Interview

Immer mehr Austritte aus der CDU – auch in Bremen?

CDU-Landeschef Strohmann steht am Rednerpult.

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Bild: dpa | Focke Strangmann

In der CDU wächst die Kritik an Friedrich Merz. Wie die Stimmung in Bremen ist und welche Rolle das Land bei den Koalitionsverhandlungen spielt, erklärt CDU-Chef Heiko Strohmann.

Herr Strohmann, wie viele Leute haben in Bremen der CDU in den vergangenen Tagen und Wochen den Rücken gekehrt?

In den letzten Wochen hatten wir 16 Austritte, aber auch 13 Zugänge. Die Sterbefälle sind eigentlich immer bei uns die Hauptaustritte. Es gab keine Massenaustritte, aber es gibt schon große Teile, die unzufrieden sind mit der jetzigen Situation.

Das heißt, wenn Sie auf dem Flur in der Parteizentrale herumlaufen, sich mit Parteikollegen unterhalten, dann gibt es da schon viel Kritik?

Auf den Fluren nicht. Aber in den Verbänden, in den Chatgruppen. Die meisten Verbände in Bremen haben Chatgruppen, da spürt man schon, dass viele verunsichert sind: "Was hat das jetzt eigentlich zu bedeuten? Was wurde uns vor der Wahl erzählt? Und was passiert jetzt gerade?" Und es ist ja leider auch das Problem, dass wirklich jeder kleine Fitzel nach draußen gerät, aufgebauscht wird und deswegen die Leute auch ein bisschen verunsichert.

Wichtig ist, dass wir Ruhe bewahren.

Heiko Strohmann

Was ist denn der größte Kritikpunkt? Sind es die Schulden, die Merz ja noch vor ein paar Monaten ausgeschlossen hatte?

Was ich wahrnehme, ist, dass die Schulden an sich gar nicht das Problem sind. Die Art und Weise, wie er bis zur letzten Minute noch am Wahlabend gesagt hat, es wird keine Veränderung der Schuldenbremse geben, obwohl eigentlich klar war, dass es eine Veränderung geben muss – das ist gar nicht so das Momentum. Viele haben das Gefühl, dass die Sozialdemokraten viel mehr Punkte reinkriegen. Und die Hauptsorge ist, dass wir das Thema Migration nicht bewältigen können, dass man sich da nicht auf die richtigen Schritte einigen kann.

Sie sprechen jetzt von den anderen. Wie sieht es bei Ihnen aus? Macht es Sie sauer, dass Ihr Parteivorsitzender dafür sorgt, dass die Glaubwürdigkeit der CDU sinkt?

Nein, sauer macht mich das nicht. Und ich weiß ja auch, wie solche Sachen letztlich laufen. Aber ich glaube, wir müssen als CDU klar und deutlich auch mal zeigen: Wir haben nicht die absolute Mehrheit gewonnen. Wir haben nur 28,6 Prozent. Das vergessen einige in der CDU ein bisschen. Aber die SPD soll auch nicht so tun, als wenn sie über 30 Prozent erreicht hätte.

Es müssen sich jetzt beide Parteien wirklich zusammenreißen und das Richtige für Deutschland tun, weil sie beide die letzte Chance bis 2029 haben. Und ich hoffe, dass das alle begriffen haben. Auch was man machen muss, und wie wir einen vernünftigen Koalitionsvertrag hinbekommen.

Heiko Strohmann

Sollte der Koalitionsvertrag zu jedem Preis zustande kommen, aus Sicht der CDU, aus Ihrer Sicht?

Nein, nicht zu jedem Preis. Das muss man klar und deutlich sagen, weil ich da auch meine Erfahrung mit unser lieben Bundeskanzlerin Angela Merkel habe. Noch vier Jahre mit ihr hätten die CDU zerstört. Das darf es nicht geben. Und das ist Friedrich Merz auch klar.

Welchen Punkt würden Sie ausheben, der in der Bremer CDU so wichtig ist, dass Sie sagen, auf den müssen wir pochen, da können wir keine Abstriche machen?

Die Bremer CDU ist jetzt schon glücklich und zufrieden, beziehungsweise das Land Bremen kann glücklich und zufrieden sein. Wir haben den Bereich Hafen gut reingekriegt. Wir haben das Thema Raumfahrt gut hingekriegt. Und da muss man auch sagen, dass es da eine sehr gute Zusammenarbeit auch mit der SPD aus Bremen gegeben hat. Andreas Bovenschulte (Bremens SPD-Bürgermeister, Anm. d. Red.), Wiebke Winter und Thomas Röwekamp (beide CDU) haben wirklich die Interessen Bremens sehr gut vertreten. Wir können zufrieden sein. Aber es geht ja um das gesamte Konzept Deutschland eigentlich.

Die SPD möchte, sofern es zum Koalitionsvertrag kommt, ihre Mitglieder abstimmen lassen. Die CDU will das nicht. Ist das aus Ihrer Sicht ein Fehler, wenn man da sagt, wir machen das nicht. Möglicherweise auch aus Angst davor, dass die Mitglieder "Nein" sagen könnten?

Nein, also wir könnten das ja fordern als CDU-Mitglieder. Das gibt die Satzung auf Bundesebene ja auch her. Traditionell war das nie so die Sache der CDU. Die haben Vertrauen zu ihren Funktionsträgern, die sie in diese Ämter gewählt haben. Das haben wir aus Bremer Sicht auch. Das ist, glaube ich, nur eine traditionelle Sache.

(Das Gespräch führte Reza Vafa für Bremen Zwei. Aufgeschrieben und redigiert hat es Naomi Stieglmaier.)

Autor

  • Reza Vafa
    Reza Vafa Moderator

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 31. April 2025, 12:14 Uhr