Fragen & Antworten
Pollen und Heuschnupfen: Wird es immer schlimmer für Allergiker?
Viele Menschen in Bremen und Bremerhaven haben mit Pollenallergien zu kämpfen. Aber nimmt die Pollenbelastung wirklich zu?
Das warme Wetter, das in der letzten Zeit Bremen erreicht hat, spüren Menschen mit Heuschnupfen ganz besonders – und zwar nicht im positiven Sinne. Denn mit der Sonne kommen auch die Pollen und die scheinen dieses Jahr wieder besonders stark in der Luft zu schweben. Woran liegt das? Wir haben bei Experten aus der Meteorologie und der Medizin nachgefragt.
Wie sehr ist Bremen momentan durch Pollen belastet?
Die Pollenbelastung ist unterschiedlich, und das sei erstmal nichts Ungewöhnliches, sagt Christina Endler, Medizinmeteorologin beim Deutschen Wetterdienst. "Die Bäume unterliegen mal mehr und mal weniger Blüten. Das hat auch meteorologische Gründe." So seien die Witterungsbedingungen besonders günstig, wenn der Sommer trocken sei, aber auch bei Spätfrost wird die Produktion nochmal angekurbelt. Außerdem gebe es auch ganz natürliche Schwankungen bei den Pflanzen, was ihre Blütenproduktion angeht.
In diesem Jahr wird aber eine höhere Konzentration von Hauptallergenarten wie Birke und Erle gemessen, woran das liegt, sei allerdings nicht ganz klar. Die Belastung der besonders allergenen Pollen wird übrigens von Meteorologen gemessen und ähnlich einer Wettervorhersage veröffentlicht. Die meisten Pollenarten werden allerdings nicht berücksichtigt, da nur wenige von ihnen als besonders relevant für Allergiker gelten.
Die phänologische Uhr
Phänologische Jahreszeiten werden anhand der Pflanzen gemessen, die in der Zeit blühen. Im Gegensatz zu den uns bekannten vier Jahreszeiten gibt es im phänologischen Kalender zehn verschiedene Jahreszeiten, die sich über die Jahre hinweg durch Klimaveränderungen verschieben können. Mit einem Klick auf das aktuelle Jahr sieht man die Veränderungen im Raum Bremen.
Welche Rolle spielen die Klimakrise und Umweltverschmutzung bei den Pollen?
Auch hier könne es keine abschließenden Aussagen geben, allerdings haben Studien über Ambrosia gezeigt, dass diese Pflanze bei einem höheren CO2-Gehalt in der Luft mit einem stärkeren Blütenwachstum reagieren. Außerdem können Luftschafstoffe den Allergengehalt, der schlussendlich entscheidend für die Symptome ist, verändern. Schlechte Umweltbedingungen bedeuten eben auch für die Pflanzen Stress und das kann sich in einem veränderten Allergengehalt oder mehr Blütenproduktion äußern.
Was nun bereits schon definitiv messbar ist: "Wir sehen, dass durch die höheren Temperaturen, schon früher bestimmte Pflanzen blühen. Es verschiebt sich alles nach vorne", so Endler. Durch das mildere Klima würde sich außerdem das Ende weiter nach hinten verschieben. In der Konsequenz heißt das: "Die pollenfreie Zeit verkürzt sich. Eigentlich haben wir nur noch den November. Die Erholungszeit für Allergiker ist also sehr begrenzt." Auch das Umweltbundesamt hat in der letzten Klimawirkungs- und Risikoanalyse Pollen thematisiert. Die Befürchtung sind neben längerer und intensiverer Belastung außerdem, dass sich durch wärmeres Wetter, weitere Pflanzen ansiedelnd, die allergene Pollen verbreiten.
Ist Heuschnupfen gefährlich?
Laufende Nase, tränende Augen und Kopfschmerzen nerven, das ist klar. Aber zumindest sind die Symptome für uns erstmal ungefährlich. Warum wir trotzdem etwas dagegen unternehmen sollten, erklärt die Allergologin und Oberärztin beim Bremer Klinikverbund Geno Dr. Yvonne Liß: "Wenn die Allergie nicht behandelt wird, kann es dazu kommen, dass die Symptome in die tieferen Atemwege wandern. Wir sprechen hier von einem Etagenwechsel. So können Patienten dann ein Asthma entwickeln."
Geschützt sei niemand vor der Allergie, auch mit 60 kann sie sich entwickeln. Bestimmte Faktoren erhöhen allerdings das Risiko: Wer Neurodermitis hat, entwickle beispielsweise leichter Heuschnupfen.
Eine Allergie ist im Übringen eine Abwehrreaktion des Körpers, der mit Antikörpern auf die eigentlich harmlosen Pollen reagiert. Stark vereinfacht läuft der Prozess so ab: Die Antikörper sorgen in Mastzellen dafür, dass Histamin freigesetzt wird und so die unbeliebten Symptome entstehen. Die Forschung ist hier allerdings noch nicht so weit, wie man vielleicht erwartet. Warum Allergien entstehen, sei zum Beispiel noch Gegenstand aktueller Untersuchungen, so die Medizinmeteorologin Christina Endler.
Was können wir gegen die Allergie tun?
Wenn sich das Klima weiter verändert, die Allergene in den Pollen aggressiver werden und eventuell auch mehr Menschen Heuschnupfen entwickeln, stellt sich schnell die Frage: Sind wir der Entwicklung hilflos ausgeliefert? Müssen wir uns mit Symptomen und Konsequenzen abfinden? Ganz so hoffnungslos ist die Situation zum Glück nicht.
Mit Hyposensibiliseriungstherapien, die inzwischen nicht nur in Spritzenform, sondern auch mit Tropfen und Tabletten durchgeführt werden, kann sich der Körper an die Allergene gewöhnen und es kann eine große Entlastung für die Betroffenen geben. Wie stark Patienten darauf ansprechen, sei allerdings individuell unterschiedlich. Und ob überhaupt eine solche Therapie nötig ist, wird anhand klar definierter Kriterien entschieden.
Um die Symptome zu lindern, empfiehlt die Allergologin Liß Antihistaminica, wobei auch hier individuell geprüft werden muss, wie die verschiedenen Optionen wirken.
Generelle Maßnahmen, um die Pollenbelastung in der Nähe möglichst gering zu halten seien außerdem: Lüften nur zwischen 23 und 4 Uhr, die Haare abends waschen, Kleidung nicht im Schlafzimmer ausziehen, Nasenduschen und eine Urlaubsplanung gemäß der Pollensaison im Hochgebirge und an der Meeresküste.
Dieses Thema im Programm: Cosmo, 12. März 2022, 11:35 Uhr