3, 2, 1 ... Inventar des Bremer Westbads wird versteigert
Heute öffnet das Westbad zum letzten Mal. Danach wird es geschlossen und abgerissen. Zum Abschied kann man kostenlos schwimmen gehen – und Inventar ersteigern.
Angeschlagene Fliesen, feuchte Balken, stillgelegte Becken: Einen maroden Charme versprüht das Westbad seit vielen Jahren. Manche Besucher lieben genau das an ihrem Hallenbad. Viele haben hier schwimmen gelernt, verbinden Kindheitserinnerungen mit den grauen Wandfliesen oder dem bräunlichen Mosaikfußboden. Jochen Ralle hat seit 1978 im Westbad gearbeitet, seine Ausbildung hier gemacht und war viele Jahre lang auch der Leiter des Schwimmbads. "Man könnte mir die Augen verbinden, ich würde hier alles blind finden, so gut kenne ich dieses Gebäude," sagt er. Und er sagt, er fürchte ein bisschen den Tag, an dem die Abrissbirne kommt.
Das kann man nach so vielen Jahren nicht nüchtern betrachten. Ich glaube, ich möchte beim Abriss nicht dabei sein.
Jochen Ralle, Leiter Schwimmbad Westbad Bremen-Walle
In den vergangenen Wochen hat das Team des Westbades allerlei Gegenstände abmontiert, die Stammgäste noch erfreuen könnten. Die Teile sollen versteigert werden. Darunter auch ein rotes Nashorn, das früher im Babybecken stand und Wasser spie. Aber auch Sauna-Zubehör wie Sanduhren, Thermometer oder hölzerne Kopfunterlagen sind zu ersteigern. Und allerlei Schilder sind dabei: "Kein Schweiß auf‘s Holz" oder "Wassertiefe 3,50 m". Für das Einmeterbrett gibt es sogar schon Interessenten: Ein Ehepaar hat den Bremer Bädern einen Brief geschrieben, weil es das Sprungbrett gern als Erinnerungsstück kaufen und sich in den Garten stellen möchte – aus alter Verbundenheit mit dem Schwimmbad.
Diese Teile vom Westbad werden versteigert:
So gibt es bei vielen Stammgästen nostalgische Gefühle. Das Westbad hat sie über Jahrzehnte begleitet. "Meine Kinder und Enkelkinder haben hier ihren Freischwimmer gemacht", erzählt Trudi Renoldi. "Dieses Bad ist zwar alt, aber es hat Flair, und ich finde es sehr traurig, dass es abgerissen wird." Auch Gerd Sasse-Gruß verabschiedet sich nur ungern vom Westbad: "Ich bin über meine Wassergymnastikgruppe sehr verbunden mit diesem Bad. Und ich bin der Meinung, dass man hier doch noch etwas hätte erhalten können, statt alles abzureißen."
Lange Wege, um in Bremen schwimmen zu gehen
Viele Menschen im Bremer Westen werden das Bad vermissen. Bis der Neubau steht, werden sie lange Wege in Kauf nehmen müssen, um schwimmen zu gehen. Die Neustadt, Horn oder Vegesack sind nicht um die Ecke von Bremen-Walle. Schwimmlehrerin Michelle Sänger befürchtet, dass das viele Familien davon abhalten werde, ihre Kinder zum Schwimmen zu schicken.
Das wird eine ganz schön harte Zeit, vor allem für die Kinder und die Älteren hier in Walle und Gröpelingen. Viele Kursteilnehmer und Eltern berichten mir, dass sie mit dem Schwimmen pausieren werden, weil die Wege einfach zu weit sind.
Michelle Sänger, Schwimmlehrerin in Bremen
Der gesamte Freibadbereich des Westbads bleibt zwar erhalten, wird aber voraussichtlich in den Jahren der Baustelle auch nicht nutzbar sein. Am Tag des Abschieds, dem 1. Januar, können die Besucher zwischen 13 bis 15 Uhr ein letztes Mal schwimmen, springen und plantschen. Der Eintritt ist dann frei. Ab 15 Uhr wird es ein offizielles Abschiedsprogramm geben, dann werden auch die Schwimmbad-Reliquien versteigert. Der Erlös aus der Versteigerung soll dem Projekt "Kids in die Bäder" zugutekommen. Mit der Aktion sollen Kinder schwimmen lernen, deren Eltern sich einen Schwimmkurs nicht leisten können.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. Dezember 2022, 19:30 Uhr