Wahl in Bremen: CDU-Spitzenkandidat Imhoff und seine "besondere Gabe"
Die CDU will wieder stärkste Kraft in Bremen werden. Spitzenkandidat Frank Imhoff macht Politik mit emotionalen Wahlkampfthemen und setzt auf Bürgernähe.
Frank Imhoff lacht – laut, rauh, herzlich. Kurz vor Beginn der Spitzenkandidaten-Runde beim Bremer Unternehmerinnenverband hat der 54-Jährige schon einen Draht zu den Gästen in der ersten Reihe gefunden, und die lachen mit ihm. Der Nahbare, der gerne auf Menschen zugeht, er lebt sein Image.
Eine Gabe habe er, sagen Mitarbeiter über Imhoff, den derzeitigen Bürgerschaftspräsidenten: Er könne Menschen unterhalten und für Politik interessieren, die bisher nichts damit zu tun hatten. Das ist eine Säule im CDU-Wahlkampf.
Landwirt und Spitzenpolitiker
Der Landwirt aus dem kleinen, konservativ geprägten Bremer Stadtteil Strom ist heimatverbunden. Er hat die Arbeit in seinem Milchviehbetrieb an seine Kinder abgegeben. Doch jeden Morgen geht er in den Stall. Gucken, ob alles in Ordnung ist. Dann fährt er zum Job.
Seit 2019 ist Imhoff Präsident der Bremischen Bürgerschaft. Die CDU durfte den Posten besetzen, weil sie nach der letzten Wahl stärkste Fraktion war. Bis heute ist umstritten, dass der durch sein Amt zur Überparteilichkeit verpflichtete Imhoff die CDU im Wahlkampf anführt. Davon lässt er sich nicht beirren. Mit zwei besonders emotional besetzten Wahlkampfthemen ist er an den Start gegangen: Bildung und Innere Sicherheit.
Bildungsinvestitionen statt Ausbildungsfonds
Imhoff weiß, auf der Problemliste der Bremer steht Bildung mit Abstand ganz oben. Keiner will mehr Schlusslicht sein, was vom Lehrkräfte- und Erzieherinnen-Mangel hören. Auch bei den Unternehmerinnen punktet Imhoff damit. Top-Thema des Abends ist der jüngst vom rot-grün-roten Senat beschlossene Ausbildungsfonds. Die Unternehmen müssen in den Fonds einzahlen, nur wer Auszubildende beschäftigt, wird aus dem Topf finanziell unterstützt. Imhoff lehnt das klar ab. Applaus im Saal.
Die eigentliche Misere, sagt er: Aus den Bremer Schulen kommen zu wenig geeignete Bewerber. Er fordert: Sitzenbleiben soll wieder möglich sein, Noten ab der dritten Klasse. Außerdem eine verbindliche Vorschule für Kinder mit hohem Sprachförderbedarf, um für die Einschulung möglichst gleiche Startbedingungen zu schaffen. Das betrifft vor allem Kinder, die nicht in die Kita gehen und die zu Hause kein Deutsch sprechen. In manchen Bremer Stadtteilen sind das mehr als 50 Prozent. Außerdem müsse es privaten Investoren leichter gemacht werden, Kitas zu bauen.
Wahlkampferfolg im Tandem mit Wiebke Winter?
Imhoff kämpft auf den Podien neben den anderen Spitzenkandidaten allein, im Wahlkampf aber zusammen mit Wiebke Winter. Die 27-Jährige ist die Zukunftshoffnung der CDU, sie trat als Klima-Expertin – auch an der Seite von Ex-Kanzlerkandidat Armin Laschet – schon für den Bundestag an.
Das "Tandem" Imhoff und Winter soll zeigen, wie divers die Bremer CDU inzwischen denkt und wie vorausschauend, weit über die nächsten vier Jahre hinaus. Weniger wohlwollende Stimmen behaupten, Imhoff fehle ein klares fachliches Profil. Das – und mehr Strahlkraft – solle die prominente Nachwuchspolitikerin in den Wahlkampf einbringen.
Schwerpunkt Sicherheit am Bremer Hauptbahnhof
Imhoff warnt aber auch davor, ihn zu unterschätzen. Das sei schon früher passiert. "Wer das tut, begeht einen Irrtum." So hört man es auch aus seiner Partei, die ihn mit 100 Prozent der Delegiertenstimmen zum Spitzenkandidaten gemacht hatte.
Die Ängste der Bremer beim zweiten großen Wahlkampfthema greift Imhoff auf: Mehr als 50 Prozent der Bürger fühlen sich in Bremen nach eigenen Angaben nicht sicher. Polizei und Ordnungskräfte will Imhoff deshalb aufstocken und am Drogen-Hotspot Hauptbahnhof eine mobile 24-Stunden-Wache einrichten. Mehr Videokameras im öffentlichen Raum sollen das Sicherheitsgefühl zusätzlich stärken.
20 Jahre Erfahrung in Bau-, Umwelt- und Verkehrspolitik
So un-akademisch und bürgernah Imhoff die CDU-Positionen im Wahlkampf nach außen trägt, so ruhig war es um ihn davor. Tatsächlich hat er sich jahrelang öffentlich nicht fachpolitisch geäußert. Als Präsident musste er neutral auftreten, was kaum das Profil schärft. Dass er seit einem Vierteljahrhundert in der Bürgerschaft sitzt, 20 Jahre davon in der Deputation für "Bau, Umwelt und Verkehr" mitgewirkt hat, wissen viele Bremer nicht. Doch er fühle sich sicher bei diesen Themen, sagt er.
Imhoff spricht sich für eine Erhöhung der Sozialwohnungsquote bei Neubauten auf mehr als 30 Prozent aus. Die Umstellung des Stahlwerks auf grünen Stahl soll unter anderem den CO2-Ausstoß senken, 2040 soll Bremen klimaneutral sein. Und mit der CDU werde es weniger Autos in der Innenstadt geben – solange die Achsen frei bleiben, damit Menschen auch aus dem Umland den Weg in die City problemlos finden.
Imhoff hinter Bovenschulte
Imhoffs Ziel, mit der CDU wieder stärkste Kraft zu werden, ist noch in Reichweite. Drei Prozentpunkte liegen die Christdemokraten aktuell hinter der SPD. Doch nur ein knappes Viertel der Wahlberechtigten würde Imhoff direkt als Bürgermeister wählen. Rund 60 Prozent dagegen den aktuellen SPD-Bürgermeister Andreas Bovenschulte. An dessen Popularität käme man auch bei Koalitionsverhandlungen nur schwer vorbei.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 13. Mai 2023, 19:30 Uhr