolle. Allerdings könne ihr Landesbauernverband nicht für alle Kreisverbände sprechen.

Thorsten Gaul, stellvertretender Geschäftsführer des Kreisverbands Wesermünde im Niedersächsischen Landvolk, hat unterdessen mitgeteilt, dass sein Verband die Bauernblockade des Druckzentrums der Nordseezeitung in der Nacht zu Donnerstag verurteile.

Wie geht die Politik mit den vermeintlichen und tatsächlichen Bauernprotesten in Bremen und umzu um?

Sie sucht noch nach Antworten auf die Frage, wie sie mit den Protesten umgehen soll. So hat die Fraktion der SPD am Mittwoch eine Aktuelle Stunde in der Bürgerschaft beantragt. Das Thema: "Bauernproteste in Bremerhaven – friedliche Demonstration oder gefährliche Blockade kritischer Infrastruktur?"

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat die Blockade des Druckzentrums der "Nordsee-Zeitung" durch Bauern verurteilt. Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) bezeichnete die Attacken auf Polizisten vom Freitag als inakzeptabel. Inzwischen seien rund 120 Anzeigen wegen Nötigung gefertigt worden.

Bereits am Dienstag hatte der innen- und rechtspolitische Sprecher der Grünen, Michael Labetzke, die Hafenblockaden in Bremerhaven vom Wochenende verurteilt. Sie gingen zu weit, so Labetzke.

Was war nochmal der Auslöser der Bauernproteste?

Die Ampel-Koalition hatte im Dezember aufgrund eines 17-Milliarden-Euro-Defizits im Bundeshaushalt für 2024 unter anderem beschlossen, Steuern für Landwirte zu erhöhen, beziehungsweise Subventionen in die Landwirtschaft abzubauen. Daraufhin forderte der Deutsche Bauernverband, diese Beschlüsse zurückzunehmen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in Deutschland sei gefährdet.

Was fordern die Landwirte konkret?

Wie das Landvolk Niedersachsen mitteilt, geht es den Landwirten bei ihren Protesten unter anderem um:

  • steuerliche Entlastung
  • den Fortbestand von Subventionen für den Agrardiesel

Zur Erklärung: Der Bundestag hat Anfang Februar beschlossen, die so genannte Agrardieselbeihilfe von 21,48 Cent pro Liter bis 2026 in drei Schritten zu streichen – zum Unmut der Landwirte. Unter Agrardiesel versteht man den Dieselkraftstoff, den die Land- und die Forstwirtschaft verbraucht. Allerdings droht nun die CDU der Ampel damit, dem Wachstumschancengesetz im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern, sofern es bei den Agrardiesel-Kürzungen bleibt.

  • Weniger Einschränkungen durch das Düngerecht sowie durch die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP): Schon heute düngten die Landwirte nur so viel wie unbedingt nötig, sagt dazu Landvolk-Sprecherin Sonja Markgraf..
  • Geld und Planungssicherheit für eine "wettbewerbsfähige Tierhaltung".

Hier geht es im Kern um die Frage, wie und in welchem Umfang Bund und Länder die Landwirte dabei unterstützen, für mehr Tierwohl bei der Haltung von Nutztieren zu sorgen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wirbt derzeit erneut für eine Tierwohlabgabe, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. Der Haken an der Sache: Eine Abgabe auf Fleisch würde dieses teurer machen. Davor schrecken manche in der Koalition angesichts der stark gestiegener Lebensmittelpreise zurück.

Bremer Bauernpräsident: "Wir wollen informieren, nicht blockieren"

Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. Februar 2024, 19.30 Uhr