Ist das Pulen der Nordsee-Krabben in Marokko bald vorbei?
Noch landen Krabben zum Pulen bislang vor allem in Marokko. Forscher aus Bremerhaven tüfteln aber aktuell an einer Maschine, die den Markt revolutionieren könnte.
2,3 Millionen Euro hat das Land Niedersachsen im vergangenen Jahr locker gemacht, um die heimische Krabbenfischerei langfristig zu sichern. Um an das Fleisch der Nordseekrabben zu kommen, wird der Großteil des in Norddeutschland angelandeten Fangs zum Pulen in Handarbeit bislang vor allem nach Marokko transportiert. Grund sind vor allem die Lohnkosten. Unter Umwelt- und Verbraucherschützern sorgen diese Transporte immer wieder für Kritik.
Ein Teil des niedersächsischen Forschungsprojektes beinhaltet die bereits seit Jahren geplante Entwicklung des Prototyps einer Krabbenpulmaschine mit Ultraschall-Technik. Federführend in dem Projekt ist das Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven.
Wie weit sind die Forscher?
"Wir sind mitten in der heißen Phase des Projektes", sagt Projektkoordinator Arne Schröder, Diplom-Biologe am Thünen-Institut. "Es läuft ziemlich gut, fast wöchentlich kommen neue Ideen und Daten rein." Eine fertige Maschine gibt es aber noch nicht.
Die Forscher lassen aktuell nicht nur den Prototypen der Maschine entwickeln, sondern analysieren unter anderem auch, wie wirtschaftlich das Gerät ist. Sie wollen herausfinden, ob der Einsatz der Ultraschall-Anlage billiger für die Krabbenfischer ist als das Pulen durch unterbezahlte Marokkanerinnen. Dafür sammeln sie neben Daten zur Maschine, wie etwa Materialkosten und Schälvolumen, unter anderem jede Menge Informationen über die Arbeitsabläufe und Kosten der Krabbenfischer.
Das Prinzip funktioniert! So viel können wir sagen.
Arne Schröder, Diplom-Biologe am Thünen-Institut
Wie soll die Maschine funktionieren?
Ultraschall-Stoßwellen lösen die Kalkeinlagerungen im Panzer, erklärt Schröder. So brechen die Panzer auf. Druckluft entfernt dann die Schale. Ein Problem dabei: Die Panzer sind unterschiedlich dick. Die Maschine soll die Panzer möglichst schonend und vollständig vom Fleisch ablösen. Es könnte sein, dass später noch Nacharbeiten nötig sind, so Schröder.
Woher kommt die Idee?
Die Ultraschall-Methode ist eine Idee von Christin Klever. Für ihre Abschlussarbeit im Maschinenbau-Studium hat die Ostfriesin Krabbenpanzer auf ihre Konsistenz untersucht. Die Idee stammt von ihrem Professor, der sich wunderte, dass Krabben zum Pulen nach Marokko gebracht werden. Danach begann sie, hauptberuflich Maschinen für die Lebensmittel-Industrie zu konstruieren. Privat forschte sie aber weiter am Krabbenprojekt. Irgendwann kam sie auf die Idee, dass die Panzer Kalk enthalten und sich Kalk mithilfe von Ultraschall zerstören lässt.
Gemeinsam mit ihrem Vater, der früher selbst Krabbenfischer war, hat sie daraufhin eine Firma gegründet. Und jetzt sind beide auch in das Forschungsprojekt unter der Leitung des Thünen-Instituts eingebunden. Ihre Firma hat laut Schröder "eine Vorstufe der Maschine" entwickelt. Die ist allerdings geheim, sagt Schröder, aktuell würden Patentverfahren laufen.
Wer ist an dem Projekt sonst noch beteiligt?
Neben dem Thünen-Institut und der Firma US-Processing Klever UG ist auch die Universität Göttingen beteiligt, die unter anderem untersucht, wie das Krabbenfleisch anderweitig vermarktet werden kann. "Wenn wir die Maschine regional einsetzen und die Krabben als regionales Produkt vermarkten, was bringt das? Vielleicht sind die Kunden auch bereit, für ein regionales Produkt mehr zu bezahlen", so Schröder. Dann wäre ein Krabbenbrötchen am Ende teurer als bisher, aber zumindest ein regionales Produkt. Zudem ließe sich der Anteil der Konservierungsstoffe reduzieren, wenn die Krabben nicht mehr auf die lange Reise nach Marokko geschickt werden müssten.
Das Technologie-Transfer-Zentrum (TTZ) Bremerhaven untersucht derweil, ob man die Schälreste sinnvoll weiterverwenden kann. Das im Panzer enthaltene Chitin etwa sei in der Kosmetikindustrie ein gefragter Stoff, so Schröder. Und die Entsorgung der Reste koste schließlich Geld. Darüber hinaus beauftragt das Thünen-Institut für einzelne Fragestellungen externe Experten.
Wie geht es weiter?
Das Forschungsprojekt läuft noch bis November kommenden Jahres. "Wir gehen davon aus, dass es am Ende einen Prototypen gibt und wir Lösungsansätze für die Fischerei präsentieren können", sagt Schröder. Die Fördergelder würden für das Projekt reichen.
Ob die Maschinen dann aber tatsächlich zum Einsatz kommen, müssten dann andere entscheiden. Wahrscheinlich rechne sich die Anschaffung nicht für einen einzelnen Krabbenfischer, so Schröder, sondern eher für Schälzentren. Interesse gibt es laut Projektkoordinator aber nicht nur aus Deutschland. Auch eine Anfrage einer Shrimp-Farm aus der Schweiz hat die Forscher in Bremerhaven schon erreicht.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 14. Mai 2023, 12:20 Uhr