Auf einer Station einer Bremer Klinik haben jetzt Azubis das Sagen
Was sich waghalsig anhört, soll die Ausbildung verbessern. Denn dort bleiben zu oft wichtige Dinge auf der Strecke. Und die Patienten sind zufrieden mit dem Pflege-Nachwuchs.
Es ist ruhig auf der Station 5b des Diako-Krankenhauses in Bremen-Gröpelingen. Pflegepersonal huscht über die Gänge, hier und da laufen Patientinnen und Patienten über den Gang. Aber für Leonie Hoheisel ist es ein aufregender Tag. Es ist ihre erste Schicht in Eigenregie auf der neuen Station. Einen Monat lang soll sie zusammen mit 17 weiteren Auszubildenden die Station alleine leiten und versorgen.
Das ist wirklich ein anderes Gefühl als wenn man als Praktikantin arbeitet, wo es heißt: "Geh' mal zur Klingel und kümmere dich um die Patientin."
Leonie Hoheisel
Hoheisel wirkt trotzdem entspannt, macht sich mit dem Computer-Programm und den Akten der Patientinnen und Patienten vertraut. Dienstplanung, Tabletten zusammenstellen, sich um Patienten kümmern. All das liegt jetzt auf den Schultern des jungen 18-köpfigen Teams.
Azubis aus unterschiedlichen Bereichen arbeiten gemeinsam
Hoheisel gehört dazu. Sie studiert im dritten Semester den dualen Studiengang Pflege an der Hochschule Bremen. "Als ich erfahren habe, dass ich die Ausbildungsstation mitmachen darf, habe ich mich schon gefreut", sagt sie. "Aber ich hatte auch ein bisschen das Bibbern, weil ich nicht wusste, was jetzt wirklich auf mich zukommt."
Ich glaube, am Anfang kann man sich dieses Ausmaß, was wir jetzt alles erarbeitet haben, gar nicht vorstellen.
Leonie Hoheisel
Dabei werden die Pflegekräfte allerdings nicht ins kalte Wasser geworfen: Vorab wurden sie vier Tage geschult, zur Vorbereitung auf diesen Monat.
Auf der Station arbeiten in diesem Monat aber nicht nur die Studierende der Pflegewissenschaften. Auch die hauseigenen Auszubildenden und der Nachwuchs der medizinischen Fachangestellten gehören zum Team, das sich in nächster Zeit um die Patientinnen und Patienten kümmert.
Das Projekt gibt es schon zum dritten Mal
Die Idee zu dieser ungewöhnlichen Praxisphase kommt von Markus Janssen. Er leitet den Bereich der Pflegeausbildung im Diako. Das erste Mal hat das Projekt 2020 stattgefunden.
In der Ausbildung lernt man über Krankheitsbilder, über Pflegeplanung, den Prozess. Man lernt Visiten ausarbeiten, Kommunikation, Anamnesegspräche. Was man nicht lernt sind Leitungsaufgaben. Was mache ich, wenn ein Dienst ausfällt?
Markus Janssen, Leiter der Pflegeausbildung im Diako
Das sollen die Auszubildenden in den nächsten knapp vier Wochen hier lernen: Dienste planen, Mitarbeiter koordinieren und Verantwortung übernehmen. Und die Idee kommt gut an: Mittlerweile gibt es die Station der Auszubildenden zum dritten Mal.
Die Rückmeldung der Patienten war bisher durchweg positiv, sagt Janssen. Viele hätten im Vorfeld Sorgen gehabt, als sie gehört hätten, dass sie auf die Ausbildungsstation kommen. "Und am Ende waren die positiv überrascht, wie viel Zeit die Auszubildenden sich genommen haben, wie die Versorgung war, wie klar sie auch aufgeklärt wurden", sagt Janssen.
Der Patient hat vollstes Vertrauen
Auch Hans Dummann hat bisher sehr gute Erfahrungen auf der Station gemacht, sagt er. Er liegt seit dem vergangenen Wochenende auf Station 5b. Ein mulmiges Gefühl oder etwa Angst hat der 77-Jährige nicht.
Die müssen ja auch lernen, sind ja auch ausgebildete Kräfte dabei. Von daher: vollstes Vertrauen.
Patient Hans Dummann
Die eigentlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind weiter im Hintergrund tätig. Und an Markus Janssens Team, die zentrale Praxisanleitung, können sich die jungen Pflegekräfte auch jederzeit wenden.
Der Ausbilder ist stolz, denn das Chaos bleibt aus
Bisher hat der Nachwuchs aber alles im Griff. Auch wenn das Projekt gerade erst beginnt – Ausbildungsleiter Janssen ist jetzt schon stolz. "Es war immer die erste Woche die Chaos-Woche, aber dieses Mal überhaupt nicht", sagt er.
Ich war heute Morgen um sechs schon da. Es war ruhig, es war koordiniert, die wussten genau, was sie tun sollten. Das kannte ich so nicht von den Vorgängern.
Markus Janssen, Leiter der Pflegeausbildung im Diako
Leonie Hoheisel freut sich auf das, was sie in den nächsten Wochen noch erwartet. Und sie freut sich schon jetzt auf das Ende des Projekts, sagt sie. "Weil ich dann sehr, sehr viel erfahren und sehr viel gelernt haben werde."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 22. Februar 2024, 13:38 Uhr