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Hat sich Bremen übernommen, Frau Stahmann?

Hat sich Bremen übernommen, Frau Stahmann?

Bild: Radio Bremen

Überlastete Unterkünfte, fehlende Kitaplätze: Kann die Integration Geflüchteter in Bremen gelingen? Felix Krömer fragt bei Sozialsenatorin Anja Stahmann nach.

Gut 13.000 Menschen sind im vergangenen Jahr nach Bremen geflohen. Vor allem aus der Ukraine, aber auch aus Afghanistan, Syrien und den Westbalkanländern. Bremen forderte beim jüngsten Flüchtlings-Gipfel mehr Geld, um deren Unterbringung zu sichern. Vom Bund kam aber zunächst keine Zusage.

Dabei hat das kleinste Bundesland mehr Menschen aufgenommen, als es verpflichtet gewesen wäre, wie Moderator Felix Krömer zu Gesprächsbeginn erwähnt. Kann Bremen trotzdem die Versorgung von Geflüchteten angemessen gewährleisten? Und wie kann die Integration gelingen? Diese und weitere Fragen bespricht Krömer mit der Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne).

1 Wie bewertet Bremen die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels?

Nicht sonderlich begeistert zeigt sich die Sozialsenatorin über das jüngste Treffen von Kommunen, Ländern und Bund in Berlin. Man hätte sich gewünscht, dass der Bund eine konkrete Geldsumme nennt –, oder zumindest eine konkretere Unterstützung, erläutert sie.

Ich will es mal kurz zusammenfassen: Außer wenig Spesen nicht viel gewesen in Berlin.

Sportsenatorin Anja Stahmann gibt ein Interview.
Anja Stahmann, Sozialsenatorin

Auch die vom Bund angebotene Immobilie sei für die Unterbringung von Geflüchteten nicht tauglich. Warum das so ist und was wirklich helfen könnte, eine angemessene Versorgung der Menschen und deren Familien zu gewährleisten, erzählt die Sozialsenatorin ab Minute 02:44.

2 Wie ist die Lage momentan?

Im vergangenen Jahr sind mehr Menschen im Land Bremen angekommen als noch 2015. Inzwischen hat der Flüchtlingsstrom etwas nachgelassen. Allerdings seien die Unterkünfte gut gefüllt, erläutert Stahmann. Von den etwa 7.000 verfügbaren Plätzen seien 6.100 belegt.

Ich würde sagen, unser Unterbringungssystem ist ausgelastet.

Sportsenatorin Anja Stahmann gibt ein Interview.
Anja Stahmann, Sozialsenatorin

Nicht jedem könne man zudem eine Wohnung in angemessener Zeit anbieten. Die Mieten seien gestiegen, der Markt enger geworden. Man bemerke schon eine gewisse Konkurrenz zwischen Gruppen in der Gesellschaft, die wenig Geld haben und Wohnraum suchen. Worauf die Senatorin jedoch stolz ist, an welchen Stellen es hingegen noch hapert und wie sich das jüngste Erdbeben in Syrien und der Türkei auf die Lage auswirkt, bespricht sie mit Moderator Krömer ab Minute 09:25.

3 Sind unbegleitete Minderjährige zu spät umverteilt worden?

Während der Corona-Pandemie war die Umverteilung von unbegleiteten Minderjährigen ausgesetzt worden. Seit Oktober werde den ankommenden Jugendlichen jedoch gesagt, dass sie nicht in Bremen bleiben könnten, weil es an Unterbringungsmöglichkeiten fehlte. Die Umverteilung von Jugendlichen ist jedoch innerhalb der Bremer Koalition ein umstrittenes Thema. Dem Senat habe Stahmann damals gesagt: "Wenn wir so weitermachen wie bisher, kann ich es nicht mehr verantworten, denn ich sehe das Kindeswohl gefährdet."

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Bis dahin waren aber mehr als dreimal so viele Jugendliche gekommen, als Bremen eigentlich hätte aufnehmen sollen. Ob die Umverteilung zu spät erfolgt sei und man den Jugendlichen nun genügend Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsplätze anbieten könne, will Moderator Krömer wissen. Die Antwort findet man ab Minute 21:10.

4 Wie steht die Sozialsenatorin zu Abschiebungen?

"Wir leben in einem Rechtsstaat und das gehört dazu", sagt die Senatorin über Abschiebungen. Beim Recht auf Asyl gebe es bestimmte Spielregeln. Armut etwa sei kein Asylgrund. "Es gibt eben Leute aus dem Balkan, die hier einreisen, weil es ein bisschen besser ist als zu Hause. Da muss man dafür sorgen, dass sie zurückgeführt werden."

Krömer fügt hinzu, Bremen habe 25 Abschiebungen im vergangenen Jahr vorgenommen. Auch bundesweit werde nur ein Teil der Ausreisepflichtigen zurückgeflogen. Zu den Hindernissen zählt teilweise auch die fehlende Kooperation mancher Staaten, die die Abgeschobenen nicht wieder aufnehmen wollen. Was die Sozialsenatorin von möglichen Druckmitteln und Grenzmauern hält, erklärt sie ab Minute 32:40.

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5 Ist Integration langfristig möglich?

29 Prozent aller Bremer und Bremerinnen haben eine nicht-deutsche Herkunft, erwähnt Stahmann. Bremen und Bremerhaven seien Handelsstandorte und international aufgestellte Communitys. Die Senatorin glaubt, dass daraus etwas Gutes entstehen könne: "Wir sind stark auch in Völkerverständigung."

Gleichzeitig ist laut Stahmann wichtig, dass man frei über alle Themen reden könne. Etwa über innere Sicherheit oder Rückführungen. Wieso und wie offen die Debatte in Bremen wirklich ist, bespricht sie mit Krömer ab Minute 39.

Integration ist eben kein Spaziergang, sondern eine harte Aufgabe.

Sportsenatorin Anja Stahmann gibt ein Interview.
Anja Stahmann, Sozialsenatorin

Was der Flüchtlingsgipfel für Bremen bedeutet

Bild: Radio Bremen

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Autorinnen und Autoren

  • Felix Krömer
    Felix Krömer
  • Serena Bilanceri
    Serena Bilanceri Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 18 Februar 2023, 19:30 Uhr