Hintergrund
Wie viele Menschen waren tatsächlich bei der Bremer Demo gegen rechts?
40.000, 50.000, 70.000 – für die Bremer Großdemonstration gegen rechten Hass kursieren verschiedene Teilnehmerzahlen. Wie sie zustande kommen, erklären wir hier.
Die Großdemo "Laut gegen Rechts" am vergangenen Sonntag gehört zu den größten, die jemals in Bremen stattgefunden haben. Die genannten Teilnehmerzahlen unterscheiden sich jedoch.
Gingen die Veranstalter bei ihren ersten Planungen noch von 500 Teilnehmern aus, wurde in den Tagen vor der Demo schnell klar, dass sich eine fünfstellige Zahl an Demonstrantinnen und Demonstranten auf dem Domshof versammeln würde. Im Liveticker meldete buten un binnen am Demo-Tag als erste Zahl 2.500 Teilnehmer, passte diese Zahl allerdings dynamisch auf Grundlage der Polizei-Schätzungen und den eintreffenden Menschenmassen nach oben an.
Bremens Senat freute sich seinerseits zwischenzeitlich in einer Pressemitteilung und in den sozialen Medien über 40.000 Demo-Teilnehmende.
Wie ein Senatssprecher auf Nachfrage von buten un binnen erklärt, ging diese genannte Zahl von "rund 40.000 Personen" allerdings ebenfalls auf die bis dahin offiziell von der Polizei genannte Schätzung zurück. Inzwischen spricht der Senat, im Einklang mit den Schätzungen der Polizei, von rund 50.000 Teilnehmenden.
Polizei nennt zwei Zahlen
Die Polizei selbst schlüsselt die eigene Schätzung auf Nachfrage von buten un binnen wie folgt auf: "Wir haben die Zahl 45.000 Teilnehmende rund um den Domshof kommuniziert, also für Domshof, Am Dom, Am Markt und Domsheide", sagt Polizeisprecher Nils Matthiesen. Die Zahl 50.000 wäre hingegen realistisch, wenn der gesamte Innenstadtbereich mit eingerechnet würde. "Wenn wir also zum Beispiel die ebenfalls gefüllten Stichstraßen dazunehmen."
Auch zur Methodik äußert sich der Sprecher. Die Polizei kenne Domshof und Marktplatz von vielen anderen Veranstaltungen, an denen man sich orientieren könne. Je nach Veranstaltung könne die Zahl der Personen pro Quadratmeter dabei unterschiedlich ausfallen.
Man kann bei Kundgebungen immer so vier Personen pro Quadratmeter rechnen.
Nils Matthiesen, Sprecher der Polizei Bremen
"Bei einem Rockkonzert sind hingegen sicher auch mal sechs Personen pro Quadratmeter möglich", sagt Matthiesen. Alternative Methoden, wie zum Beispiel die ebenfalls von der Polizei genutzten Handzähler, wären zwar denkbar gewesen. Diese seien aber besser für Demozüge geeignet, so der Polizeisprecher.
Drohnenverbot erschwert Schätzung
Die Zählung anhand von Vergleichen und Kennzahlen aus anderen Veranstaltungen auf dem Domshof, seien es Werder-Fanfeiern, Kirchentag oder die Fridays-for-Future-Demo vor wenigen Jahren, hält auch der Statistiker Werner Wosniok für legitim.
"Das ist eine systematische Methode, um eine halbwegs gute Schätzung abgeben zu können", sagt der Wissenschaftler der Uni Bremen.
Etwas schwieriger dürfte es mit einer anderen Methode sein, die Wosniok empfiehlt – und zwar das Zählen und Hochrechnen von Teilnehmern mit vergleichbaren Planquadraten von beispielsweise zehn mal zehn Metern. Denn diese Planquadrate werden bestenfalls anhand von Luftaufnahmen ausgewertet. Dies dürfte allerdings in diesem Fall schon dadurch erschwert werden, weil das Ordnungsamt Drohnenflüge über den Menschenmassen in der Innenstadt am Sonntag untersagt hatte.
Veranstalter ziehen größeren Radius
Ob es am Sonntag tatsächlich 70.000 Teilnehmer waren, wie es die Veranstalter der Großdemo vermeldet haben, ist daher schwer zu klären. Als Grundlage dieser Schätzung nennt Mit-Organisator Lukas Röber ebenfalls die Zahlen der Bremer Polizei.
Im Gespräch mit den Beamten habe sich allerdings herausgestellt, dass die Polizei das Gebiet, auf dem die Demo stattfand, vergleichsweise eng gezogen habe. "Bis zum Hauptbahnhof, bis zur Schlachte und auf den Zugangsstraßen war ja auch alles voll", sagt Röber. Vor diesem Hintergrund hätten die Veranstalter den Kreis größer gezogen und entsprechend rund 20.000 Teilnehmende hinzugerechnet.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. Januar 2024, 19:30 Uhr