Warum Karate auch im Kampf gegen Parkinson eine Waffe sein kann

Ein Mann bindet seinen roten Karate-Gürtel
Bild: dpa | Oscar Carrascosa Martinez

In Bremerhaven kämpfen Parkinson-Patienten gegen ihre Krankheit – mit Karate. Das soll ihre Mobilität und Motorik verbessern.

Typisch für Morbus Parkinson sind Bewegungsstörungen wie Zittern, verlangsamte Bewegungen, Muskelsteifheit und Störungen des Gleichgewichts. Dagegen soll Sport, insbesondere Karate helfen. In Bremerhaven gibt es deshalb eine Karategruppe gegen Parkinson. Ein Besuch beim Training.

Ein Mensch in Karate-Dress schaut zwei Personen beimTraining zu.
Karatelehrer Ulli Hillebrand, Ursel Linke und Hinrich Finck (v.l.) beim Training. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Freitagabend in der Turnhalle der Wilhelm-Raabe-Schule in Bremerhaven: Einmal die Woche arbeitet Karate-Trainer Ulli Hillebrand hier mit Menschen, die an Parkinson erkrankt sind. Unter den Teilnehmenden ist Ursel Linke aus Schiffdorf. Mit ihren 82 Jahren ist sie eine der ältesten der Gruppe. Linke ist von Anfang an dabei, mit Kampfsport hatte sie vorher nichts am Hut.

Mit dieser Kampfsportart habe ich mich überhaupt nie beschäftigt. Ich wusste gar nicht, was ich damit machen sollte. Dann fing das hier in der Halle an und ich muss ehrlich sagen: Die Gymnastik hat eine ganze Menge gebracht. Allerdings kriege ich noch lange nicht alles hin.

Ursel Linke, Parkinson-Patientin

"Karate-Oma" verbessert Mobilität mit Karate

Mehrere Menschen machen nebeneinander Übungen in einer Turnhalle.
Viel Bewegung gehört zum Training. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Von ihren Enkelkindern wird die 82-Jährige mittlerweile bewundert, anfangs wurde sie eher belächelt. "Erst haben sie natürlich geschmunzelt – Oma mit Karate", erinnert sie sich lachend. "Ich habe gesagt: Kinder, das ist nicht so, wie ihr euch das vorstellt." Ob sie die Enkel nun auf die Matte legt? "Nein, kommt überhaupt nicht in Frage."

Durch das regelmäßige Karatetraining bleibt sie aber in Bewegung. Laut einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Regensburg von 2018 verbessert Karate die Mobilität und Motorik von Parkinson-Patienten. Das beobachtet auch Karate-Trainer Hillebrandt.

Ich bekomme ständig Rückmeldungen: Volker sagt immer, ihm geht es zwei, drei Tage nach dem Training viel besser, Hinrich genauso. Die sind flexibler, können sich besser bewegen, die Balance und das Gleichgewicht sind besser. Davon profitieren sie noch Tage danach.

Ulli Hillebrandt, Karate-Trainer

Mit Karate zum Glückshormon Dopamin

Seit vier Jahren gibt es die Karategruppe für Parkinson-Erkrankte. Ins Leben gerufen hat sie Hinrich Finck, der erste Vorsitzende der Parkinson-Selbsthilfegruppe in Bremerhaven. Er kann sogar seine Tablettendosis etwas reduzieren, seitdem er Sport macht. "Es gibt ja 150 verschiedene Facetten von Parkinson", sagt er. Die Bewegungen förderten Gleichgewicht, Koordination und den Wiederaufbau des Hormons Dopamin. "Ich mache viermal die Woche Sport und muss dadurch weniger Dopamin-Tabletten nehmen."

Ein Mensch in Karate-Dress schaut zwei Personen beimTraining zu.
Beim Sport wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet, das bei Prakinson fehlt. Bild: Radio Bremen | Sina Derezynski

Parkinson-Patienten fehlt das Glückshormon Dopamin. Das ist wichtig für harmonische und fließende Bewegungen. Durch den Sport schüttet das Gehirn Dopamin aus, so lassen sich Symptome reduzieren oder verschwinden sogar ganz. Die 82-jährige Linke und ihr Mitstreiter Finck bemerken an sich selbst Verbesserungen. Wer anfange, über seine Bewegungsabläufe nachzudenken, versteife wieder. Im Training gehe es ganz automatisch. Deshalb wollen sie auch weiterhin zum Karate-Training in Bremerhaven kommen.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Vormittag, 4. Mai 2023, 10:40 Uhr