Schifffahrt im Wandel: Wie steht es um die Bremischen Häfen?

Blick auf die Schiffswerften im Überseehafen von Bremerhaven.

Schifffahrt im Wandel: Wie steht es um die Bremischen Häfen?

Bild: Imago | Jochen Tack

Sanierungsstau, China, Flussvertiefungen – die deutschen Häfen stehen vor großen Herausforderungen. Bremen und Bremerhaven bieten sich allerdings auch Chancen.

Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Logistikströme weltweit verändert. Hafenstandorte müssen sich Existenzfragen stellen: Wo werden künftig Schwerpunkte gesetzt? Welche Waren werden wie und wo über die Weltmeere transportiert? Und wie werden die Häfen zur Drehscheibe für Energielieferungen? Fragen, mit denen sich auch die Bremischen Häfen konfrontiert sehen.

Sanierungsstau in den Bremischen Häfen

Fakt ist: In den Häfen von Bremen und Bremerhaven hat sich ein Sanierungsstau aufgetürmt. Mindestens 500 Millionen Euro sind in den nächsten Jahren notwendig, um Kajen und Anlagen zukunftsfähig zu machen. Geld, das allein schon angesichts der rund 40.000 Arbeitsplätze gut investiert wäre. Dass dafür Kooperationen über die Landesgrenzen hinaus unumgänglich sind, weiß auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD): "Um konkurrenzfähig zu werden gegenüber Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam, bedarf es einer nationalen Hafenstrategie."

Wir brauchen ein verstärktes Engagement des Bundes, weil man das, was an Investitionen, aber auch an Regulierung und Kooperation notwendig ist, nicht nur an einem Standort alleine hinkriegt.

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD)
Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeister von Bremen, gibt vor der Bürgerschaft eine Regierungserklärung ab. Bremens Bürgermeister hat angesichts der Belastungen durch die Corona-Krise einen fiskalischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Lastenausgleich gefordert.
Hofft auf ein verstärktes Engagement des Bundes: Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD). Bild: dpa | Sina Schuldt

Die Probleme und Herausforderungen, vor denen die Häfen von Bremen und Bremerhaven stehen, sind vielfältig. Im Fokus steht unter anderem die sogenannte Unterhaltungsbaggerei in den Flüssen. Gerade wegen der Klimakrise sind weitere Flussvertiefungen etwa bei Weser und Elbe höchst umstritten. Für die Hafenzufahrt von Bremerhaven ist aber die Vertiefung nach Einschätzung von Hafenexperten unumgänglich. So soll die kilometerlange Stromkaje – eine der weltgrößten Abfertigungsanlagen für Container – weiter unabhängig von Ebbe und Flut für die großen Schiffe erreichbar sein, sagt Frank Dreeke, Chef des Bremer Logistikkonzerns BLG.

Letztendlich ist es für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen gerade im internationalen Wettbewerb von immenser Bedeutung, dass wir unsere Bundeswasserstraßen vom Tiefgang her konkurrenzfähig halten.

Frank Dreeke, Chef des Bremer Logistikkonzerns BLG.

Umweltschützer wiederum kritisieren die weiteren Flussvertiefungen und pochen darauf, dass die deutschen Häfen intensiver zusammenarbeiten. So könnten die Containerriesen etwa hauptsächlich am Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven abgefertigt werden. Doch dagegen stehen vor allem die Interessen von Hamburg als Welthafen, wie Angela Titzrath, Chefin der Hamburger Hafen und Logistik AG, deutlich macht: "Der Kunde ist immer interessiert an der Leistung. Und die wird gemessen an der Kaikante, an dem Umschlag, an den Terminals – das ist das Entscheidende."

Wie abhängig dürfen sich europäische Häfen von China machen?

Weiterhin stellt sich mehr denn je die Frage, ob es auch zu einer intensiveren Zusammenarbeit der Häfen in Europa kommen muss. Wie abhängig dürfen sich europäische Häfen zum Beispiel von China machen? Zuletzt ist das Thema besonders in den Fokus gerückt, weil die chinesische Staatsreederei Cosco am Terminal Tollerort in Hamburg einsteigt. Eine solche Beteiligung hat Bremen bislang ausgeschlossen.

Große Chancen sehen die Hafenbetreiber hingegen darin, die Häfen zu Energie-Drehscheiben auszubauen. Vor allem im Hinblick auf Wasserstoff-Produktion und Windkraftanlagen-Umschlag. "Wir werden schauen, inwieweit Bremerhaven auch in diesem Segment wieder Fuß fassen kann", sagt Robert Howe, Chef der Hafengesellschaft Bremenports.

Wir sind uns sehr sicher, dass die bestehenden Infrastrukturen in Deutschland – insbesondere auch in Cuxhaven – nicht ausreichen, um den Herausforderungen gerecht zu werden.

Robert Howe, Chef der Hafengesellschaft Bremenports

Um für die mögliche Ein- und Ausfuhr erneuerbarer Energien gewappnet zu sein, plant Bremerhaven einen neuen Energy-Port. Allein für die Planungsmittel hat der Bremer Senat bereits eine Finanzspritze in Höhe von 4,2 Millionen Euro bewilligt. Der zunächst vorgesehene Offshore-Terminal war nach einem Streit mit Naturschützern vor Gericht gescheitert.

Fachleute debattieren in Bremen über grüne Energie an Europas Häfen

Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Dirk Bliedtner
    Dirk Bliedtner Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, der Nachmittag, 1. Juni 2023, 17:40 Uhr