Interview
Bremer Bürgermeister über Sanierungsplan: "Ja, das ist eine Belastung"
Bremen will ab 2025 ein Sanierungsprogramm einläuten. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) erklärt, warum die rot-grün-rote Koalition die Maßnahmen getroffen hat.
Herr Bovenschulte, warum muten Sie den Bremer Bürgerinnen und Bürgern dieses Sanierungspaket zu?
Der Stabilitätsrat hat uns aufgegeben, ein Sanierungsprogramm vorzulegen. Warum? Weil in Bremen eine Haushaltsnotlage droht. Das nehmen wir sehr ernst. Und deshalb haben wir jetzt Maßnahmen beschlossen, mit denen sichergestellt werden soll, dass zum Ende des Sanierungszeitraums im Jahr 2027 diese Haushaltsnotlage nicht mehr droht.
Gut, aber ist das fair? Sie manövrieren Bremen in diese Haushaltsnotlage und die Bürgerinnen und Bürger müssen das am Ende ausbaden.
Die schwierige Haushaltsnotlage Bremens ist die Folge ganz vieler Krisen: Corona, Energiekrise, die Wirtschaft schwächelt. Die Kosten sind durch die Inflation gestiegen und die Einnahmen zurückgeblieben. In so einer Situation muss man als Privatmann reagieren, man muss als Unternehmen reagieren – und auch die öffentliche Hand muss reagieren.
Sind diese Maßnahmen denn fair verteilt? Oder ist es am Ende so, dass am Ende diejenigen am meisten betroffen sind, die sowieso schon wenig haben?
Man muss sehen: Zuerst gehen wir ans Personal ran. Wenn wir neue Schwerpunkte setzen wollen, müssen wir das nun grundsätzlich aus dem Bestand heraus machen. Wir müssen also mit dem vorhandenen Personal hinkommen und umschichten.
Außer in den Bereichen Polizei, Schule, Bildung, Kita, Justiz und in der Steuerverwaltung. Dort liegen wir anerkanntermaßen unterhalb der bundesgesetzlichen Standards.
Die Kürzungsquote, die Sie sich bei der Personalmenge auferlegt haben, liegt bei 1,45 Prozent. Müsste das nicht viel mehr sein?
Das ist schon eine ganze Menge. Aber um das zu verdeutlichen: Wir sparen das ein, um dann in den notleidenden Bereichen – also wo besondere Herausforderungen sind – helfen zu können. Da kommt dann also nicht oben was drauf, sondern: Wenn es eine neue Aufgabe gibt, müssen wir umschichten.
Durch diese Einsparungen erarbeiten wir uns den Spielraum, um das hinzubekommen. Das setzt die Ressorts auch enorm unter Druck. Die sind nicht glücklich damit, aber auch da ist die klare Haltung: Wenn wir handlungsfähig bleiben wollen, müssen wir solche Maßnahmen ergreifen.
Ist es aber für die Bürgerinnen und Bürger zumutbar, was Sie ihnen an Kosten auferlegen? Etwa beim Kita- und Schulessen, beim Semesterbeitrag für Studierende? Wie teuer ist künftig das Parken oder das Bus- und Bahnticket?
Wenn wir das Thema Mittagessen nehmen: Ja, das steigt. Aber der Preis ist seit sieben Jahren nicht mehr erhöht worden. Der liegt bei 35 Euro, aber die Träger bekommen von uns 110 Euro. Das ist also ein ganz, ganz großer Bereich, den wir aus Steuergeldern dazuschießen. Wenn die Lebensmittelpreise ständig steigen, finde ich es zwar hart, aber vertretbar, dass der Beitrag irgendwann angehoben wird.
Natürlich ist das überhaupt nicht schön und zu sagen "Das ist keine Belastung für die Bürgerinnen und Bürger" wäre ein Drumherumreden. Denn ja, das ist eine Belastung. Aber wenn alles teurer wird, können wir nicht zulassen, dass die Schere immer weiter aufgeht. Und das ist bei den übrigen Gebühren auch der Fall. Wenn die Preise steigen, müssen wir eben irgendwann mit denen nachziehen.
Hätte man das alles aber nicht schon früher erkennen und die Maßnahmen dosierter einleiten müssen?
Wir hatten die Corona-Pandemie. Und in der ging es erst einmal darum, den Menschen und Unternehmen zu helfen, damit wir nicht absoluten Schiffbruch erleiden. Danach kamen der Ukraine-Krieg und die Energie-Krise, die Wirtschaft schwächelte und die Inflation stieg. Auch da haben wir viel Geld in die Hand genommen, um Menschen und Unternehmen zu helfen.
Und jetzt müssen wir uns eben auf die Dinge konzentrieren, die wir auch dauerhaft durchhalten. Ansonsten passiert eines: dass wir unsere politischen Schwerpunkte, die allen Bürgerinnen und Bürgern wichtig sind, nicht mehr umsetzen können. Und das wäre doch das Schlechteste.
(Das Gespräch führte Felix Krömer für buten un binnen TV. Aufgeschrieben und redigiert hat es Helge Hommers.)
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 7. September 2024, 19:30 Uhr