Wie Menschen mit Migrationsgeschichte in Bremen Rassismus erleben
"Angst, was jetzt kommt": Wie Bremer Betroffene Rassismus erleben
Ausgrenzungen, Drangsalierungen, Beleidigungen – diese fünf Menschen, die in Bremen zuhause sind, haben Rassismus auf unterschiedliche Weise erlebt. Das sind ihre Erfahrungen.
Sie alle machen sich Gedanken über die gesellschaftliche Situation – und das, obwohl sie alle seit Jahren und Jahrzehnten in Bremen leben. Ob gegenwärtig oder vor langer Zeit: Benachteiligung und Diskriminierung sind prägend und nicht so leicht zu verarbeiten. Diese fünf Bremerinnen und Bremer teilen ihre Geschichten.
1 Efstathios Kevrekidis

Efstathios Kevrekidis ist 50 Jahre alt und arbeitet als Technikmanager. Er ist in Deutschland geboren, seine Eltern kamen als Gastarbeiter aus Griechenland.
"Hängen geblieben sind verschiedene Sachen – zum Beispiel, als ich einen Freund in Gröpelingen besucht habe, ganz normal. Ich war 13 glaube ich, wenn überhaupt. Ich habe bei ihm geklingelt und auf einmal kommt von überall Zivilpolizei und stellt mich an die Wand. Für uns als Kinder war das total aufregend, so nach dem Motto: 'Boa hey, ich wurde hier voll gefilzt und an die Wand gestellt.' Und dann denkt man: 'Ja, was ist denn das, also…' Was dachten die denn in dem Moment? Ich habe einen Freund besucht und das war eine Familie, der war in meinem Alter, der ging bei mir in die Klasse. Wie kommt man dann darauf, mich da an die Wand zu stellen und zu filzen?' Das sind so Sachen, die man dann aber tatsächlich erst später realisiert. Was man ganz klar realisiert, ist, wenn man in die Disco will und da an einem Schild steht: 'Ausländer nur mit Clubkarte'."
2 Adrian Adu

Adrian Adu ist Salesmanager und Künstler, 33 Jahre alt und in Bremen geboren. Sein Vater ist in Ghana geboren.
"Ich habe verschiedenste Erlebnisse im Zusammenhang mit Rassismus gemacht. Da war früher beispielsweise meine Lehrkraft, als ich noch jünger war. Die hat mir gesagt, dass ich nicht mit auf die Klassenfahrt fahren darf. Als ich nach der Begründung fragte, sagte sie mir, ich sei nicht so beliebt in der Klasse und daran liegt es. Meine Mitschüler und Mitschülerinnen haben daraufhin auch nochmal geäußert: 'Wir möchten, dass Adrian mitfährt', weil ich definitiv nicht unbeliebt war… Und das hat sie dann verneint.
Um auf das Gymnasium gehen zu können, brauchte man auch die Empfehlung der Klassenlehrerin und die hat mir eine Empfehlung zur Realschule gegeben, mit einer Tendenz zur Hauptschule. Meine Mutter war da beispielsweise auch sehr engagiert dabei und hat dann mit ins Rollen gebracht, dass ich die Klasse wechseln konnte. Und das ist irgendwo, muss man sagen, auch ein Privileg. Da fragt man sich, wenn du in so einer Situation bist und die Eltern sich nicht dafür einsetzen oder sich nicht dafür einsetzen können: Was passiert dann?
Ich habe natürlich auch immer die Hoffnung: 'Okay, hoffentlich liegt es nicht an meiner Hautfarbe.' Man sucht dann auch nach Gründen, was es vielleicht doch noch geben kann, woran es lag oder so. Dass man mir jetzt auf eine bestimmte Art und Weise begegnet, dass man, wie soll ich sagen, Hab und Gut, Handtasche von mir wegdreht. Dass man die Straßenseite wechselt."
3 Sadaf Zahedi

Sadaf Zahedi ist Autorin und politische Aktivistin. Sie ist 40 Jahre alt, in Afghanistan geboren und mit drei Jahren nach Deutschland gekommen.
"Als ich Mutter war und nicht so viel hatte und nach Wohnungen gesucht habe, hat man mich in die ärmste Ecke Bremens reingesteckt. Sozialer Brennpunkt hoch Hundert. Wir müssen so hart dafür kämpfen, um uns zu beweisen, tagtäglich. Wir sind auch klug, wir haben es auch verdient, wir können auch gute Jobs haben. Ich kann doch auch einen Doktortitel haben mit schwarzen Haaren.
Man hat Momente, wo man denkt 'Ich würde schon am liebsten mal einen Tag wirklich einfach unsichtbar sein und von all dem gar nichts mehr hören und sehen wollen.' Weil es ja egal ist, wie stark der Mensch ist, oder wie viel er auch tut und macht, um Veränderungen zu schaffen. Ich glaube, wir würden alle nicht ehrlich sein, wenn wir sagen: 'Es ist nicht belastend.'"
4 Süleyman Abdullah Akcur

Süleyman Abdullah Akcur ist Rentner, 77 Jahre alt und kam in den 1970er Jahren nach Deutschland als Monteur-Gastarbeiter.
"Ich habe so ein Erlebnis gehabt, mit einem eigenen Mitarbeiter. Wir haben uns nicht ganz gut verstanden mit dem Kollegen und einmal hat er mit mir ganz böse geschimpft. Wissen Sie, was er mir gesagt hat? "Es wird Zeit, dass wir wieder den Gasofen anmachen." Am Anfang wusste ich gar nicht, was er gemeint hat. Später habe ich mitgekriegt, was er gemeint hat, und habe sofort den Betriebsrat eingeschaltet und mich beschwert. Das hat mich wirklich ganz betroffen gemacht damals. Er ist später mein bester Kamerad geworden, bei der Arbeit. Später dann erst. Er hat sich entschuldigt, natürlich. Und wie das immer ist: "Das habe ich nicht so gemeint, das war nur Spaß." Ja, das war aber kein Spaß."
5 Rahaf Moselli

Rahaf Moselli ist 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen. Die 45-Jährige arbeitet als Sozialassistentin bei Caritas in der Arbeit mit Geflüchteten.
"Ich habe Rassismus auf unterschiedlichen Ebenen erlebt. Wann? Alle Tage, fast immer. Das ist etwas, was uns auf dem Weg begleitet. Egal: auf der Arbeit, Schule, Einkauf. Kindern gegenüber sind die Menschen toleranter: 'Bestimmt können sie Deutsch, bestimmt haben sie deutsche Freunde oder Freundinnen.' Aber bei Erwachsenen, da gibt es immer Unsicherheiten. Sprechen Sie Deutsch? Sind Sie arbeitslos? Es ist eine Herausforderung und mit Kopftuch natürlich dann noch mehr. Auf der Straße habe ich das auch mehrere Male erlebt. So ein Schimpfwort, dass man mir im Vorbeigehen einfach sagt. Und dann erzähle ich den Kindern auch gleich, dass ja Hasssprache auf jeden Fall nicht in unsere Zeit gehört und nicht zu Deutschland."
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. März 2025, 19:30 Uhr