Israeli und Palästinenser reden in Bremer Klassenzimmer über Frieden
Zwei Aktivisten haben Halt an einem Bremer Gymnasium gemacht. Ihr Hintergrund ist verschieden, ihre Botschaft dieselbe: für Frieden im Gespräch bleiben.
Ein Palästinenser und ein Israeli sprechen über Frieden und fordern Versöhnung und eine Abkehr von der Gewalt – nicht erst seit dem Terroranschlag der Hamas auf Israel ist das alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Doch für den Palästinenser Osama Eliwat und den Israeli Rotem Levin ist es die einzige Lösung. Sie gehören zu der Aktivistengruppe "Combatants for Peace" (CfP) und sind überzeugt, dass nur durch Dialog und Empathie eine Lösung für den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis gefunden werden kann. Deshalb sind die beiden Männer am Mittwoch vor Schülerinnen und Schülern der elften und zwölften Jahrgangsstufe eines Bremer Gymnasiums zusammengekommen und haben erzählt, mit welchen tief verwurzelten Vorurteilen sie aufgewachsen sind.
Zweifel während der Zeit in der israelischen Armee
"Schon als kleiner Junge war mir klar, dass ich zur Armee muss, wenn ich meine Familie und Mitmenschen beschützen und von der Gemeinschaft akzeptiert und geliebt werden will", sagt Levin. Doch während der drei Jahre in der israelischen Armee seien ihm Zweifel gekommen. Nach der Wehrpflicht fing er an, sich für Verständigung einzusetzen.
"Combatants for Peace" besteht fast nur aus Menschen, die vor ihrem Engagement für den Frieden auf einer der beiden Seiten kämpften. Seit 2006 setzt sich die Organisation für eine Aussöhnung von Israelis und Palästinensern ein.
Umdenken nach Abendessen in Bethlehem
Eliwat wuchs in Jerusalem auf und erzählt, wie er und seine Familie von der israelischen Armee drangsaliert worden seien: "Ich bin mit großer Angst vor den Soldaten aufgewachsen. Mit der Zeit wurde aus Angst Hass. Ich habe gesehen, wie Soldaten meine Lehrer schlugen, meinen Vater. Und ich wollte Rache."
Erst als Eliwat von einem Freund zu einem Abendessen in Bethlehem eingeladen wurde, habe er erstmals richtige Gespräche mit Israelis geführt. Daraufhin habe er Hebräisch gelernt und Führungen für Israelis in palästinensische Gebiete organisiert, um ihnen zu zeigen, unter welchen Umständen viele Menschen dort leben.
Mir ist bewusst geworden, dass meine Sichtweise nicht die einzige ist. Meine Geschichte ist nicht die einzige. Mir ist klar geworden, dass ich nicht erwarten kann, dass mich andere Menschen verstehen, wenn ich mich nicht in sie hineinversetze.
Osama Eliwat
Lehre aus dem Vortrag: Mehr an die Menschen denken
Doch es gibt auch Kritik an "Combatants for Peace". Die israelnahe Organisation "NGO Monitor" wirft den CfP-Aktivisten einen einseitigen Blick auf den jahrzehntealten Konflikt vor. Eliwat spricht in seinem Vortrag häufig von Israel als Besatzungsmacht und von der "Nakba", auf Deutsch: die Katastrophe. Dabei geht es um den Vorwurf der Palästinenser gegen Israel, im Jahr 1948 rund 700.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben zu haben. Dass Jüdinnen und Juden aus arabischen Ländern vertrieben wurden, kommt in dem Vortrag nicht vor. Auch der Überfall auf Israel im Jahr 1948 – nur einen Tag nach der Staatsgründung – wird nicht erwähnt.
Lehrerin Nora Laux hat den Besuch der Aktivistin nach Bremen organisiert. Ihr Ziel sei, "dass die Schülerinnen und Schüler offener werden. Dass sie sich Perspektiven anhören, die ihnen erstmal nicht gefallen". Das scheint gelungen zu sein, eine Schülerin sagt nach dem Vortrag von Eliwat und Levin: "Ich werde das Ganze vielleicht nicht mehr so politisch sehen wie vorher. Und mehr an die Menschen denken."
Einsatz für Frieden notwendiger denn je
Die beiden Männer hatten ihre Vortragsreise lange vor dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober geplant. Wenn sich die Situation in Gaza nicht beruhige, wollen sie weiter öffentlich auftreten. Denn jetzt sei ihr Einsatz für den Frieden notwendiger denn je.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 13. Dezember, 19.30 Uhr