Krawalle im Viertel: Wie groß ist die Gefahr von links, Herr Koehler?
Wie gefährden Rechts- und Linksextremismus sowie Islamismus in Bremen die Demokratie? Darüber spricht Felix Krömer mit dem neuen Chef des Bremer Verfassungsschutzes.
Am 31. Mai hat das Oberlandesgericht Dresden Lina E., eine mutmaßliche Linksextremistin, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Noch am selben Abend haben sich in Bremen rund 350 Menschen aus dem linken Milieu versammelt. Viele waren vermummt, Flaschen und Steine flogen. Die Polizei stand dem mit einem Großaufgebot gegenüber.
Es kam zu 70 vorläufigen Festnahmen. Beide Seiten werfen sich vor, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Wie groß die Gefahr durch extremistische Gruppierungen in Bremen ist, will Felix Krömer von Thorge Koehler, Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz, wissen.
1 So tickt die linke Szene in Bremen
Ab Minute 3:15 erklärt der 35-jährige Jurist, dass der Abend des 31. Mai gezeigt habe, "dass es eine aktive und gewaltorientierte linke Szene in Bremen gibt. Das, was wir hier auf den Straßen an diesem Abend gesehen haben, war im bundesvergleich heftig."
Auf die Frage, wie groß die Gefahr von links sei, antwortet Koehler ab Minute 4.
Die Gefahr ist durchaus groß und präsent. Das ist an diesem Abend deutlich geworden.
Thorge Koehler, Leiter Landesamt für Verfassungsschutz
Die Anhänger dieser Szene schrecken Amtsleiter Koehler zufolge nicht davor zurück, auch Gewalt anzuwenden sowohl gegen Polizeibeamte und vermeintliche Rechtsextremisten. Doch nicht nur das: "Was die Vergangenheit gezeigt hat, ist, dass bei solchen Aktionen auch immer wieder Unbeteiligte gefährdet werden."
2 So hat sich die rechte Szene im Land Bremen entwickelt
Kürzlich hat das Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, dass die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Das treffe auch auf Bremen zu, berichtet Koehler ab Minute 17.30.
Die Szene habe sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Große Überschneidungen gebe es mit sogenannten Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern.
Besorgniserregend ist die große Waffen- und Gewaltaffinität und Bereitschaft zur Eskalation.
Thorge Koehler, Leiter des Bremer Verfassungsschutzes
Während der Pandemie sei ein neues Phänomen hinzugekommen. Über die im Fachjargon genannte "verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" sprechen Koehler und Felix Krömer ab Minute 21. Dabei erklärt der gelernte Jurist, wie Staat und Presse verächtlich von Verschwörungtheoriken dargestellt werden, um teils verunsicherte Menschen für ihre Zwecke zu beeinflussen.
Welche Rollen die Parteien AfD und Die Bürger in Wut für den Bremer Verfassungschutz spielen, erfahren Sie ab Minute 24 beziehungsweise 28.
3 "Ruhe um Islamismus ist trügerisch"
"Es scheint ruhig geworden zu sein, wenn es um die Bedrohungslage durch Islamisten geht", leitet Moderator Krömer zum nächsten Thema über ab Minute 30. Diese Ruhe sei allerdings trügerisch, antwortet sein Gesprächspartner.
Auch in Bremen gäbe es Personenpotential für Gefahr durch Islamismus, so Koehler. Auch wenn man weiterhin bestimmte Orte wie einige Moscheen oder Seminare beobachte, habe sich die Szene digitalisiert und ins Internet und Messenger-Dienste verlegt. Das stelle die Arbeit des Verfassungsschutzes auch immer wieder vor neue Herausforderungen.
4 70 Mitarbeiter sind in Bremen für den Verfassungsschutz tätig
Insgesamt arbeiten rund 70 Mitarbeiter mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren beim Bremer Verfassungsschutz. Die Frauenquote liegt bei 44 Prozent. Von Polizeivollzugsbeamten, studierten Pädagogen und Islamwissenschaftlerinnen sei das Team breit aufgestellt, so Koehler. Dass auch V-Leute in Bremen zum Einsatz kommen und warum, erfahren Sie ab Minute 57.
5 So arbeitet der Bremer Verfassungsschutz
"Wir brauchen den Verfassungsschutzes, weil unsere Demokratie schützenswert ist", sagt Koehler. Dazu werden Informationen zu Personen, Organisationen und Gruppierungen erhoben, ausgewertet und kommuniziert.
Der Verfassungsschutz unterteilt seine Arbeitsweise in drei Stufen, wie Sie ab Minute 13 erfahren können. Nachrichtendienstliche Mittel dürfen bei der ersten Stufe, dem Prüffall, nicht eingesetzt werden. Es werden also nur öffentliche Quelle genutzt und ausgewertet.
Werden an dieser Stelle Hinweise gefunden, dass es sich um eine extremistische Bestrebung handeln könnte, wird in der Regel ein Verdachtsfall erhoben. "Dann dürfen auch nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden."
Dazu gehört beispielsweise die unbemerkte Beobachtung von Personen, Ereignissen oder Objekten. Wenn Anhaltspunkte gefunden werden, dass es sich wirklich um extremistische Bestrebungen handelt, wird die dritte Stufe erreicht, in der von Beobachtungsobjekten gesprochen wird.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 24. Juni 2023, 19.30 Uhr