Ehrenamt im Bremerhavener Hospiz: "Fast ein heiliger Moment"
Im neuen Haven Hospiz in Bremerhaven sollen Sterbende ihr letztes Zuhause finden. Was das heißt, können Interessierte heute beim Tag der offenen Tür erfahren.
Hospiz-Leiter Thorsten Stucke steht in einem großen gefliesten Raum. Um ihn herum 19 der 25 Menschen, die sich für ein Ehrenamt im neugebauten Haven Hospiz in Lehe interessieren. Sie sehen das Hospiz zum ersten Mal von innen. "Man darf auch Alkohol trinken im Hospiz", sagt Stucke, der den Ehrenamtlichen gerade die Gepflogenheiten erklärt. "Wir bieten gerne Sekt an, hier soll man auf neudeutsch gesagt chillen."
Das Haven Hospiz an der Gaußstraße ist das erste stationäre Hospiz Bremerhavens. Hier werden unheilbar kranke Menschen versorgt und begleitet. Ziel ist ein möglichst schmerzfreies und menschenwürdiges Sterben. Die Krankenkassen übernehmen im laufenden Betrieb 95 Prozent der Kosten. Den Rest müssen die Betreiber durch Spenden aufbringen. Die Einrichtung hat acht Gäste- und zwei Angehörigenzimmer, darunter ein Familienappartement. Dazu kommt ein "Raum der Stille", der in seiner Form an einen Schiffsbug erinnert.
Dem "Sterben" das Tabu nehmen
Die Menschen, die hier ehrenamtlich mitarbeiten möchten, haben teilweise schon Erfahrung mit Sterbenden. So wie Ulrike Tiffert.
Hospizarbeit finde ich wahnsinnig interessant, weil das Tabuthema "Sterben" ein bisschen weggenommen wird. Ich habe erlebt, wie einsam meine Mutter gestorben ist und gedacht, wenn ich die Möglichkeit habe, jemanden zu begleiten, dann möchte ich das supergern machen.
Ulrike Tiffert, Ehrenamtliche im Haven Hospiz Bremerhaven
Wie genau die Ehrenamtlichen im Hospiz eingesetzt werden, ist ganz unterschiedlich – je nachdem, für was sie sich bereit fühlen, erklärt Sozialarbeiterin Anja Rohn. "Einmal natürlich die Arbeit mit den Menschen, mit unseren Gästen." Hierbei gehe es um Aktivitäten wie Spazierengehen oder Vorlesen. Aber auch Organisatorisches leisten die Ehrenamtlichen. "Wir haben eine Küche, einen Haushalt und auch im Garten kann immer mitgeholfen werden", so Rohn. Hospizleiter Stucke weiß aus Erfahrung: Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind eine riesige Stütze.
Sie bringen auch Leben und Freude ins Hospiz. Und das bringt so viel für unsere Gäste und auch die hauptamtlichen Mitarbeiter, die nicht nur zur Arbeit, sondern auch gerne ins Hospiz gehen. Dahin, wo die Arbeit Spaß macht.
Thorsten Stucke, Leiter Haven Hospiz Bremerhaven
Zeit vor dem Sterben kann "besonders" sein
Beim Kennenlerntreffen im Hospiz werden alle Fragen beantwortet: Wo kann ich helfen, wie werden die Gäste versorgt? Tiffert sind Berührungsängste fremd. Sie stellt sich eine Begleitung direkt am Bett oder bei Spaziergängen mit dem Rollstuhl vor. "Ich möchte nicht in die Küche oder in den Garten", sagt sie. "Ich möchte mit den Menschen direkt zusammensein." Denn die Ehrenamtliche hat in der ambulanten Hospizarbeit schon erlebt, wie besonders die Zeit kurz vor dem Sterben sein kann.
Der erste Fall, wo ich dabei war, war fast ein heiliger Moment. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre im Zimmer. Und es ist eine wahnsinnig dankbare Aufgabe. Man kriegt ganz viel zurück.
Ulrike Tiffert, Ehrenamtliche im Haven Hospiz in Bremerhaven
Auf die Frage, was genau sie aus dem Ehrenamt zieht, überlegt Tiffert kurz: "Ich habe keine Angst mehr vor dem Sterben." Die sei ihr genommen worden. "Jeder von uns muss sterben und je eher man sich damit befasst, umso natürlicher wird das."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 31. März 2023, 14:40 Uhr