Fragen & Antworten
Möglicher Großauftrag für Bremerhaven: Was sind Konverter-Plattformen?
Ein Konsortium rund um die Lloyd-Werft möchte Energiestationen für Offshore-Windparks bauen. Wenn das wirklich klappt, wäre es ein Milliardengeschäft.
Beim Windkraftausbau auf See macht die Bundesregierung Tempo: Mit beschleunigten Genehmigungsprozessen will sie bewirken, dass 2045 in der Nord- und Ostsee so viele Windparks stehen und so viel grüner Strom produziert wird, dass Deutschland klimaneutral ist. Die Offshore-Leistung soll von derzeit acht auf 70 Gigawatt steigen.
Doch viele Aufträge für den Bau von Windkraftanlagen gehen ins Ausland, weil es hier kaum Produktionsstandorte gibt. Sogenannte Konverterplattformen etwa werden derzeit in Deutschland nicht gebaut. Sie werden in Spanien und in Asien produziert. In diese Lücke will jetzt ein Konsortium um die Lloyd-Werft aus Bremerhaven stoßen.
Was ist eine Konverterplattform?
Ohne die Plattformen ist der Offshore-Ausbau nicht möglich. Die Plattform sorgt dafür, dass der Strom an Land gelangt, erklärt Peter Barth, Geschäftsführer von Amprion Offshore. Amprion ist einer von vier Betreibern des deutschen Höchstspannungsstromnetzes und somit auch für Konverterplattformen zuständig. "Unsere Plattform ist eine Art Steckdose für die Windparks", sagt Barth. "Um den Strom der Windturbinen ans Land zu schicken, in die Ballungszentren, müssen wir den Strom von Wechselstrom auf Gleichstrom umformen.“ Dieses Umformen passiert in der Plattform.
Gleichstrom kann nämlich mit weniger Verlusten transportiert werden, über hunderte Kilometer weit ins Land hinein, da, wo er verbraucht wird. An Land wird der Strom in einem weiteren Umspannwerk wieder in Wechselstrom umgewandelt, bevor er in den Haushalten aus der Steckdose kommt.
Die riesigen Konverterplattformen stehen weit draußen im Meer, auf einem Stahlgerüst, dessen Fundament bis zu 60 Meter tief in den Boden gerammt wird. Das Gerüst ragt über 20 Meter aus dem Wasser, damit die Wellen die Plattform nicht erfassen. Wie eine kastenförmige Halle sieht sie aus, darin ist die Technik. Die Halle hat eine Länge von etwa 70 Metern, eine Breite von rund 35 Metern und eine Höhe von etwa 30 Metern. Auf dem Dach ist ein Hubschrauberlandeplatz.
Wer möchte die Plattformen bauen und für wen?
Die Bremerhavener Lloyd-Werft bewirbt sich als Konsortium, also im Verbund mit anderen Unternehmen. Das ist üblich so. Die Energietechnik könnte etwa von Siemens Energy kommen. Klar ist: Der Bau soll auf dem Gelände der Werft in Bremerhaven stattfinden. Die Werft gehört zur Hälfte der Rönner-Gruppe aus Bremerhaven und zu jeweils 25 Prozent der Zech-Stiftung des Bauunternehmers Kurt Zech und der Lürssen-Werft aus Bremen. Die Kompetenzen der Gesellschaften sollen genutzt werden, so Thorsten Rönner, einer der beiden Geschäftsführer der Lloyd-Werft, zu buten un binnen.
Laut Bremer Wirtschaftsressort sei das technische und logistische Konzept des Konsortiums geprüft worden. Man sei überzeugt, dass das Konsortium den Bau realisieren kann, so ein Sprecher. Auch die IG Metall hält das Konzept für schlüssig. Technisch und personell habe die Lloyd-Werft schon öfter gezeigt, was möglich ist, so Gewerkschafterin Doreen Arnold.
Den Bau solcher Konverterplattformen beauftragen die Betreiber der Höchstspannungsstromnetze. Davon gibt es in Deutschland vier: Tennet, Amprion, 50 Hertz und Transnet BW. Laut Bundeswirtschaftsministerium werden allein für die deutschen Offshore-Windparks zwischen 2030 und 2045 voraussichtlich noch mehr als 20 Konverterplattformen benötigt. Hinzu komme der Bedarf in Europa und global. Lloyd-Werft-Geschäftsführer Rönner sagt, dass es ein "Geschäft über die Jahrzehnte" werden könnte.
Was kosten die Plattformen?
Eine einzige Plattform kostet laut Bremer Wirtschaftsressort rund zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro. "Um das mal zu vergleichen: Ein großes Kreuzfahrtschiff liegt zwischen 700 und 900 Millionen Euro", sagt Nils Schnorrenberger von der Wirtschaftsförderung BIS Bremerhaven. Mit Blick auf die Meyerwerft in Papenburg und ihre Zulieferer lasse sich ableiten, dass der Bau von Konverterplattformen eine Menge Beschäftigung für die Region bedeuten könnte.
Woran hängt das Projekt?
Einerseits ist auch der Standort Rostock-Warnemünde für den Bau der Plattformen im Gespräch, wie das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt. Unklar ist, ob beide Standorte zum Zuge kommen oder nur einer. Zweitens hängt es an der Finanzierung. Solche Milliarden-Aufträge über eine lange Bauzeit können Unternehmen kaum vorfinanzieren. Laut Bremer Wirtschaftsressort sind die Gespräche über Bürgschaften oder Garantien des Bundes aber angelaufen. "Bremen kann hier – wenn überhaupt – nur einen ergänzenden Beitrag leisten", so das Bremer Wirtschaftsressort. Über den Stand der Dinge wollte sich die Lloyd-Werft nicht äußern.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 13. Juli 2023, 8:10 Uhr