Fragen & Antworten
Milliardenerlös für Offshore-Windparks: Was heißt das für Bremerhaven?
Große Unternehmen zahlen eine hohe Milliarden-Summe für Offshore-Flächen in Nord- und Ostsee. Für Küstenstandorte wie Bremerhaven könnte das eine große Chance bedeuten.
Das gab es noch nie: Zum ersten Mal überhaupt hat die Bundesnetzagentur Flächen für Offshore-Windparks in einem Bieterverfahren ausgeschrieben. Für die Gebiete in Nord- und Ostsee boten Unternehmen die gewaltige Summe von fast 13 Milliarden Euro. Das meiste Geld soll zur Senkung der Stromkosten dienen. Wir erklären, was das für die Branche und die Industrie an der Küste und in Bremerhaven bedeutet.
Um welche Flächen geht es da genau?
Bei der aktuellen Ausschreibung ging es um insgesamt vier Flächen: drei liegen in der Nordsee, eine befindet sich in der Ostsee. In der Nordsee liegen die Gebiete circa 120 Kilometer nordwestlich von Helgoland, in der Ostsee 25 Kilometer nördlich von Rügen.
Den Zuschlag bekamen die Unternehmen, die am meisten Geld geboten haben. Von den 12,6 Milliarden Euro müssen die Konzerne allerdings erst mal nur zehn Prozent anzahlen. Für Konzerne wie Total mit Gewinnen über 20 Milliarden Euro ist das also im Vergleich kein sehr großer Betrag. Das Geld, das der Staat einnimmt, soll übrigens in die Stromnetze investiert werden, um die Kosten für die Verbraucher zu senken. Man darf gespannt sein, ob der Plan aufgeht.
Kann man das Ausschreibungsergebnis als Anzeichen dafür werten, dass die Windkraft boomt?
Einerseits ist das schon das Zeichen dafür, dass es bei den Unternehmen offenbar großes Interesse gibt, künftig in Windparks auf hoher See zu investieren. Das unterscheidet sich zu den vergangenen Jahren, in denen in der Branche überall abgebaut wurde, weil die alte Bundesregierung die Förderung gedeckelt hatte.
Die Energiewende wollen die Unternehmen nun offenbar nutzen, da sie davon ausgehen, dass grüner Strom künftig viel wichtiger wird. Sie verzichten für die Windparks sogar auf eine gesetzlich garantierte Vergütung für den produzierten Strom und zahlen noch erheblich für die Flächen. Andererseits bedeuten die Ausschreibung der Flächen und die Zuschläge noch längst nicht, das auch tatsächlich gebaut wird. Denn bis es so weit ist, gilt es noch große Herausforderungen zu bewältigen.
Und wie sehen diese Herausforderungen aus?
Ein Problem sind die fehlenden Anlagenbauer hierzulande. Lieferketten und Hafenanlagen, über die die Technik verladen werden kann, fehlen. Der Mangel ist ebenfalls eine Folge davon, dass die Windkraft-Industrie in den vergangenen Jahren heruntergefahren wurde. In Bremerhaven etwa herrschte erst eine Art Goldgräberstimmung, dann verschwanden alle Unternehmen und mit ihnen Tausende neu geschaffener Arbeitsplätze.
Ein anderer Aspekt ist, dass die größten Konzerne, die Windpark-Flächen ersteigert haben, Öl- und Gaskonzerne sind. Unter anderem BP und Total, aber auch RWE und EnBW. In der Offshore-Branche gibt es deshalbt kritische Stimmen, die der Bundesregierung vorwerfen, das Verfahren für kleinere Unternehmen und Betreiber erschwert zu haben. Demnach drohe Gefahr, dass die Energieriesen die Branche bestimmen.
Einige Kritiker bezweifeln sogar, dass die Großkonzerne die Windparks überhaupt bauen wollen – sondern weiter auf fossile Energien und Kernkraft setzen. Diese Befürchtung haben die Konzerne aber zurückgewiesen. Sie behaupten, dass die Projekte allein schon wegen möglicher Vertragsstrafen umgesetzt würden. Zudem gehe es ihnen darum, sich künftig mit allen Energien breiter aufzustellen.
Welche Chancen bietet sich jetzt Küstenstandorten wie Bremerhaven?
Die neue Situation könnte dazu führen, dass die Branche in Deutschland wieder kräftig auflebt. In der Region könnten bestehende Werke wie Siemens in Cuxhaven oder Stellwind in Nordenham profitieren. Und an Standorten wie Bremerhaven könnten sich tatsächlich neue Unternehmen ansiedeln und so neue Arbeitsplätze schaffen.
Das wiederum würde auch dafür sprechen, in Bremerhaven einen neuen Energy-Port zu bauen, wie es die rot-grün-rote Landesregierung aktuell anstrebt. Und auch die Werften wie die Lloyd-Werft planen beispielsweise mit dem Bau von Umspannstationen, groß in das Geschäft einzusteigen. Der Bundesverband der Windparkbetreiber spricht jedenfalls schon davon, dass es ein neues Wirtschaftswunder geben könnte.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, der Morgen, 14. Juli 2023, 6:20 Uhr