Hintergrund
Wahllokal bis Weltrekord: Was, dafür wurde Bremens Messe mal genutzt?
Vor drei Jahrzehnten errichtet, dienen Bremens Messehallen nicht nur Fachpublikum als Anlaufstelle. Auch für kuriose Zwecke sind sie gut – wie diese zehn Beispiele zeigen.
Seit Ende der 1990er Jahre sind die acht Messehallen auf Bremens Bürgerweide ein Magnet für Veranstaltungen, Messen, Kongresse, Hauptversammlungen, Tagungen, Konzerte, Sport-Events, Bankette, Konzerte und Shows. Doch gerade in den vergangenen Jahren wurden die Messehallen auch immer wieder für sehr außergewöhnliche Zwecke genutzt.
1 Seit Ende der 1990er: "Hölle, Hölle, Hölle!" in der Halle
Als die Messehallen in den 90er Jahren fertiggebaut waren, fehlten Bürgerweide und Freimarkt auf einen Schlag ein Teil ihrer Fläche. Da war es nur konsequent, die Messehallen einfach in die "fünfte Jahreszeit" Bremens zu integrieren.
Inzwischen gehört die "Freimarktparty" nach dem Rummelbesuch für viele Bremerinnen und Bremer zur Tradition – in den ersten Jahren wurde noch in Halle 6 gefeiert, heute in Halle 7.
2 Seit 2006: Anonyme Alkoholiker zu Gast in Bremen
Alle zehn Jahre trifft sich die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker zu ihrem deutschsprachigen Ländertreffen in der Hansestadt. Betroffene, ihre Angehörigen, Freunde und an der Arbeit der Vereinigung interessierte Menschen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und vielen weiteren Ländern teilen dabei ein Wochenende lang Erfahrungen, Kraft und Hoffnung. In der Messe Bremen fanden schon 2006 und 2016 Treffen statt. Auch 2026 wird die Bremer Messe wohl wieder die Türen für die Anonymen Alkoholiker öffnen.
3 Seit 2017: Weihnachtsessen für 1.000 Bedürftige
Ein außergewöhnliches Event ist auch das seit 2017 stattfindende Weihnachtsessen "Dein Festmahl" für bedürftige Bürgerinnen und Bürger. Rund 1.000 von ihnen waren auch im vergangenen Dezember in die Messehalle 4 geladen. Traditionell gab es dort Ente mit Klößen und Rotkohl.
Viele der Gäste, die im Alltag wenig Geld haben und oft auf Organisationen wie die Suppenengel und die Tafel angewiesen sind, kommen so einmal raus aus dem Alltag. Außerdem können sie sich medizinisch versorgen oder die Haare schneiden lassen. Organisiert wird die Veranstaltung von ehrenamtlichen Helfern, darunter auch Mitarbeitende der Messe Bremen.
4 Dezember 2018: Maß nehmen für den Weltrekord
2017 wagte ein Team aus Falschschirmspringern aus dem Bremer Raum einen Weltrekordversuch. Gemeinsam trugen sie eine rund 35 mal 74 Meter messende Deutschland-Flagge durch die Lüfte. Zum anschließenden Maßnehmen der Flagge wollten es die Offiziellen vom Guinness-Buch der Rekorde allerdings genau wissen. So wurde das gigantische schwarz-rot-goldene Stück Stoff schließlich auf dem Fußboden von Bremens Messehalle 5 ausgebreitet. So wurde der Weltrekord für die "größte während eines Fallschirmsprungs mitgeführte Fahne" nach offizieller Vermessung bestätigt.
5 März 2020: Klinikum Mitte eröffnet Corona-Ambulanz
Im Frühjahr 2020 erreichte die Corona-Pandemie auch Bremen. Daraufhin wurden die Messehallen gleich in mehrfacher Hinsicht für die verschiedensten Aufgaben genutzt. Um sich zu wappnen, wurde so gleich zu Beginn der Pandemie in Halle 5 die Corona-Ambulanz des Klinikums Mitte eingerichtet. Die Messe wurde also kurzerhand zu einer Art Krankenhaus umfunktioniert, um die Kliniken in Bremen und Bremerhaven zu entlasten.
6 2020 bis 2021: Bürgerschaft tagt in den Messehallen
Corona veränderte auch die Arbeit der Bremischen Bürgerschaft. Die Masken- und Abstandsregeln bestimmten den politischen Alltag. Dies führte dazu, dass Bremens Politikerinnen und Politiker für ihre Sitzungen in die Messe umzogen, wo sie in Halle 7 und im Kongresszentrum an weit auseinander gerückten Tischen tagten.
Insgesamt fanden so von März 2020 bis Juli 2021 insgesamt 14 Plenarsitzungen der Bürgerschaft in den Messehallen statt. Hinzu kamen noch ein Dutzend Sondersitzungen. Auch das Behindertenparlament und die Klima-Enquete-Kommission tagten während der Pandemie in den Messehallen.
7 Dezember 2020: Riesiges Impfzentrum eröffnet
Als Ende 2020 die ersten Impfungen gegen das Corona-Virus zur Verfügung standen, rückte das Messegelände erneut in den Fokus. Denn schnell war klar: Bis zu 1.500 Menschen täglich aus Bremen und umzu sollten auf der Bürgerweide gegen Corona geimpft werden. Vom 27. Dezember 2020 bis zum 22. Oktober 2021 wurden daraufhin in Halle 7 zehntausende Menschen gepikst.
Wie bei anderen solcher "Gastveranstaltungen", habe die Messe dabei die Veranstaltungstechnik organisiert, sagt der Sprecher des Messe-Betreibers M3B, Jan Klaassen. Die Veranstaltung selbst wurde von den Vertragspartnern durchgeführt, also in diesem Fall dem Gesundheitsressort und den mit der Arbeit vor Ort beauftragten Hilfsorganisationen wie Johanniter, ASB und DRK.
8 September 2021: Landgericht macht Halle 4 zum Gerichtssaal
Im Zuge der Pandemie klopfte schließlich auch eine andere Bremer Institution bei der Bremer Messegesellschaft an: das Landgericht. Der Grund: Die Richterinnen und Richter sehen keinen Raum, im Gerichtsgebäude an der Domsheide die Corona-Abstandsregeln einzuhalten. Also verlegten sie aktuelle Prozesse kurzerhand auf die Bürgerweide.
Darunter auch einer der sogenannten Encrochat-Prozesse – benannt nach einem Messenger-Dienst, über den Ermittler kriminelle Drogengeschäfte aufgedeckt hatten. Der Prozess fand in der Messehalle 4 statt. Fünf Drogenhändler wurden dort im September 2021 vom Bremer Landgericht zu teils hohen Haftstrafen verurteilt.
9 März 2022: Geflüchtete ziehen in die Hallen 6 und 7
Nach der Corona-Pandemie folgte auf dem Messegelände der nächste Ausnahmezustand. Mitte März 2022 wurden hunderttausende ukrainische Menschen, vor allem Kinder und Frauen, vom russischen Angriffskrieg gegen ihr Land in die Flucht getrieben. In Bremen fanden viele von ihnen in der Messehalle 6 eine vorübergehende Bleibe. Später kam auch die Halle 7 dazu.
10 April und Mai 2023: Wahlstube für türkische Wähler
Eine weitere Gastveranstaltung, die für eine Messe ungewöhnlich ist, war die Türkei-Wahl im vergangenen Jahr. Diesmal stellten die Bremer Messemacher die Hallen im Auftrag des türkischen Generalkonsulats in Hannover zur Verfügung. Zunächst war es vom 29. April bis 1. Mai die Halle 4, die als Wahllokal für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei diente – 14 Tage vor den Wahlen in der Türkei selbst.
Auch für die Stichwahl am 20. und 21. Mai fanden sich wieder viele türkische Wähler in der Bremer Messe ein – diesmal in Halle 7.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. Januar 2024, 19:30 Uhr