Fragen & Antworten

Zurück zum alten System? Wie Bremen die Abgeordneten-Renten reformiert

Bei einer Sitzung im Plenarsaal der Bremischen Bürgerschaft wird über Entschlüsse abgestimmt.
Abgeordnete stimmen im Plenarsaal der Bremischen Bürgerschaft ab. Ihre Arbeit dort ist als Teilzeit-Tätigkeit definiert. Bild: dpa | Sina Schuldt

Bremen muss seine Abgeordneten im Alter besser absichern. Das hat ein Gutachten ergeben. Jetzt feilt das Land an einer neuen Regelung – die einer alten entsprechen könnte.

Es war ein Baustein von vielen innerhalb einer grundlegenden Reform der Abgeordnetenbezüge: 2011 stellte das Land Bremen die Altersvorsorge seiner Bürgerschaftsabgeordneten um – von einem Pensionssystem auf ein Modell, mit dem die Abgeordneten Geld für eine verpflichtende private Altersvorsorge ausgezahlt bekommen. Das Ziel dahinter: mehr Transparenz. So bekommen die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft heute neben ihrer Entschädigung von derzeit knapp 6.200 Euro gut 1.000 Euro monatlich, die sie in eine Versicherung stecken müssen.

Doch damit ist bald Schluss. Denn das aktuelle System sei verfassungswidrig, heißt es in einem Gutachten, das der Verfassungsrechtler Philipp Austermann im Auftrag der Bremischen Bürgerschaft erstellt hat. Der Betrag, den die Abgeordneten durch die private Vorsorge erhalten, sei deutlich niedriger als in anderen Bundesländern. Er liege nach vierjähriger Tätigkeit im Parlament bei rund 120 bis 130 Euro pro Monat. Das sei so wenig, dass die Unabhängigkeit der einstigen Abgeordneten nicht gewährleistet sei, so Austermann. Daher verstoße die aktuelle Bremer Regelung gegen die Verfassung. Was dahinter steckt, und wie es nun weitergeht.

Wieso bekommen die Abgeordneten, wenn sie monatlich rund 1.000 Euro in eine Altersversorgung stecken, nach vierjähriger Tätigkeit im Parlament nur 120 bis 130 Euro monatlich raus?

Matthias Lüdecke, Sprecher der Bremischen Bürgerschaft, erklärt die geringe Ertragslage mit der zuletzt sehr niedrigen Verzinsung. Gleichzeitig belasteten hohe Nebenkosten den Ertragswert. Der Hintergrund: Da die Mandatsdauer in der Bremischen Bürgerschaft bei vier Jahren liegt, müssen die Abgeordneten ihre Versicherungsverträge alle vier Jahre erneuern.

Da aber viele Abgeordnete nur ein oder zwei Wahlperioden dem Parlament angehören, müsse man diese Zeitspanne zugrunde legen, um zu klären, ob die Altersbezüge angemessen und damit verfassungsgemäß sind.

Wieso steht den Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft überhaupt eine Altersversorgung zu?

Das geht auf die Landesverfassung Bremens zurück, heißt es in einer Zusammenfassung des Gutachtens Austermanns durch die Bremische Bürgerschaft. Die Abgeordneten haben demnach Anspruch auf ein "angemessenes Entgelt", das jährlich an die Einkommens- und Kostenentwicklung in Bremen anzupassen sei. Zur Bezahlung gehört auch eine spätere Altersversorgung – also ein monatlicher Betrag im Ruhestand.

Die Bürgerschaft verweist zudem auf das "Diätenurteil" des Bundesverfassungsgerichts von 1975. Darin stellt das Gericht fest, dass es sich bei einem Abgeordnetenmandat um eine hauptberufliche Tätigkeit handelt. Das Entgelt für diese Tätigkeit muss sicherstellen, dass jede Person – unabhängig von ihrem Einkommen oder Vermögen – ein Mandat übernehmen kann.

Das gilt auch für sogenannte Teilzeitparlamente wie die Bremische Bürgerschaft. Mit Blick auf die Altersversorgung schreibt Austermann dazu in seinem Gutachten: "… man kann die Versorgungshöhe in den Vollzeitparlamenten, wenn man sie halbiert (…), als eine im Verfassungssinne angemessene Versorgungshöhe für die Bürgerschaftsabgeordneten in den Teilzeitparlamenten Hamburgs und Bremens ansehen."

Wie ist die Altersversorgung der Abgeordneten in anderen Bundesländern geregelt?

Die Länder verfolgen unterschiedliche Ansätze. So setzen die Landtage Baden-Württemberg, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen auf gemeinsame Versorgungswerke, die die Renten der Abgeordneten erwirtschaften.

Schleswig-Holstein hat sich vor drei Jahren von einer ähnlichen kapitalgedeckten Altersversorgung wie der Bremer verabschiedet und ein beamtenrechtsähnliches Pensionssystem eingeführt. Allen Ländern gemein ist Austermanns Gutachten zufolge, dass die Abgeordneten dort eine bessere Altersversorgung haben als jene der Bremischen Bürgerschaft.

Weshalb können Bremens Abgeordnete nicht einfach in das gesetzliche Rentensystem aufgenommen werden?

Weil Bremen damit Austermann zufolge gegen Bundesrecht verstieße. Zum Hintergrund: Die Abgeordneten müssten sich freiwillig in der Rentenversicherung versichern. Das geht jedoch nur, wenn sie in ihrem eigentlichen Beruf nicht ohnehin pflichtversichert sind.

Zur Erinnerung: Die Bremische Bürgerschaft ist ein Teilzeit-Parlament. Die Abgeordneten dürfen neben ihrem Teilzeit-Mandat in einem Beruf weiterarbeiten. In die gesetzliche Rentenversicherung könnten sie aber nur, wenn das Abgeordnetenmandat eine Vollzeit-Tätigkeit und damit eine parallele Pflichtversicherung ausgeschlossen wäre.

Wie könnte es in Bremen nun weitergehen?

Es läuft offenbar darauf hinaus, dass Bremen zu seinem einstigen Pensionsmodell zurückkehren wird, wenn auch in leicht modifizierter Form. Damit würde man der Empfehlung Austermanns folgen. Hiernach bekämen die Abgeordneten ihre Altersversorgung ab dem 67. Lebensjahr – und erst ab mindestens einem Jahr im Parlament.

Im Ruhestand bekämen ehemalige Abgeordnete einen Anteil des Entgelts, das aktive Abgeordnete erhalten. Dieser Anteil steigt, je länger sie Abgeordnete waren. Wer nach 16 Jahren aus der Bürgerschaft ausschiede, käme im Alter monatlich auf 30 Prozent des dann geltenden Abgeordnetenentgelts. Maximal könnte ein Abgeordneter 60 Prozent davon erreichen.

Zwar hat sich die Bürgerschaft am Mittwoch bereits in erster Lesung mit dem Thema befasst. Das erforderliche neue Gesetzgebungsverfahren ist jedoch kompliziert, erklärt Bürgerschaftssprecher Matthias Lüdecke. Entsprechend sei noch nicht klar, wann das neue Gesetz stehen wird. Auch steht der Termin für die zweite Lesung in der Bremischen Bürgerschaft noch nicht fest.

buten un binnen kompakt vom 21. März

Bild: Radio Bremen
  • Bürgerschaft will Altersbezüge für Bremer Abgeordnete reformieren

    Aktuell bekommen Abgeordnete mehr als 1.000 Euro pro Monat, die sie in eine private Vorsorge stecken müssen. Um die Existenz zu sichern, sei das zu wenig, heißt es in einem Gutachten.

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 21. März 2025, 20 Uhr