Kommentar

Gefahr durch Fake-News: "Demokratiezersetzendes Gift muss man stoppen"

Ein Finger tippt auf einem Handy-Display.
Bild: dpa

In Bremen starten mehrere Institutionen eine neue Kampagne gegen Desinformation im Netz. Richtig so, meint Frank Schulte, der Regionalchef von buten u binnen.

Es lässt einem den Atem stocken, welche Wucht Desinformationskampagnen in sozialen Netzwerken mittlerweile entfalten können. Zuletzt wurde der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Rumänien wegen einer solchen Kampagne unter nachweislich russischem Einfluss gerichtlich für ungültig erklärt. Da ist es wenig überraschend, dass auch die Bundestagswahl Ziel solcher Einflussnahme werden könnte. Die Sorge ist konkret, die manipulativen Kräfte im Netz werden mittlerweile sehr ernst genommen. Zu Recht. Längst ist das kein nerdiges Nischenphänomen mehr.

Wie Desinformation funktioniert

Verunsicherung sähen, Ängste schüren, Länder mit freier Meinungsäußerung und freien Wahlen als schwach und dysfunktional brandmarken, autoritäre Akteure als Heilsbringer glorifizieren – die Methoden und Werkzeuge der Desinformanten sind ebenso perfide wie wirkungsvoll. Es ist verlässlich dokumentiert, wie aus Staaten wie Iran, China und Russland absolut professionell orchestrierte Desinformationskampagnen gefahren werden: da werden Seiten etablierter Medienhäuser kopiert und mit Fake-News befüllt, automatisierte Bots verteilen solche "Informationen" in atemberaubender Geschwindigkeit.

Relativ neu ist die Strategie, Influencer mit hohen Reichweiten für Desinformation anzuwerben und regionale Netzwerke aufzubauen. Das passiert auch in unserer Region.

Keine Desinformation ohne Publikum

Man mag das alles absurd und lächerlich finden. Aber leider finden diese Botschaften ihr Publikum. Sie spielen häufig mit Unzufriedenheit, Frustration und bedienen Vorurteile. Beliebte Narrative funktionieren so: früher war alles besser, ihr werdet betrogen und getäuscht, eure Politiker sind komplett unfähig, sie regieren gegen das Volk, ohne eine starke Führungsfigur ist das Land verloren, Ausländer sind an allem schuld. Schrill sind diese Botschaften. Und einfach. Sie polarisieren. Vor allem aber emotionalisieren sie.

Wie stark solche Botschaften tatsächlich direkten Einfluss auf die Meinung einzelner Menschen haben, ist umstritten. Am besten scheinen sie auf diejenigen zu wirken, die ohnehin schon in dieses ideologische Spektrum tendieren. Bei diesen Menschen rufen diese Botschaften viel Bestätigung hervor.

Jeder kann etwas tun

Muss man das einfach so hinnehmen? Die Antwort ist schlicht und einfach: nein. Jede Menge kann getan werden, um dieses demokratiezersetzende Gift zu stoppen. Positiv: In Behörden und Ministerien gibt es mittlerweile Frühwarnsysteme, es existiert viel mehr Wissen, um schon frühzeitig Kampagnen zu erkennen. Dass Verfassungsschutz, Bürgerschaft und Landeszentrale für politische Bildung jetzt gemeinsam auf diese Problematik aufmerksam machen, ist ein wichtiges Signal.

Auf europäischer Ebene gibt es einige umfassende Gesetzesinitiativen, um die großen Plattformbetreiber stärker in die Pflicht zu nehmen. Allerdings ist es keine rein politische Aufgabe, solche Desinformationen in sozialen Netzwerken einzudämmen. Für eine bessere Kompetenz im Umgang mit Medien bei Kindern und Jugendlichen engagieren sich Schulen und viele Medienhäuser. Auch Radio Bremen. Aufklärung hilft.

Desinformation ist keine Meinungsfreiheit

Um es klar zu sagen: Wir sprechen hier über bewusste Desinformation, über Manipulation, Verunglimpfung und Lüge – also über Strategien, gezielt und absichtsvoll Meinungen in eine bestimmte Richtung zu schieben, um damit politischen Einfluss auszuüben. Das fällt nicht mehr unter Meinungsfreiheit. Genau die brauchen wir aber – und wie! Denn ohne Zweifel liegt in Deutschland vieles im Argen, über das diskutiert werden muss: die schwache Wirtschaft, zu viel Bürokratie und Regulierung, kaputte Infrastrukturen – die Liste ist leider lang. Hier helfen aber keine Desinformationen weiter. Und vermeintlich einfachen Wahrheiten und Heilsversprechen haben noch nie Probleme gelöst. Auch das gilt es zu vermitteln.

  • Nachrichten im Netz – Fakt oder Fake?

    Sie wollen wissen, wie Sie Fake im Netz erkennen? Bremen NEXT-Reporter Max Lange hat sich damit beschäftigt.

Autor

  • Frank Schulte
    Frank Schulte

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 16. Januar 2025, 19.30 Uhr